6.7.2.3.1 Einzelbewertung
Forderungen zählen grundsätzlich zum Umlaufvermögen und unterliegen damit beim rechnungslegungspflichtigen Unternehmer (§ 5 Abs. 1 EStG 1988 - Gewinnermittlung) dem strengen Niederstwertprinzip. Forderungen, die als Ausleihungen zum Anlagevermögen gehören, unterliegen dem gemilderten Niederstwertprinzip (siehe Rz 2264 ff). Es gilt der Grundsatz der Einzelbewertung (VwGH 15.12.1983, 82/14/0067), doch ist eine Zusammenfassung gleichartiger Forderungen, wie der Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen zulässig (VwGH 23.4.1965, 0768/64). Zur Zulässigkeit einer pauschalen Forderungswertberichtigung gemäß § 6 Z 2 lit. b EStG 1988 idF COVID-19-StMG siehe Rz 2373.Forderungen sind mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert anzusetzen. In der Regel entsprechen die Anschaffungskosten dem Nennwert der Forderung (VwGH 10.10.1996, 94/15/0102). Bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entspricht dies dem Fakturenbetrag (VwGH 7.2.1958, 0013/56), bei Forderungen aus Kredit- und Darlehensverträgen dem Rückzahlungsbetrag. Forderungen, denen kein Anschaffungsvorgang zu Grunde liegt (zB Schadenersatzforderungen, Gewinnansprüche) sind grundsätzlich ebenfalls mit dem Nennwert zu bewerten.Maßgeblich für die Bewertung der Forderungen sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag (VwGH 4.11.1998, 93/13/0186; VwGH 16.12.1997, 93/14/0177). Der nachträgliche Eintritt von Umständen, die am Bilanzstichtag noch nicht vorhanden waren, bleibt bei der Bewertung am Bilanzstichtag außer Ansatz (VwGH 16.12.1997, 93/14/0177). Die Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners im Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses ist ein Indiz, rechtfertigt alleine aber nicht die Wertberichtigung zum Bilanzstichtag. Die Zahlungsunfähigkeit muss am Bilanzstichtag bereits bestanden haben oder vorhersehbar gewesen sein, um eine Wertberichtigung zu rechtfertigen (VwGH 2.6.1976, 1667/75; VwGH 27.9.1995, 92/13/1996; VwGH 16.12.1997, 93/14/0177; VwGH 31.3.1998, 96/13/0002). Die Bewertung der Forderungen mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwert kann entweder in Form der direkten Abschreibung oder in der Form der Schaffung einer Wertberichtigungspost erfolgen.6.7.2.3.2 Gruppenbewertung
Der Grundsatz der Einzelbewertung schließt es nicht aus, dass Gruppen gleichartiger Forderungen zusammengefasst und ihr Wert gemeinsam festgestellt wird (VwGH 23.4.1965, 0768/64; VwGH 2.3.1977, 2030/76).Für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2021 beginnen, gilt:
Im Rahmen der Gruppenbewertung (Sammelbewertung) sind Sammelabschreibungen bzw. Sammelwertberichtigungen infolge des Verbotes pauschaler Forderungswertberichtigung (§ 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG) nur insoweit zulässig, als der Anlass hierfür ein bei allen Elementen der Gruppe gleichartiger konkreter Sachverhalt ist, zB ein devisenrechtliches Verbot für die in einem bestimmten Währungsgebiet ansässigen Schuldner, ihre Schulden in einer frei konvertierbaren Währung zu bezahlen (vgl. auch VwGH 27.8.1998, 96/13/0165).
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, gilt:
Eine pauschale Wertberichtigung von Forderungen ist unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB idF BGBl. I Nr. 22/2015 zulässig (§ 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG). Siehe dazu näher Rz 2373.
Die Bewertung von Forderungen im Wege sog Bewertungseinheiten ist zulässig. Dabei werden Forderungen mit Besicherungsansprüchen als Einheit angesehen und die Forderung im Hinblick auf den Besicherungsanspruch nicht teilwertabgeschrieben, zB eine Forderung, für die eine Debitorenversicherung besteht. Bewertungseinheiten sind weiters für geschlossene Positionen deckungsfähiger Ansprüche und Verbindlichkeiten in ausländischer Währung sowie für geschlossene Positionen deckungsfähiger Ansprüche und Verbindlichkeiten bei Swaps und Optionen zu bilden. Die Verbindlichkeiten und Forderungen in einer geschlossenen Position bleiben mit den Anschaffungskosten bewertet. Soweit eine geschlossene Position vorliegt, kommt es weder zu einer Teilwertabschreibung, noch zu einer Drohverlustrückstellung.6.7.2.3.3 Teilwertabschreibung
Die Teilwertabschreibung kann indirekt durch Bildung einer Wertberichtigung oder in der Form der direkten Abschreibung erfolgen. Wertbestimmend sind Einbringlichkeit (VwGH 12.12.1971, 0285/69), Fälligkeit (VwGH 15.9.1970, 1518/69) und Verzinsung (VwGH 11.4.1978, 2705/78). Ausfälle bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen können im Hinblick auf § 16 UStG 1994 nur mit ihren Nettobeträgen - also ohne Umsatzsteuer- berücksichtigt werden. Dies gilt auch für Wertberichtigungen (Teilwertabschreibungen) von Forderungen im Hinblick auf künftige Ausfälle (VwGH 23.11.1977, 2400/77).Eine Wertberichtigung wegen Uneinbringlichkeit ergibt sich unabhängig von der Gewinnermittlungsart zwingend aus dem Wirtschaftsgutbegriff (VwGH 15.2.1984, 83/13/0150). Uneinbringliche Forderungen sind auszubuchen. Mit dem Uneinbringlichwerden der Forderung endet die Wirtschaftsguteigenschaft der Forderung. Die Ausbuchung ist daher ein Gebot der Bilanzwahrheit (VwGH 15.2.1984, 83/13/0150; VwGH 31.3.1998, 96/13/0002). Dies gilt auch für nur teilweise endgültig uneinbringliche Forderungen.Bei Abschreibung einer Forderung wegen Forderungsverzichtes ist zu prüfen, ob die Forderung im Zeitpunkt des Verzichtes tatsächlich uneinbringlich ist (VwGH 11.6.1965, 0350/65). Teilwertabschreibungen von Forderungen sind trotz Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners insoweit unzulässig, als sich die Forderungen durch Aufrechnung (Kompensation) - der Forderung steht eine Verbindlichkeit gegen den selben Schuldner gegenüber - oder im Hinblick auf (Faust- oder Grund-)Pfandrechte als einbringlich erweisen.Ist die Realisierung einer Forderung durch Bankgarantien, staatliche Garantien (zB im Rahmen der staatlichen Ausfuhrförderung) ua. gesichert, so kann zwar die Forderung berichtigt werden, doch ist der Ersatzanspruch gegen die Kreditinstitut, den Bund ua. zu aktivieren bzw. eine Bewertungseinheit zu bilden (siehe Rz 2343 ff). Ist der Forderungsverlust durch eine Regressforderung abgesichert, dann ist mit der Forderungsabschreibung die Regressforderung zu aktivieren. Ist dagegen die Forderung nur gefährdet, dann unterbleibt eine Wertberichtigung in Anbetracht der Regressforderung; allfällige persönliche und sachliche Sicherheiten sind dabei zu berücksichtigen (VwGH 10.10.1996, 94/15/0102).Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind keine Voraussetzung für die Abschreibung uneinbringlicher Forderungen, wenn sich die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon aus anderen Umständen erweist (zB Aufhebung eines Konkursverfahrens mangels Masse; wenn eine Verlassenschaft armutshalber abgetan wird).Dagegen scheint eine volle Wertberichtigung einer Forderung ungerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige wegen seines Interesses an der Weiterführung des Betriebes seines Schuldners keine Schritte zur zwangsweisen Einbringung seiner Forderung durchführt (VwGH 16.6.1970, 0405/68).Ebenso wenig ist eine Teilwertabschreibung einer Forderung gegen einen Darlehensschuldner wegen Konkurseröffnung 1,5 Jahre nach dem Bilanzstichtag gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige dem Schuldner noch nach dem Bilanzstichtag weitere Darlehen gewährt hat (VwGH 26.10.1962, 0720/62). Bloß vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners berechtigen nicht zu einer Wertberichtigung.Eine uneinbringlich gewordene Forderung ist auch dann abzuschreiben, wenn der Steuerpflichtige die Uneinbringlichkeit der Forderung verhindern hätte können und er noch weitere in ihrer Honorierung höchst ungewisse Leistungen an seine Kunden erbringt (VwGH 31.3.1998, 96/13/0002). Bei Forderungen gegen einen Schuldner, der Unterschlagungen begangen hat, kann idR wegen verminderter Bonität des Schuldners eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden (VwGH 20.11.1959, 1615/58).Bei Gefährdung der Einbringlichkeit ist nur der § 5-Gewinnermittler nach dem Niederstwertprinzip zur Wertberichtigung verpflichtet; bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 besteht ein Wahlrecht. Hat der Steuerpflichtige eine Forderung, deren Uneinbringlichkeit ihm im Zeitpunkt der Bilanzerstellung bekannt war, nicht abgeschrieben oder hat er eine Teilwertabschreibung nicht vorgenommen, kann er die Abschreibung nicht in einem späteren Jahr nachholen (VwGH 3.7.1968, 1067/68; VwGH 30.9.1998, 97/13/0033; VwGH 19.5.2005, 2001/15/0041). Zu berichtigen ist dann die ursprünglich falsche Bilanz, auch wenn dies steuerlich nicht mehr wirksam sein sollte.Eine Wertberichtigung wegen Niedrig- oder Unverzinslichkeit ist beim rechnungslegungspflichtigen Unternehmer (§ 5 Abs. 1 EStG 1988) idR zwingend, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 besteht ein Wahlrecht. Zur Teilwertabschreibung wegen Forderungsabzinsung siehe Rz 2362, 2368 ff.6.7.2.3.4 Einzelfälle
Disagio
Ein bei einer Darlehensgewährung vereinbartes Disagio führt beim Darlehensgeber unter dem Gesichtspunkt der Gewinnrealisierung schon mit Hingabe der Darlehensvaluta zu einer unbedingten Forderung auf das Disagio. Im Hinblick auf den Zinsencharakter des Disagio ist die Darlehensforderung mit dem Rückzahlungsbetrag zu aktivieren und gleichzeitig der Disagiobetrag zu passivieren und auf die Laufzeit verteilt aufzulösen.Durch Bankgarantien oder staatliche Garantien gesicherte Forderungen
Bei Gefährdung oder Uneinbringlichkeit der Forderung ist diese zwar wertzuberichtigen, jedoch ist der Ersatzanspruch gegen die Bank bzw. den Bund zu aktivieren. Wird zB eine durch Insolvenz des Schuldners gefährdete Forderung von der FinanzierungsgarantieGmbH garantiert, hat der Garantienehmer gemäß § 1a Abs. 3 Garantiegesetz 1977, BGBl. Nr. 296/1977 den garantierten Teil der Forderung in der jeweiligen Höhe als Vermögen auszuweisen. Für Forderungen aus Ausfuhrlieferungen übernimmt der Bund bzw. der Ausfuhrförderungsfonds in bestimmten Fällen eine Ausfallshaftung. Bei der Bewertung solcher Forderungen ist die Verminderung des eigenen Ausfallsrisikos durch die Ausfallshaftung zu berücksichtigen.Forderungen aus Rückdeckungsversicherungen
Sind in Höhe des Deckungskapitals einschließlich Gewinnbeteiligung anzusetzen.Forderungen aus Warenlieferungen, Abzinsung
Eine Abzinsung von Forderungen aus Warenlieferungen mit einem Zahlungsziel von nicht mehr als zwei Monaten wird nach allgemeiner kaufmännischer Übung nicht durchgeführt, weshalb eine Teilwertabschreibung nicht mit der Notwendigkeit einer Abzinsung begründet werden kann. Solche Forderungen werden stets mit den Nennwert anzusetzen sein, wenn sie voll einbringlich sind (VwGH 15.5.1964, 1975/62; VwGH 11.4.1978, 2752/77).Bei einer sich allmählich ergebenden Verlängerung der Zahlungsfristen widerspricht es aber nicht dem Grundsatz der Bewertungsgleichmäßigkeit, wenn der Steuerpflichtige im ersten Jahr eines sprunghaften Ansteigens der Zahlungsfristen auf über zwei Monate Laufzeit zur Bewertung der Forderungen aus Warenlieferungen unter Berücksichtigung einer Abzinsung übergeht; demnach ist bei einer Steigerung der durchschnittlichen Laufzeit der Forderungen in früheren Jahren von 2,06 über 2,21 und 2,45 Monaten auf 3,45 Monate eine sachliche Berechtigung zur Änderung der Bewertungsmethode im Jahr des sprunghaften Anstieges von 2,45 auf 3,45 Monate Laufzeit gegeben (VwGH 11.4.1978, 2705/78).
Bei unverzinslichen oder besonders niedrig verzinslichen Forderungen - gemessen am allgemeinen Zinsniveau - mit einem Zahlungsziel von mehr als einem Jahr ist eine Abzinsung vorzunehmen (VwGH 14.12.1988, 84/13/0063; VwGH 5.7.2004, 2000/14/0174). IdR entspricht eine Abzinsung längerfristiger, zinsenlos gestundeter oder in langfristigen, zinsenlosen Raten eingehender Forderungen dem Niederstwertprinzip (VwGH 27.6.1989, 88/14/0126), was sinngemäß auch für eine Verzinsung unter dem üblichen Zinsfuß gilt. Eine Abzinsung ist unter diesen Voraussetzungen auch bei ausdrücklicher Zinsenlosigkeit vorzunehmen.
Hypothekarisch gesicherte Forderungen
Bei der Bewertung ist auf die dingliche Sicherung durch das belastete Objekt Bedacht zu nehmen.Nullkuponanleihen (Zerobonds)
Derartige Anleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, bei denen die Zinszahlungen aber nicht jährlich, sondern am Ende der Laufzeit zusammen mit dem Tilgungsbetrag erfolgen. Bei Nullkoponanleihen sind die laufend anwachsenden Zinsen zur Forderung hinzuzuaktivieren; (siehe auch Abschn. 6.9.3.3).Ratenforderungen
Forderungen aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes gegen langfristige Raten sind mit den Anschaffungskosten anzusetzen; diese entsprechen dem Barwert der abgezinsten Raten (VwGH 14.1.1986, 85/14/0134).Unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Forderungen
Stehen den Forderungen andere betriebliche Vorteile als Zinsen gegenüber, so erfolgt insoweit keine Abzinsung, als der Wert der anderen betrieblichen Vorteile die Wertminderung aus der Unverzinslichkeit bzw. Niedrigverzinslichkeit aufwiegt.Unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Forderungen aus Darlehen oder Krediten
Eine Abzinsung ist bei einer Laufzeit von mehr als einem Jahr vorzunehmen (VwGH 14.12.1988, 84/13/0063).Unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Arbeitnehmer-Darlehen
Sind auch dann mit dem Nennbetrag zu bilanzieren, wenn ihnen keine bestimmten Gegenleistungen der Arbeitnehmer gegenüberstehen.Wertsicherung
Wird bei einer Forderung eine Wertsicherung wirksam, kann dennoch höchstens der Forderungsnennbetrag angesetzt werden. Endfällige Wertsicherungsbeträge, deren endgültige Höhe erst im Zeitpunkt der Kapitalrückzahlung festgestellt werden kann, werden erst am Ende der Vertragsdauer zu aktivierungspflichtigen Forderungen (VwGH 20.12.1994, 89/14/0214).6.7.2.4 Zweifelhafte Forderungen
6.7.2.4.1 Pauschalwertberichtigung von Forderungen
Für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2021 beginnen, gilt:Unter Pauschalwertberichtigungen sind solche Wertberichtigungen zu verstehen, die einem allgemeinen Forderungsrisiko Rechnung tragen, ohne dass eine Risikozuordnung zu bestimmten Forderungen vorgenommen werden kann. Eine solche Schätzung des niedrigeren Teilwertes auf Grund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit (allgemeines Forderungsrisiko, allgemeines Branchenrisiko, allgemeines Ausfalls- und Verzögerungsrisiko) oder auf Grund einer allgemeinen Konjunkturschwäche bzw. einer allgemeinen schlechten Schuldnerbonität ist aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht zulässig.
Eine unzulässige Pauschalwertberichtigung gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG liegt nicht vor, wenn lediglich die Höhe einer Einzelwertberichtigung auf Grund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit geschätzt wird. Ebenso ist es zulässig, eine größere Anzahl von Forderungen auf Grund gleichartiger, konkret zuordenbarer, bis zum Bilanzstichtag eingetretener Umstände gruppenweise nach bestimmten Kriterien einheitlich mit einem niedrigeren Ansatz zu bewerten (siehe Rz 2376 f Einzelfälle). Keine unzulässige Pauschalwertberichtigung liegt vor, wenn eine Einzelwertberichtigung von verschiedenen Forderungen bei tatsächlich gleich gelagertem Sachverhalt im Wege einer Schätzung (vgl. § 184 BAO) in gleichem Ausmaß vorgenommen wird; es müssen aber gleichartige Ausfallkriterien bestehen (VwGH 27.8.1998, 96/13/0165).
Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, gilt:Aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG ist eine pauschale Wertberichtigung von Forderungen unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB idF BGBl. I Nr. 22/2015 zulässig. Danach muss die Bestimmung eines Wertes, die nur auf Basis von Schätzungen möglich ist, auf einer umsichtigen Beurteilung beruhen (Grundsatz der verlässlichen Schätzung). Liegen statistisch ermittelbare Erfahrungswerte aus gleichgelagerten Sachverhalten vor, sind diese gemäß § 201 Abs. 2 Z 7 UGB bei der umsichtigen Beurteilung zu berücksichtigen (zB statistisch ermittelte Ausfallswahrscheinlichkeiten), dh., sie müssen diesfalls in die Schätzung einfließen.
Nach § 201 Abs. 2 Z 7 UGB sind Schätzungen stets nach dem bestmöglichen Verfahren vorzunehmen. Von einer "umsichtigen Beurteilung" im Sinne des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB ist im Lichte von Erwägungsgrund 22 der Bilanzrichtlinie (2013/34/EU ) insbesondere auszugehen, wenn Schätzungen die aktuellsten verfügbaren Angaben umfassen, auf einer vorsichtigen Bewertung beruhen sowie auf einer objektiven Grundlage ermittelt werden; Erfahrungen aus vergleichbaren Geschäftsfällen sind dabei ergänzend zu berücksichtigen. Der pauschale Prozentsatz ist kaufmännisch auf zwei Nachkommastellen zu runden. Forderungen, die bereits einzelwertberichtigt sind, können nicht pauschal berichtigt werden.
Im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 besteht im Falle der unternehmensrechtlichen Vornahme von Pauschalwertberichtigungen aufgrund der Maßgeblichkeit eine Pflicht, diese auch für steuerliche Zwecke vorzunehmen; im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 besteht hingegen ein Wahlrecht zur Pauschalwertberichtigung nach (abstrakter) Maßgabe der unternehmensrechtlichen Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB.
Beispiel 1:
Der bilanzierende Einzelunternehmer A (Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988; Bilanzstichtag 31.12.) weiß aufgrund von statistischen Erfahrungswerten der Vergangenheit, dass rd. 2% der ihm im Geschäftsjahr X1 entstandenen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ausfallen und nicht beglichen werden. A möchte dieses Ausfallrisiko pauschal - bezogen auf sämtliche Forderungen derselben Kategorie - sowohl unternehmens- als auch steuerrechtlich mit dem errechneten Pauschalsatz berücksichtigen und die Forderungen gebündelt wertberichtigen. Die zum 31.12.X1 nicht einzelwertberichtigten offenen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen betragen insgesamt 500.000. A kann daher 10.000 (500.000*0,02) als pauschale Wertberichtigung zum 31.12.X1 steuerlich geltend machen.
Stimmt das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr überein, kann eine Pauschalwertberichtigung von Forderungen erstmals zum Bilanzstichtag 31.12.2021 erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass auch Forderungen pauschalwertberichtigt werden können, die in früheren Wirtschaftsjahren entstanden sind ("Forderungsaltbestände"; siehe § 124b Z 372 lit. a EStG 1988). Die Pauschalwertberichtigung dieser Forderungsaltbestände wirkt sich zum 31.12.2021 steuerlich jedoch nicht sofort in voller Höhe aus, sondern ist über fünf Jahre zu verteilen (§ 124b Z 372 lit. c EStG 1988). Als Forderungsaltbestand iSd § 124b Z 372 lit. a EStG 1988 kann der zum 31.12.2020 ausgewiesene Stand offener, nicht einzelwertberichtigter, Forderungen herangezogen werden. Rechnerisch ist der auf Basis des Forderungsaltbestandes per 31.12.2020 ermittelte pauschale Wertberichtigungsbedarf sodann dem auf Basis des Forderungsstandes per 31.12.2021 ermittelten pauschalen Wertberichtigungsbedarf gegenüberzustellen. Bei einer zum 31.12.2021 erstmals vorgenommenen Pauschalwertberichtigung von Forderungen wirken sich Wertberichtigungen somit nur insoweit in voller Höhe als Betriebsausgabe aus, als sie nicht bereits auf den - der Fünftelung unterliegenden - Forderungsaltbestand per 31.12.2020 entfallen.
Beispiel 2 - Variante 1:
Der bilanzierende Einzelunternehmer A (Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988; Bilanzstichtag 31.12.) weist zum 31.12.2021 offene Forderungen aus Lieferungen und Leistungen iHv 1.500.000 aus, für die keine Einzelwertberichtigung vorgenommen wurde. A möchte erstmals zum 31.12.2021 für sämtliche Forderungen derselben Kategorie sowohl unternehmens- als auch steuerrechtlich mit dem errechneten Pauschalsatz von 2% eine Pauschalwertberichtigung vornehmen.
Zunächst ermittelt A die auf den Forderungsaltbestand entfallende Pauschalwertberichtigung: Zum 31.12.2020 betrugen die nicht einzelwertberichtigten Forderungen 1.000.000 (Forderungsaltbestand). Die rechnerisch ermittelte Pauschalwertberichtigung zum 31.12.2020 beträgt folglich 20.000 (= 1.000.000*0,02). Da die auf den Altbestand entfallende Pauschalwertberichtigung über fünf Jahre zu verteilen ist, wirken sich davon zum 31.12.2021 lediglich 4.000 als Betriebsausgabe aus.
Die auf Basis des Forderungsstandes zum 31.12.2021 erstmalig ermittelte Pauschalwertberichtigung beträgt 30.000 (1.500.000*0,02). Davon entfallen 20.000 bereits auf den Forderungsaltbestand, sodass sich aus der zum 31.12.2021 ermittelten Pauschalwertberichtigung lediglich die Differenz in Höhe von 10.000 in voller Höhe als Betriebsausgabe auswirkt.
In Summe kann A am 31.12.2021 somit 14.000 (4.000 bezogen auf den Forderungsaltbestand + 10.000 aus der Neudotierung) als Betriebsausgabe geltend machen:
Steuerlich zum 31.12.2021 zu berücksichtigen | ||
Pauschalwertberichtigung rechnerisch 31.12.2020 | 20.000 | -4.000 |
Pauschalwertberichtigung 31.12.2021 | 30.000 | |
Veränderung | 10.000 | -10.000 |
In den folgenden vier Wirtschaftsjahren kann A die Pauschalwertberichtigung hinsichtlich des Forderungsaltbestandes jeweils iHv 4.000 steuerlich geltend machen (Mehr-Weniger-Rechnung -4.000). Weiters kann A in den folgenden Wirtschaftsjahren die jeweilige jährliche unternehmensrechtliche Dotierung der Pauschalwertberichtigung auch steuerlich in voller Höhe geltend machen.
Zukünftige Auflösungen der Pauschalwertberichtigung sind zur Gänze steuerpflichtig. Beträgt zum 31.12.2022 die Pauschalwertberichtigung zB 25.000, ist die Auflösung (5.000) zur Gänze steuerwirksam. Die Verteilung der auf den Forderungsaltbestand per 31.12.2020 rechnerisch ermittelten Pauschalwertberichtigung ist davon unbeeinflusst.
Beispiel 2 - Variante 2:
Der bilanzierende Einzelunternehmer A (Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988; Bilanzstichtag 31.12.) weist zum 31.12.2021 offene Forderungen aus Lieferungen und Leistungen iHv 900.000 aus, für die keine Einzelwertberichtigung vorgenommen wurde. A möchte erstmals zum 31.12.2021 für sämtliche Forderungen derselben Kategorie sowohl unternehmens- als auch steuerrechtlich mit dem errechneten Pauschalsatz von 2% eine Pauschalwertberichtigung vornehmen.
Zunächst ermittelt A die auf den Forderungsaltbestand entfallende Pauschalwertberichtigung: Zum 31.12.2020 betrugen die nicht einzelwertberichtigten Forderungen 1.000.000 (Forderungsaltbestand). Die rechnerisch ermittelte Pauschalwertberichtigung zum 31.12.2020 beträgt folglich 20.000 (= 1.000.000*0,02). Da die auf den Altbestand entfallende Pauschalwertberichtigung über fünf Jahre zu verteilen ist, wirken sich davon zum 31.12.2021 lediglich 4.000 als Betriebsausgabe aus.
Die auf Basis des Forderungsstandes zum 31.12.2021 erstmalig ermittelte Pauschalwertberichtigung beträgt 18.000 (900.000*0,02); der Pauschalwertberichtigungsbedarf per 31.12.2021 ist somit verglichen mit der per 31.12.2020 rechnerisch ermittelten Pauschalwertberichtigung geringer. Die Differenz in Höhe von 2.000 ist folglich zum 31.12.2021 in voller Höhe steuerwirksam aufzulösen.
In Summe kann A per 31.12.2021 somit 2.000 (-4.000 bezogen auf den Forderungsaltbestand + 2.000 aus der Auflösung) als Betriebsausgabe geltend machen:
Steuerlich zum 31.12.2021 zu berücksichtigen | ||
Pauschalwertberichtigung rechnerisch 31.12.2020 | 20.000 | -4.000 |
Pauschalwertberichtigung 31.12.2021 | 18.000 | |
Veränderung | -2.000 | +2.000 |
Sofern unternehmensrechtlich eine Pauschalwertberichtigung nicht erstmalig zum 31.12.2021, sondern bereits in einem früheren Wirtschaftsjahr vorgenommen wurde, ist der unternehmensrechtliche Stand der Pauschalwertberichtigung des früheren Wirtschaftsjahres steuerwirksam über fünf Jahre zu verteilen. Unternehmensrechtliche Dotierungen und Auflösungen ab dem Wirtschaftsjahr 2021 sind zur Gänze steuerwirksam.
Im Fall einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe sind noch nicht abgesetzte Fünftelbeträge im Rahmen des Veräußerungs-/Aufgabegewinnes zu berücksichtigen; siehe dazu auch analog die Ausführungen in Rz 3351a.
Zur Zulässigkeit einer pauschalen Rückstellungsbildung gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 idF COVID-19-StMG siehe Rz 3315.
6.7.2.4.2 Einzelwertberichtigungen von Forderungen
Wertberichtigungen sind - unabhängig von der Zulässigkeit einer pauschalen Wertberichtigung (siehe dazu Rz 2373) - steuerlich anzuerkennen, wenn zum Bilanzstichtag konkrete Risken bestehen, die einzelnen Forderungen zugerechnet werden können (zB Nichteinhalten einer Ratenvereinbarung, vorübergehende oder dauernde Einstellung von Kreditrückzahlungen, Überziehen eines Kreditrahmens ohne entsprechende Vereinbarung, sonstiges vertragswidriges Verhalten, schlechte Vermögens- und Liquiditätslage des Schuldners, Währungsverlust). Es müssen somit am Bilanzstichtag Umstände vorliegen, nach denen damit zu rechnen ist, dass bestimmte Forderungen nicht mit dem vollen Nennbetrag eingehen werden. Das konkrete Forderungsrisiko orientiert sich daher ausschließlich an der individuellen Bonität des Schuldners oder an besonderen Absprachen zwischen Gläubiger und Schuldner in Zusammenhang mit dem Forderungseingang (zB betr. Skonti).Weder bei einem Tilgungsrückstand noch bei einer Kontoüberziehung muss eine vorübergehende oder dauernde Einstellung von Kreditrückzahlungen vorliegen, die eine Einzelwertberichtigung rechtfertigen würde. Diese Umstände zeigen für sich alleine noch keine über das allgemeine Ausfallrisiko hinausgehende Gefährdung an, sondern könnten durchaus auch saisonbedingt sein (VwGH 19.2.1991, 90/14/0242). Eine Einzelwertberichtigung kann daher nur vorgenommen werden, wenn qualifizierte Gefährdungsgründe oder besondere Absprachen hinsichtlich des Forderungseingangs vorliegen.Zur Zulässigkeit pauschaler Wertberichtigungen von Forderungen gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB idF BGBl. I Nr. 22/2015 siehe Rz 2373.
6.7.2.4.3 Einzelfälle
GefährdungsfälleEine pauschale Einzelwertberichtigung ist insbesondere in jenen Fällen zulässig, in denen ein vereinbarter Überziehungsrahmen überschritten wird, ohne dass mit dem Kontoinhaber eine entsprechende Kreditvereinbarung geschlossen wurde, oder wenn ein Rückstand von mehr als drei Kreditraten besteht und der Rückstand bei schriftlicher Krediteinräumung mehr als 15% des eingeräumten Kreditrahmens beträgt, ohne dass ausreichende Sicherheiten vorhanden sind. In diesen Fällen bestehen keine Bedenken, eine pauschale Berichtigung in Höhe von 2,5% der jeweiligen unter den Gefährdungstatbestand fallenden Gruppensummen anzusetzen, sofern die Summe der gruppenweisen Einzelwertberichtigung den durchschnittlichen Jahresbedarf an tatsächlichen Einzelwertberichtigungen in der einzelnen Gruppe innerhalb der letzten fünf Jahre nicht übersteigt. Weiters ist eine pauschale Einzelwertberichtigung im Falle eines Zahlungsverzugs zulässig (1% pro Monat für Zinsen und Spesenabgeltung).
Fälle besonderer AbsprachenEine gruppenweise Vornahme von Einzelwertberichtigungen ist insbesondere in folgenden Fällen zulässig:
- Bei Skontoinanspruchnahme: um den in Anspruch genommenen Skonto.
- Bei mittelfristig nicht fälligen unverzinslichen oder ungewöhnlich niedrig verzinsten Forderungen hat eine Abzinsung bis zur Fälligkeit zu erfolgen. Da die Abzinsung der Ermittlung des aktuellen Barwertes der Forderung dient, hat sich diese am jeweils aktuellen Zinsniveau zu orientieren. Künftig anfallende Spesen (Eintreibungskosten, Mahnspesen usw.) sind bei der Abzinsung nicht zu berücksichtigen. Als Zinssatz für die Abzinsung von Forderungen ist der jeweils bankübliche Sollzinssatz heranzuziehen.
- Bei langfristigen Ratenvereinbarungen: Wertberichtigung für Zinsendifferenz, soweit der Kunde nicht die vollen Aufwandszinsen vergütet.