Beispiel:
A und B sind zu je 50% an der gewerblich tätigen AB-OG beteiligt. 2019 erzielt die AB-OG einen Gewinn in Höhe von 500.000, der A und B entsprechend ihrer Beteiligungsquoten als Gewinnanteil (§ 23 Z 2 EStG 1988) zugerechnet wird; die A und B jeweils zuzurechnenden betrieblichen Einkünfte wurden im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO ermittelt. Darüber hinaus erzielt A 2019 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 10.000 Euro; B erzielt keine weiteren Einkünfte. Insgesamt erzielt A somit in 2019 betriebliche Einkünfte in Höhe von 260.000, B von 250.0000 Euro. 2020 erwartet die AB-OG einen Verlust, sodass auch von einem voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der jeweiligen betrieblichen Einkünfte von A und B auszugehen ist, dessen Höhe jedoch noch nicht vorhersehbar ist. Die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer bei A und B betragen Null.
A kann in seiner Veranlagung zur Einkommensteuer 2019 eine COVID-19-Rücklage in Höhe von 78.000 Euro bilden (260.000*30%); B in Höhe von 75.000 Euro (250.000*30%). Die Höhe der gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünfte wird durch die COVID-19-Rücklage folglich nicht berührt.
Vermindert sich durch eine nachträgliche Verminderung einer Tangente der positive Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2019 derart, dass die bisher berücksichtigte COVID-19-Rücklage im verminderten Höchstausmaß nicht mehr Deckung findet, ist im Rahmen der Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO auch das Ausmaß der bei der Veranlagung 2019 zu berücksichtigenden COVID-19-Rücklage zu korrigieren. Ist der Veranlagungsbescheid 2020 bereits rechtskräftig, ist die dadurch erforderliche Änderung der Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage bei der Veranlagung 2020 im Wege einer Änderung gemäß § 295 Abs. 3 BAO vorzunehmen.
Beispiel:
Im Rahmen des Einkommensteuerbescheides 2019 wurde eine COVID-19-Rücklage wie folgt berücksichtigt.
Einkünfte gemäß § 23 EStG 1988 (Einzelunternehmen) | 80.000 |
Beteiligungseinkünfte gemäß § 23 EStG 1988 | 20.000 |
Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte | 100.000 |
COVID-19-Rücklage (30%, ohne Glaubhaftmachung eines höheren Verlustes) | - 30.000 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung | 10.000 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 80.000 |
Nach Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 werden die Einkünfte 2019 aus der Mitunternehmerschaft geändert und betragen statt 20.000 Euro nur 10.000 Euro. Im Rahmen der Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist der Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 wie folgt zu ermitteln:
Einkünfte gemäß § 23 EStG 1988 (Einzelunternehmen) | 80.000 |
Beteiligungseinkünfte gemäß § 23 EStG 1988 | 10.000 |
Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte | 90.000 |
COVID-19-Rücklage (30%) | - 27.000 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung | 10.000 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 73.000 |
Durch die Änderung des Ausmaßes der COVID-19-Rücklage durch den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2019 ist auch der Einkommensteuerbescheid 2020 gemäß § 295 Abs. 3 BAO in Bezug auf die Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage zu ändern: Die verminderte Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage führt daher 2020 zu einer Verminderung der Hinzurechnung in Höhe von 3.000 Euro.
9.5.2.5 Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage
Eine bei der Veranlagung 2019 vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug gebrachte COVID-19-Rücklage ist bei der Veranlagung 2020 dem Gesamtbetrag der Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Die Hinzurechnung hat bei der Veranlagung 2020 zwingend in dem Ausmaß zu erfolgen, in dem die COVID-19-Rücklage bei der Veranlagung 2019 abgezogen wurde. Da der Abzug und die Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage betragsmäßig ident sind, wird der bei der Veranlagung 2019 bereits berücksichtigte Verlust aus 2020 bei der Veranlagung 2020 insoweit gekürzt. Da sowohl die Hinzurechnung als auch der Abzug der COVID-19-Rücklage lediglich den Gesamtbetrag der Einkünfte beeinflussen, bewirken diese keine Änderung der Höhe der betrieblichen Einkünfte (siehe bereits Rz 3909).Fortsetzung Beispiel 1, Variante a in Rz 3912:
Im Jahr 2020 beträgt der tatsächliche Verlust aus Gewerbebetrieb 130.000 Euro, der Gewinn aus selbständiger Arbeit 1.600 Euro und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 5.200 Euro.
Der Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 beträgt:
Einkünfte aus selbständiger Arbeit | 1.600 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | - 130.000 |
Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage | 113.340 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung | 5.200 |
Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 | - 9.860 |
Fortsetzung Beispiel 1, Variante b in Rz 3912:
Im Jahr 2020 beträgt der tatsächliche Verlust aus Gewerbebetrieb 280.000 Euro, der Gewinn aus selbständiger Arbeit 1.600 Euro und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 5.200 Euro.
Der Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 beträgt:
Einkünfte aus selbständiger Arbeit | 1.600 |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | - 280.000 |
Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage | 226.680 |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung | 5.200 |
Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 | - 46.520 |
Ergibt sich in Folge der Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage ein positiver Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte, wurde die COVID-19-Rücklage zu hoch gebildet und es ist eine Korrektur vorzunehmen: Im Jahr der Bildung der COVID-19-Rücklage ist diese dahingehend zu kürzen, dass sie nur den negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte umfasst. Die Korrektur ist im Wege des § 295a BAO vorzunehmen. Sollten die betraglichen Voraussetzungen bloß geringfügig sein, bestehen keine Bedenken, von der Korrektur abzusehen.
9.5.2.6 COVID-19-Rücklage bei abweichendem Wirtschaftsjahr
Endet im Kalenderjahr 2020 ein abweichendes Wirtschaftsjahr, besteht - wie auch beim Verlustrücktrag - das Wahlrecht, die COVID-19-Rücklage vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2020 oder vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2021 zu bemessen (§ 3 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung). Wird der voraussichtliche negative Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2021 herangezogen, sind die Bestimmungen über die Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage (Ermittlung, Abzug, Hinzurechnung und Herabsetzung Vorauszahlungen) an Stelle der Jahre 2020 und 2019 auf die Jahre 2021 und 2020 zu beziehen.Das Wahlrecht, die COVID-Rücklage entweder vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2020 oder 2021 zu bemessen, besteht nur in Konstellationen, in denen nicht das gesamte Ergebnis des Kalenderjahres 2020 in der Veranlagung 2020 erfasst wird. Wird hingegen das gesamte Ergebnis 2020 ohnedies bereits bei der Veranlagung 2020 erfasst (weil der zunächst abweichende Bilanzstichtag im Jahr 2020 auf den Regelbilanzstichtag verlegt wird), besteht vor dem Sinn und Zweck der Regelung hingegen kein Anwendungsbereich für das Wahlrecht.
Zum abweichenden Wirtschaftsjahr beim Verlustrücktrag siehe Rz 3934.