14.1. Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind einzumahnen (§ 227 Abs. 1 BAO)
Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind einzumahnen, sofern sie nicht vor der Hinausgabe eines Mahnschreibens entrichtet wurden oder auf Grund des § 227 Abs. 4 BAO eine Mahnung nicht erforderlich ist. Eine freiwillige Mahnung ist in Fällen, in denen der genannten Bestimmung zufolge Ausnahmen von einer zwingenden Mahnung vorgesehen sind, zulässig.Mahnungen sind keine Bescheide (VwGH 15.5.2000, 95/17/0458).Zu beachten ist § 103 Abs. 1 zweiter Satz BAO, wonach im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden können. Mahnungen sind trotz aufrechter Zustellungsbevollmächtigung dem Abgabepflichtigen zuzustellen.14.2. Zwingende Mahnung
Wird ein Haftungspflichtiger gemäß § 224 BAO in Anspruch genommen, so ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit der Abgabe ihm gegenüber zwingend zu mahnen, sofern nicht spätestens eine Woche vor Fälligkeit der Abgabe an ihn eine Verständigung iSd § 227 Abs. 4 lit. a BAO ergeht; dies gilt - von den Fällen abgesehen, in denen für Steuerabzugsbeträge die Haftung auf Grund einkommensteuerlicher Vorschriften geltend gemacht wird - auch dann, wenn Selbstbemessungsabgaben Gegenstand eines Haftungsbescheides sind. Die Ausnahmeregelung des § 227 Abs. 4 lit. b BAO ist somit nur dann anzuwenden, wenn der zur Selbstberechnung Verpflichtete (Erstschuldner oder Haftender) die selbst zu berechnende Abgabe zum Fälligkeitstag nicht entrichtet hat. Wird etwa rückständige Lohnsteuer gemäß § 9 BAO oder § 14 BAO im Haftungsweg geltend gemacht, so ist zwingend eine Mahnung durchzuführen, da die Ausnahme des § 227 Abs. 4 lit. b BAO nicht anwendbar ist.14.3. Freiwillige Mahnung
Die Zulässigkeit freiwilliger Mahnungen ergibt sich ua. auch aus § 230 Abs. 1 BAO. Von dieser Möglichkeit wird insbesondere bei Überleitung eines auf Grund eines Sicherstellungsauftrages gemäß § 232 BAO eingeleiteten Sicherungsverfahrens (Exekution zur Sicherstellung) in eine Exekution zur Einbringung nach Eintritt der Vollstreckbarkeit Gebrauch gemacht.14.4. Mahnschreiben, Mahnfrist (§ 227 Abs. 2 BAO)
Die im § 227 Abs. 2 BAO vorgesehene Mahnfrist von zwei Wochen bewirkt lediglich eine "faktische Stundung"; damit ist kein für die Verbuchung der Gebarung gemäß § 214 Abs. 1 BAO maßgeblicher Zahlungstermin verbunden.Wenn eine vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeit eingemahnt werden muss, besteht eine Hemmung der Einbringung vom Eintritt der Vollstreckbarkeit an bis zum ungenützten Ablauf der zweiwöchigen Mahnfrist; bei freiwilliger Mahnung tritt die Hemmung erst mit Wirksamkeit der Mahnung ein und bleibt innerhalb der Mahnfrist bestehen (§ 230 Abs. 1 zweiter Satz BAO).Zur Möglichkeit, gegebenenfalls die Hemmung der Einbringung im Weg eines Vollstreckungsbescheides zu beseitigen, siehe Rz 1454 bis Rz 1459.14.5. Postauftrag (§ 227 Abs. 3 BAO)
Von der Möglichkeit, eine Abgabenschuldigkeit durch Postauftrag einzuziehen, wird derzeit nicht Gebrauch gemacht (siehe Rz 108).14.6. Ausnahmen (§ 227 Abs. 4 BAO)
Die Ausnahmen von der zwingend angeordneten Mahnung sind im § 227 Abs. 4 BAO erschöpfend aufgezählt. In diesen Fällen darf im Hinblick auf die bereits eingetretene Vollstreckbarkeit ohne vorherige Mahnung mit Vollstreckungsmaßnahmen begonnen werden, wenn die Einbringung nicht gemäß § 230 BAO gehemmt oder nicht gemäß § 231 BAO ausgesetzt ist.Es steht der Abgabenbehörde auch noch nach Ausstellung eines Rückstandsausweises frei, aus Überlegungen der Zweckmäßigkeit die Abgabenschuld vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen unter Einräumung einer Frist von zwei Wochen einzumahnen.Die Buchungsmitteilung ist eine Verständigung über Art, Höhe und Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung der Abgaben. Sie muss, damit keine Mahnung erforderlich ist, spätestens eine Woche vor dem Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung zugestellt sein. Ist dies nicht der Fall, dann ist vor Einleitung der Vollstreckung die nach dem Gesetz erforderliche Mahnung zu vollziehen.Buchungsmitteilungen sind keine Bescheide, sondern haben bloßen Mitteilungscharakter, und zwar auch dann, wenn sie eine Lastschrift zum Gegenstand haben. Verweist allerdings ein Abgabenbescheid hinsichtlich der Fälligkeit auf die Buchungsmitteilung, so ist die dort enthaltene Fälligkeitsangabe Spruchbestandteil des Bescheides (VwGH 27.3.1996, 92/13/0299).14.7. Wiederaufleben von Abgabenschuldigkeiten (§ 228 BAO)
Auf Abgabenschuldigkeiten, die wegen Umbuchung gemäß § 214 Abs. 7 BAO, Rückzahlung gemäß § 241 Abs. 1 BAO oder Rückgängigmachung einer unrichtigen oder nachträglich unrichtig gewordenen Verbuchung der Gebarung (siehe Rz 1375 bis Rz 1386) wiederaufleben, ist § 227 BAO ohne die in dessen Abs. 4 genannten Ausnahmen anzuwenden. Beispielsweise wäre somit in diesen Fällen die Einmahnung einer Selbstbemessungsabgabe erforderlich. Lediglich dann, wenn dem Abgabepflichtigen spätestens eine Woche vor dem Ablauf der Nachfrist gemäß § 210 Abs. 5 BAO eine Buchungsmitteilung (Lastschriftanzeige) bzw. eine elektronische Verständigung iSd § 227 Abs. 4 lit. a BAO über die vom Wiederaufleben betroffenen Abgabenschuldigkeiten zugestellt wurde, ist eine Mahnung entbehrlich.14.7.1. Wiederaufleben einer Abgabenschuldigkeit wegen Richtigstellung einer unrichtigen oder nachträglich unrichtig gewordenen Verbuchung der Gebarung
Zum Wiederaufleben einer Abgabenschuldigkeit wegen Richtigstellung einer unrichtigen oder nachträglich unrichtig gewordenen Verbuchung der Gebarung kann es nur kommen, wenn ein Tilgungsvorgang rückgängig gemacht wird.14.7.1.1. Unrichtige Verbuchung der Gebarung
Eine solche unrichtige Verbuchung der Gebarung liegt etwa vor, wenn die Buchung nicht belegkonform erfolgte.Eine Berichtigung (Rückgängigmachung der Buchung) ist ohne Zustimmung des begünstigten Abgabepflichtigen zulässig.Auf das Bestehen allfälliger Pfandrechte hat der rückgängig gemachte Tilgungsvorgang keinen Einfluss.Eine unrichtige Verbuchung der Gebarung liegt auch vor, wenn eine Änderung in der Verrechnung vorzunehmen ist, insbesondere wenn Zahlungen oder sonstige Gutschriften auf Schuldigkeiten verrechnet wurden, die aufgrund des § 238 BAO bereits abzuschreiben gewesen wären.14.7.1.2. Unrichtig gewordene Verbuchung der Gebarung
Eine unrichtig gewordene Verbuchung der Gebarung liegt vor, wenn die Buchung zwar belegkonform erfolgte, der Beleg jedoch beispielsweise unrichtig ist oder zu Unrecht erstellt ist.Der Fehler wurde durch das Finanzamt verursacht:- Eine Rückgängigmachung der Buchung kann nur mit Zustimmung des Begünstigten erfolgen; wird eine Richtigstellung vorgenommen, dann liegt eine unrichtig gewordene Verbuchung der Gebarung vor.
- Allfällige zu Gunsten einer durch die Buchung als entrichtet geltenden Abgabenschuldigkeit bestehende Pfandrechte erlöschen.
Verweigert der Begünstigte die Zustimmung, so müsste der Bund mit Klage gegen den Begünstigten vorgehen.
- Die Gutschrift erfolgt auf dem falschen Abgabenkonto, eine Richtigstellung der Gebarung erfordert die Zustimmung des durch die Buchung Begünstigten. Die eigenmächtige Rückgängigmachung eines Buchungsfehlers durch das Finanzamt, somit ohne Zustimmung des zu Unrecht Begünstigten, ist rechtswidrig (VwGH 23.5.1996, 94/15/0033). Erfolgt eine solche Richtigstellung, dann liegt eine unrichtig gewordene Verbuchung der Gebarung vor. Eine Richtigstellung hat auf allen in Betracht kommenden Abgabenkonten zu erfolgen.
- Allfällige zu Gunsten einer durch die Buchung als entrichtet geltenden Abgabenschuldigkeit bestehende Pfandrechte erlöschen.
- Verweigert der Begünstigte die Zustimmung, so müsste der Abgabepflichtige gegen den durch die Buchung Begünstigten mit Klage vorgehen.
14.8. Mahngebühr (§ 227a BAO)
Mahngebühren sind nur für Landes- und Gemeindeabgaben vorgesehen. Ihre Festsetzung hat stets mit Bescheid (Abgabenbescheid iSd § 198 BAO) zu erfolgen.Die Festsetzung von Mahngebühren im Fall einer obligatorischen Mahnung liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde (des Landes bzw. der Gemeinde). Hingegen liegt die Festsetzung der Mahngebühr dann im Ermessen, wenn (erstmals) eine Mahnung erfolgt, obwohl keine diesbezügliche Verpflichtung besteht.Nach Mahnung erfolgte Herabsetzungen des eingemahnten Abgabenbetrages führen zu keiner Abänderung des Mahngebührenbescheides (vgl. VwGH 13.7.1953, 0235/51).Randzahlen 1390 bis 1399: derzeit frei