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6.21 Bewertung von (bebauten) Grundstücken im Anlagevermögen

BMF2023-0.871.81913.3.2024

6.21.1 Aufteilung der Anschaffungskosten

Rz 2610
Der bebaute Grund und Boden ist in der Bilanz getrennt vom Gebäude anzusetzen.

Rz 2611
Bei Grundstücken ist die Aufteilung der Anschaffungskosten auf den Grund und Boden einerseits und das Gebäude andererseits ua. im Hinblick auf § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 und auf die Abschreibung bedeutsam, weil nur das Gebäude einer Abnutzung unterliegt. Dies gilt auch für Eigentumswohnungen (VwGH 13.12.1989, 88/13/0056).

Rz 2612
Für die Frage der Aufteilung von Liegenschaftsanschaffungskosten ist die subjektive Einschätzung der Kaufpreisanteile durch die Vertragspartner nicht bindend. Die Aufteilung hat nach streng objektiven Maßstäben entweder nach der Verhältnis- oder der Differenzmethode zu erfolgen.

Rz 2613
Bei der Verhältnismethode wird jeweils der Verkehrswert des bloßen Grund und Bodens einerseits und des Gebäudes andererseits ermittelt und der Kaufpreis für die gesamte Liegenschaft im Verhältnis der Verkehrswerte aufgeteilt (VwGH 23.4.1998, 96/15/0063; VwGH 15.3.1995, 92/13/0271; VwGH 15.2.1994, 93/14/0175; VwGH 30.6.1987, 86/14/0195; VwGH 15.4.1980, 3259/79).

Rz 2614
Bei der Differenzmethode wird zuerst der Wert des Grund und Bodens festgestellt, sodass sich der Gebäudewert als "Restgröße" ergibt. Diese Methode ist nur dann zulässig, wenn einerseits der Wert des Grund und Bodens unter Berücksichtigung des wertbeeinflussenden Umstandes der Bebauung unbedenklich festgestellt werden kann, und andererseits die Summe aus Boden- und Gebäudewert genau den Gesamtkaufpreis ergibt (VwGH 19.12.2013, 2012/15/0033; VwGH 7.9.1990, 86/14/0084; VwGH 23.4.1998, 96/15/0063).

Rz 2615
Die Aufteilung kann auch ohne Beiziehung eines Sachverständigen anhand der amtlichen Kaufpreissammlung für annähernd vergleichbare Grundstücke ermittelt werden (VwGH 8.10.1998, 97/15/0048; VwGH 15.3.1988, 87/14/0067). Die geforderte Vergleichbarkeit des Bodenwerts ergibt sich im Wesentlichen aus der Lage.

Rz 2616
Sind mit Grund und Boden Rechte verbunden (zB Abbaurecht, Deponierecht, Jagdrecht, Wasserrecht), ist der Kaufpreis auf das betreffende Recht sowie Grund und Boden aufzuteilen (VwGH 18.2.1999, 97/15/0015). Sind hingegen mit dem Grundstück keine derartigen Rechte verbunden, ist der Kaufpreis zur Gänze den Anschaffungskosten für Grund und Boden zuzuordnen (VwGH 11.12.1996, 94/13/0179, betr. Erwerb einer ausgearbeiteten Schottergrube, an der noch kein Deponierecht bestanden hat).

6.21.2 Anschaffungsnebenkosten

6.21.2.1 Nebenkosten

Rz 2617
Zu den Nebenkosten gehören ua. Vertragserrichtungskosten, gerichtliche Eintragungsgebühren, Grunderwerbsteuer (VwGH 22.9.1971, 0406/71; VwGH 24.10.1978, 1006/76). Sie sind den Anschaffungskosten des Grund und Bodens bzw. Gebäudes zuzuordnen. Schätzungskosten des Gebäudes gehören zu den Anschaffungskosten des Gebäudes (VwGH 12.5.1967, 1302/66).

6.21.2.2 Abbruchkosten und Restbuchwert von Gebäuden

Rz 2618
  • Abbruch eines abbruchreifen Gebäudes: Abbruchkosten bzw. Restbuchwert gehören mit dem Kaufpreis zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens (VwGH 18.05.1962, 2221/61). Abbruchreif ist ein Gebäude, wenn es aus objektiven wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht sinnvoll saniert werden kann (vgl. VwGH 27.04.2005, 2000/14/0110).
  • Abbruch eines noch verwendbaren Gebäudes, wobei es unbeachtlich ist, ob das Gebäude in Abbruchabsicht erworben wurde oder nicht, oder ob der Abbruch in der Absicht einer Neuerrichtung eines Gebäudes erfolgt oder zur Herstellung eines unbebauten Grundstückes dient: Abbruchkosten und Restbuchwert sind sofort (im Wirtschaftsjahr des Beginns der Abbrucharbeiten) abzugsfähig (VwGH 27.11.2014, 2011/15/0088; VwGH 24.06.2010, 2008/15/0179; VwGH 25.1.2006, 2003/14/0107; siehe auch Rz 6418a).

Rz 2619
Ist der Teilwert niedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, kann dieser angesetzt werden. Dies wäre bei einem Neubau nur dann der Fall, wenn sich die Planung des Neubaus als Fehlspekulation erwiesen hätte, sodass mit Grund angenommen werden könnte, ein Erwerber des ganzen Unternehmens hätte für das Betriebsgebäude nicht einmal die Beträge der Bilanzwerte aufgewendet (VwGH 21.5.1965, 0240/65).

6.21.2.3 Anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen

Rz 2620
Rechtslage für (anschaffungsnahe) Erhaltungsaufwendungen, die bis 31.12.2010 anfallen:

Anschaffungsnahe (nachgeholte) Erhaltungsaufwendungen sind Aufwendungen, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb einer Liegenschaft stehen. Sie sind insoweit zu aktivieren, als der Kaufpreis der Liegenschaft deswegen niedriger ist, weil nicht der Verkäufer, sondern erst der Käufer diese Aufwendungen tätigt. Die Aktivierung dient der Gleichstellung mit einem Käufer, dessen erworbene Liegenschaft vor der Veräußerung verbessert wurde und der deshalb einen höheren (aktivierungspflichtigen) Kaufpreis zu zahlen hat (VwGH 12.1.1971, 1764/69, VwGH 29.9.1971, 1117/69, VwGH 25.4.1973, 0460/72).

Die AfA ist (auch über 2010 hinaus) fortzusetzen. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann jedoch in offenen Verfahren auch die Rechtslage angewendet werden, die für ab 1.1.2011 anfallende Erhaltungsaufwendungen gilt.

Rechtslage für (anschaffungsnahe) Erhaltungsaufwendungen, die ab dem 1.1.2011 anfallen:

Anschaffungsnahe (nachgeholte) Erhaltungsaufwendungen sind auch auf Grund des bloßen zeitlichen Zusammenhanges mit dem Kauf und dem Verhältnis der Höhe der Aufwendungen zum Kaufpreis nicht zu aktivieren (VwGH 30.06.2010, 2005/13/0076). Für Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Liegenschaft sind die allgemeinen Aktivierungsregelungen zu beachten.

Die Rz 2621, 2622, 2623 und 2625 sind für Erhaltungsaufwendungen, die ab dem 1.1.2011 anfallen, nicht anzuwenden.

Rz 2621
Ein naher zeitlicher Zusammenhang zwischen Anschaffung und nachgeholtem Erhaltungsaufwand ist idR anzunehmen, wenn der zeitliche Abstand der Erhaltungsaufwendungen von der Anschaffung der Liegenschaft nicht mehr als drei Jahre beträgt (zB VwGH 4.4.1978, 0557/75). In Einzelfällen wird dieser zeitliche Abstand bis zu fünf Jahren ausgedehnt (VwGH 27.9.1963, 0983/61, VwGH 20.9.1963, 0717/63). Schlechter Zustand des Gebäudes ist ein Indiz dafür, dass sich das Tragen des anschaffungsnahen Instandsetzungsaufwandes auf den Kaufpreis niedergeschlagen hat und eine Aktivierung vorzunehmen ist (zB VwGH 20.9.1963, 0717/63, VwGH 29.3.1957, 2969/52, betr. Renovierung eines im stark vernachlässigten Zustand erworbenen Geschäftslokales).

Rz 2622
Aktivierungspflichtiger anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand kann auch im Zuge einer allgemeinen Modernisierung des Gebäudes im zeitlichen Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb anfallen (VwGH 25.4.1973, 0460/72). Bekanntheit des schlechten Zustandes ist nicht notwendig, bloße Inkaufnahme wegen hohen Alters und ähnlichem genügt.

Rz 2623
Anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand ist nur dann zu aktivieren, wenn dieser eine im Verhältnis zum Kaufpreis nicht bloß untergeordnete Höhe erreicht (VwGH 25.4.1973, 0460/72). Kleinere ständig wiederkehrende Arbeiten sind hingegen nicht aktivierungspflichtig (VwGH 12.1.1960, 0757/59). Geringfügige "Schönheitsreparaturen" sind auch bei Anschaffungsnähe sofort abzugsfähig.

Rz 2624
Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden, die nach dem Erwerb des bebauten Grundstückes entstanden sind, sind nicht zu aktivieren (VwGH 15.2.1994, 93/14/0175); dasselbe gilt auch für verdeckte Mängel.

Rz 2625
Im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 7 EStG 1988 (soweit das Gebäude Wohnzwecken dient, siehe Abschnitt 5.5.9), wird die Aktivierung des nachgeholten Instandsetzungsaufwandes durch die Anordnung der zwingenden Verteilung der Instandsetzungsaufwendungen auf zehn Jahre verdrängt. Davon abgesehen ist anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand bei Gebäuden, die den einschränkenden gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinsbildung unterliegen, nicht zu aktivieren (VwGH 20.4.1995, 91/13/0143; VwGH 29.4.1965, 0605/64).

6.21.2a Beiträge zur Errichtung öffentlicher Wege, Aufschließungskosten

Rz 2626
Aufschließungskosten (Beiträge zur Verkehrserschließung durch öffentliche Interessentenwege oder Ortsstraßen, Herstellung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, gesetzliche Beiträge zu Fußgängerzonen usw.) sowie Kosten von Schutzbauten (zB Hochwasserschutz) und anderen behördlichen Auflagen (zB Vorschreibung der Errichtung eines Wasserrückhaltebeckens durch die Gemeinde), soweit sie durch den Grundeigentümer zu tragen sind (zB in Form von Anlieger- oder Interessentenbeiträgen oder Infrastrukturbeiträgen), stellen nachträgliche Anschaffungskosten oder, soweit sie nach erstmaliger Erreichung der Betriebsbereitschaft anfallen und zu einer Änderung der Wesensart des Grundstückes führen (zB Umwidmungskosten), Herstellungskosten dar; soweit Aufwendungen auf Dritte überwälzt werden, sind diese entsprechend zu kürzen. Ein zeitlicher Zusammenhang der Aufschließungskosten mit dem Anschaffungsvorgang ist nicht erforderlich; die Aufschließungskosten können auch beim Rechtsvorgänger angefallen sein, von dem der Steuerpflichtige das Grundstück unentgeltlich erworben hatte.

Diese Aufwendungen sind entsprechend ihres Veranlassungszusammenhanges auf Grund und Boden oder Gebäude aufzuteilen.

Rz 2627
Hingegen gehören die Kosten des Anschlusses an öffentliche Versorgungssysteme wie Gas, Wasser, Strom, Kanalisation zu den Herstellungskosten des Gebäudes, weil sie der Nutzbarkeit des Gebäudes dienen (VwGH 12.2.1965, 1279/64). Gleiches gilt für die Kosten für die Ablöse der Verpflichtung zur Errichtung von Garagenabstellplätzen (zB nach Wiener Garagengesetz).

Bei unbebauten Grundstücken stellen solche Anschlusskosten grundsätzlich eigene Wirtschaftsgüter dar (VwGH 1.3.1983, 82/14/0156); allerdings sind diese Anschlusskosten auf Grund des engen Nutzungs- und Funktionszusammenhanges mit dem Grund und Boden vom Grundstücksbegriff mitumfasst (siehe Rz 6621). Im Falle der Veräußerung des Grund und Bodens sind daher die Anschaffungskosten um diese Anschlusskosten zu erhöhen.

Rz 2627a
Kosten für Maßnahmen der Bodenverbesserung (zB durch Drainagen, Geländegestaltungen) sind selbständig bewertbare Wirtschaftsgüter oder Bestandteile von Grund und Boden und zu aktivieren.

Rz 2628
Sofort abziehbar sind Beiträge und Gebühren zur Verbesserung von Aufschließungsanlagen, wie zB Verbesserung von Kläranlagen, ein Anschluss an Stelle einer eigenen Anlage, Erweiterung von Kanalisation, Wasserversorgung und Wasserversorgungsumstellung.

6.21.3 Teilwert

Rz 2629
Unternehmensrechtliche Bewertungsgrundsätze sind im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 anzuwenden, soweit nicht steuerlich zwingende Regeln dem entgegenstehen. Abschreibungen sind zwingend dann vorzunehmen, wenn die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist (bedingtes Niederstwertprinzip).

Rz 2630
Der Teilwert beinhaltet neben den unmittelbaren Anschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten. Bei der Beurteilung, ob der Teilwert eines Gebäudes gesunken ist, ist auf die Veränderungen der Baukosten (Baukostenindex) Bedacht zu nehmen (VwGH 12.7.1963, 2017/61). Eine mit verlorenem Bauaufwand begründete Teilwertabschreibung erfordert den Nachweis, dass höhere Aufwendungen angefallen sind als bei jedem vergleichbaren Bau (VwGH 13.5.1960, 1782/56).

Rz 2631
Wertänderungen des Grund und Bodens sind bei der Gewinnermittlung durch Bilanzierung in Form von Teilwertabschreibungen und Zuschreibungen gemäß § 6 Z 13 EStG 1988 zu berücksichtigen. Dafür kommen insbesondere in Betracht:

Rz 2632
Lagevorteile aus dem guten Standort werden dem Grund und Boden zugeschlagen (VwGH 20.2.1992, 88/13/0099, betr. Gasthaus in der Nähe von Massenanziehungspunkten).

Rz 2633
Bei einem bebauten Grundstück stellen Grund und Boden und Gebäude zwei selbständige Wirtschaftsgüter dar. Eine durch einen Wertverlust begründete Teilwertabschreibung am Gebäude ist daher ab dem 1.4.2012 unabhängig von den Wertentwicklungen des Grund und Bodens vorzunehmen. Eine Teilwertabschreibung für das Gebäude kommt nur dann in Betracht, wenn der Wert zum Bilanzstichtag nachweislich (idR durch Bewertungsgutachten) gesunken ist.

Ist vor dem 1.4.2012 auf Grund der Einheitstheorie eine Teilwertabschreibung unterblieben, ist der bisherige Wertansatz des Gebäudes fortzuführen.

Rz 2634
Eine Absetzung für außergewöhnliche technische und wirtschaftliche Abnutzung eines Gebäudes kann nicht mit Werterhöhungen des Grund und Bodens ausgeglichen werden.

6.21.4 Die Entnahme von Grundstücken

Rz 2635
Entnahmen vor dem 1. Juli 2023:

Bei Entnahme sind Grundstücke mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme zu bewerten (§ 6 Z 4 EStG 1988). Davon abweichend erfolgt die Entnahme von Grund und Boden nach dem 31.3.2012 zum Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme, wenn der entnommene Grund und Boden im Falle der Veräußerung dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 unterläge. Wäre der besondere Steuersatz in Höhe von 25% bzw. 30% bei Veräußerungen nach dem 31.12.2015 nicht anwendbar, erfolgt auch die Entnahme des Grund und Bodens zum Teilwert.

Ist der besondere Steuersatz auf Grund der Ausübung der Regelbesteuerungsoption gemäß § 30a Abs. 2 EStG 1988 nicht anzuwenden, erfolgt die Entnahme von Grund und Boden dennoch zum Buchwert.

Zu den Ausnahmen vom besonderen Steuersatz siehe Rz 6682 ff.

Beispiele:

1. Grund und Boden wurde im Jahr 2008 um 100.000 im Betriebsvermögen eines § 4 Abs. 1 EStG 1988

2. Grund und Boden wurde im Jahr 1990 im Betriebsvermögen eines § 5 Abs. 1 EStG 1988§ 30a Abs. 3 Z 3 EStG 1988 der besondere Steuersatz im Fall der Veräußerung nicht zur Anwendung. Daher erfolgt die Entnahme zum Teilwert und es sind die stillen Reserven in Höhe von 10.000 zu versteuern. Auf Grund des § 30a Abs. 3 Z 3 EStG 1988 erfolgt die Besteuerung dieser stillen Reserven zum Normaltarif nach § 33 EStG 1988.

Entnahmen nach dem 30. Juni 2023:

Die Entnahme von Grundstücken iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 (Grund und Boden, Gebäude, Baurechte) nach dem 30. Juni 2023 erfolgt zum Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme, wenn das entnommene Grundstück im Falle der Veräußerung dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 unterläge (§ 6 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2023). Wäre der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 3 EStG 1988 nicht anwendbar (zB bei Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG 1988; siehe Rz 6684 ff), erfolgt die Entnahme des Grundstücks zum Teilwert.

Ist der besondere Steuersatz auf Grund der Ausübung der Regelbesteuerungsoption gemäß § 30a Abs. 2 EStG 1988 nicht anzuwenden, erfolgt die Entnahme des Grundstücks dennoch zum Buchwert.

Der Entnahmewert tritt für nachfolgende steuerrelevante Sachverhalte an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Zur Entnahme von Gebäude(teile)n anlässlich einer Betriebsaufgabe siehe Rz 5659a und 5662a.

Rz 2635a
Erfolgt die Entnahme von Grundstücken nach dem 31.3.2012 und vor dem 1. Juli 2023 zum Teilwert (zB Gebäude; Gebäudeanteil bei betrieblich genutzten Eigentumswohnungen), sind die stillen Reserven (Unterschiedsbetrag von Entnahmeteilwert und Buchwert) im Rahmen der betrieblichen Einkünfte in der Veranlagung mit dem besonderen Steuersatz zu erfassen (im Zeitpunkt der Entnahme ist keine ImmoESt oder besondere Vorauszahlung zu leisten). Hinsichtlich einer späteren privaten Veräußerung des Grundstückes tritt der Entnahmeteilwert an die Stelle der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.

Wurde das entnommene Grundstück mit dem Teilwert eingelegt, sind die stillen Reserven gemäß § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988 der außerbetrieblichen Sphäre zugewiesen. Diese stillen Reserven führen zu Einkünften nach § 30 EStG 1988 und sind erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung zu versteuern; als Veräußerungserlös gilt der Teilwert im Einlagezeitpunkt. Soweit das Grundstück zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen war oder es ohne Einlage nicht mehr steuerverfangen gewesen wäre, kann § 30 Abs. 4 EStG 1988 angewendet werden (§ 30 Abs. 6 lit. c EStG 1988), wobei in diesem Fall auch die übrigen Bestimmungen des § 30 EStG 1988, die auf diese Art der Einkünfteermittlung Einfluss nehmen, zu beachten sind.

Beispiel 1:

Im Jahr 2000 wird ein bebautes Grundstück im Privatvermögen angeschafft. Auf Grund und Boden entfallen Anschaffungskosten von 40; auf das Gebäude 60. Dieses Grundstück wird 2008 in einen Betrieb, dessen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt wird, eingelegt. Der Teilwert beträgt im Zeitpunkt der Einlage für Grund und Boden 70, für das Gebäude ebenfalls 70. 2015 wird das bebaute Grundstück entnommen. Der Teilwert des Grund und Bodens im Entnahmezeitpunkt beträgt 100 (Buchwert 70, Anschaffungskosten 40), der des Gebäudes 90 (Buchwert 70, Anschaffungskosten 60).

Die Einlage des bebauten Grundstückes im Jahr 2008 erfolgte mit dem Teilwert, allerdings war lediglich das Gebäude durch die Einlage zum 31.3.2012 steuerverfangen. Dadurch liegt hinsichtlich des Gebäudes im Betriebsvermögen Neuvermögen vor; § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988 ist somit für das Gebäude anwendbar und im Falle einer späteren Veräußerung lägen für die vor der Einlage entstandenen stillen Reserven Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 vor.

Auf Grund der Entnahme kommt es aber nur zur Erfassung der im Betriebsvermögen angefallenen stillen Reserven. Die Entnahme des Grund und Bodens erfolgt nach § 6 Z 4 EStG 1988 zum Buchwert, zu steuerpflichtigen Einnahmen in Höhe von 20 (90-70) führt daher nur die Entnahme des Gebäudes.

2020 wird das Grundstück um 220 veräußert (davon entfallen 120 auf Grund und Boden und 100 auf das Gebäude).

Der Grund und Boden war trotz der Einlage in den Betrieb im Jahr 2008 zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen. Er stellte daher durchgehend Altvermögen dar. Daher kann die pauschale Gewinnermittlung gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 angewendet werden. Der Veräußerungsgewinn ist daher auf Basis des auf Grund und Boden entfallenden Veräußerungserlöses zu ermitteln. Der Veräußerungsgewinn für den Grund und Boden beträgt daher 16,80 (120*0,14).

Das Gebäude stellt kein Altvermögen dar, weil es im Rahmen des Betriebes zum 31.3.2012 steuerverfangen war. Allerdings sind die betrieblichen stillen Reserven im Zeitpunkt der Entnahme bereits versteuert worden. Der Entnahmewert ist an die Stelle der Anschaffungskosten getreten. Daher beträgt der Veräußerungsgewinn 10 (100-90). Zusätzlich sind aber auch die auf Grund des § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988 der außerbetrieblichen Sphäre zugeordneten stillen Reserven, die vor der Einlage entstanden sind, im Veräußerungszeitpunkt zu erfassen (§ 30 Abs. 6 lit. c EStG 1988). Hinsichtlich dieser stillen Reserven ist § 30 Abs. 4 EStG 1988 anwendbar, weil das Gebäude ohne Einlage zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen gewesen wäre. Allerdings ist für die Ermittlung der pauschalen Anschaffungskosten an Stelle des Veräußerungserlöses der Teilwert im Einlagezeitpunkt (70) heranzuziehen.

Die Entnahme von Grundstücken ab dem 1. Juli 2023 erfolgt grundsätzlich zum Buchwert (vgl. Rz 2635).

Beispiel 2:

Im Jänner 2014 wird ein bebautes Grundstück im Betriebsvermögen angeschafftAuf Grund und Boden entfallen Anschaffungskosten von 40; auf das Gebäude 60. Im August 2023 wird das Grundstück entnommen und Ende 2023 um 120 veräußert.

Sowohl die Entnahme des Grund und Bodens als auch jene des Gebäudes im August 2023 erfolgt zum Buchwert (Buchwert Grund und Boden 40; Buchwert Gebäude 45 = 60-(60*2,5%*10)). Dieser tritt bei der nachfolgenden Grundstücksveräußerung an die Stelle der Anschaffungskosten. Die Veräußerung führt daher zu Einkünften iSd § 30 EStG 1988 in Höhe von 35 (120-85) und ist mit 30% zu versteuern.

Beispiel 3 (Sachverhalt angelehnt an Beispiel 1):

Im Jahr 2000 wird ein bebautes Grundstück im Privatvermögen angeschafft. Auf Grund und Boden entfallen Anschaffungskosten von 30; auf das Gebäude 70. Dieses Grundstück wird 2015 in einen Betrieb eingelegt. Der Teilwert beträgt im Zeitpunkt der Einlage für Grund und Boden 50, für das Gebäude 80. Ende 2023 wird das bebaute Grundstück entnommen. Der Teilwert des Grund und Bodens im Entnahmezeitpunkt beträgt 60 (Buchwert = Anschaffungskosten 30), der des Gebäudes 90 (Buchwert 62, Anschaffungskosten 70).

2025 wird das Grundstück um 160 veräußert (davon entfallen 65 auf Grund und Boden und 95 auf das Gebäude).

Die Einlage des Grund und Bodens im Jahr 2015 erfolgte nach § 6 Z 5 lit. b EStG 1988 mit den seinerzeitigen tatsächlichen Anschaffungskosten von 30. Das bebaute Grundstück war zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen, daher erfolgte die Einlage des Gebäudes im Jahr 2015 nach § 6 Z 5 lit. c EStG 1988 zum Teilwert von 80. Dadurch ist § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988 für das Gebäude anwendbar und im Falle einer späteren Veräußerung lägen für die vor der Einlage entstandenen stillen Reserven Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 vor.

Die Entnahme des Grund und Bodens und des Gebäudes im Jahr 2023 erfolgt nach § 6 Z 4 EStG 1988 zum Buchwert und führt daher nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen.

Der Grund und Boden war zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen. Er stellte trotz der Einlage in den Betrieb im Jahr 2015 durchgehend Altvermögen dar. Daher kann die pauschale Gewinnermittlung gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 angewendet werden. Der Veräußerungsgewinn ist daher auf Basis des auf Grund und Boden entfallenden Veräußerungserlöses zu ermitteln. Der Veräußerungsgewinn für den Grund und Boden beträgt daher 9,10 (65*0,14).

Durch die Entnahme des Gebäudes zum Buchwert ist der Entnahmewert (= Buchwert) an die Stelle der Anschaffungskosten getreten. Daher beträgt der Veräußerungsgewinn 33 (95-62). Zusätzlich sind aber auch die auf Grund des § 4 Abs. 3a Z 4 EStG 1988 der außerbetrieblichen Sphäre zugeordneten stillen Reserven, die vor der Einlage entstanden sind, im Veräußerungszeitpunkt zu erfassen (§ 30 Abs. 6 lit. c EStG 1988). Hinsichtlich dieser stillen Reserven ist § 30 Abs. 4 EStG 1988 anwendbar, weil das Gebäude zum 31.3.2012 nicht steuerverfangen war. Allerdings ist für die Ermittlung der pauschalen Anschaffungskosten an Stelle des Veräußerungserlöses der Teilwert im Einlagezeitpunkt (80) heranzuziehen. Die vor der Einlage entstandenen stillen Reserven betragen daher 11,20 (80*0,14).

Randzahl 2635b: derzeit frei

Rz 2635c
Auch die Entnahme von Grund und Boden des Altvermögens erfolgt zum Buchwert. Wurde dem Grund und Boden auf Grund des Umstandes der mangelnden Steuerwirksamkeit von Wertveränderungen kein Buchwert beigemessen, bestehen in Anbetracht der Möglichkeit der pauschalen Gewinnermittlung nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 keine Bedenken, den Buchwert des Grund und Bodens mit einem "Erinnerungseuro" anzunehmen.

Rz 2636
Erfolgt die Bewertung der Entnahme von Grundstücken mit dem Teilwert (vgl. Rz 2635), ist dieser im Schätzungswege nach anerkannten Bewertungsmethoden zu ermitteln. Ein vorgelegtes Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung.

6.22 Sonderbewertungsvorschrift bei Leasinggesellschaften

Rz 2636a
Nach § 6 Z 16 EStG 1988 kann bei einem Betrieb, dessen Unternehmensschwerpunkt in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern liegt (also vor allem Leasingunternehmen), der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert sämtlicher vermieteter Wirtschaftsgüter und dem Barwert der (diskontierten) Forderungen aus sämtlichen Mietverhältnissen (Leasingforderungen) als aktiver oder passiver Ausgleichsposten angesetzt werden. Es soll damit der Effekt erreicht werden, dass im wirtschaftlichen Ergebnis die Zinsspanne - gleichmäßig über die Mietdauer verteilt - als Einnahme erfasst wird.

Rz 2636b
Die Anwendung des § 6 Z 16 EStG 1988 setzt zweierlei voraus:

1.

Einen Mietvertrag, aus dem konkrete Forderungen resultieren. Es darf sich also nicht um einen "gänzlich" unbefristeten Mietvertrag handeln; es muss zumindest der Mieter einen Kündigungsverzicht auf die Kalkulationsdauer des Vertrages abgegeben haben.

2.

Die Vereinbarung einer Miete, in deren Kalkulation ein bestimmter Zinssatz eingegangen ist. Die Abzinsung erfolgt sodann mit jenem Zinssatz, der der Miete zu Grunde gelegt worden ist.

3.

Hinsichtlich des Mietvertrages dürfen keine Umstände eingetreten sein, die die vollständige Vertragserfüllung durch den Vertragspartner unwahrscheinlich erscheinen lassen. In einem derartigen Fall ist der betroffene Mietvertrag von der Anwendung des § 6 Z 16 EStG 1988 ausgenommen; dem Ausfallsrisiko ist entsprechend Rechnung zu tragen.

Ist ein Restwert (siehe Rz 141) vereinbart, ist dieser wie eine Forderung - und zwar mit dem Barwert - anzusetzen. Auf den Buchwertansatz der vermieteten Wirtschaftsgüter hat der Ansatz von Ausgleichsposten keine Auswirkungen.

Rz 2636c
Der Ausgleichsposten ist für jeden Mietvertrag gesondert zu ermitteln. Er kann außerbücherlich angesetzt werden. Ein Ansatz bei der unternehmensrechtlichen Gewinnermittlung ist nicht erforderlich.

Rz 2636d
Ausgleichsposten im Sinne des § 6 Z 16 EStG 1988 dürfen nur angesetzt werden, wenn für sämtliche Forderungen aus sämtlichen Mietverträgen eines Betriebes, die die Voraussetzungen für die Ausgleichspostenbildung gemäß Rz 2636b erfüllen, Ausgleichsposten gebildet werden. Der Ansatz muss überdies bereits im Jahr der Gründung des Betriebes (also bei der erstmaligen Gewinnermittlung) erfolgen. Ein späterer "Einstieg" ist ausgeschlossen. Wurden demnach zulässigerweise Ausgleichsposten angesetzt, müssen sodann auf Bestehensdauer des Betriebes für sämtliche in Betracht kommende Forderungen Ausgleichsposten gebildet werden.

Bei Betrieben, die bereits im Jahr 2000 bestanden haben, muss die Entscheidung über den Ansatz von Ausgleichsposten bereits für das Jahr 2000 getroffen werden. Werden für dieses Jahr Ausgleichsposten angesetzt, müssen auf Bestehensdauer des Betriebes für sämtliche in Betracht kommende Forderungen Ausgleichsposten gebildet werden. Werden für das Jahr 2000 keine Ausgleichsposten angesetzt, können auch in den Folgejahren keine Ausgleichsposten mehr gebildet werden.

Die Grundsätze der Bilanzänderung kommen zum Tragen.

Rz 2636e
Im Falle einer Umgründung iSd UmgrStG mit Buchwertfortführung gilt Folgendes:

Werden bisher von mehreren Rechtsträgern selbständig geführte Betriebe sodann von einem Rechtsträger gemeinsam geführt (zB Verschmelzung, Einbringung), prägt die bei jenem Betrieb getroffenen Entscheidung, dessen betriebliche Wertigkeit höher ist (zu beurteilen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, wie Unternehmenswert, Umsatzhöhe), die weitere Vorgangsweise beim "Nachfolgerechtsträger". Werden Betriebe (Teilbetriebe) lediglich in einem geänderten Rechtskleid weitergeführt (zB Einbringung in eine bisher nicht produktive GmbH, Realteilung auf einen bisher nicht produktiven Gesellschafter), ist die für den Betrieb getroffene Wahl für die weitere Vorgangsweise maßgeblich.

Randzahlen 2637 bis 3100: derzeit frei

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