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4.2.2 Unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

BMF2023-0.871.81913.3.2024

4.2.2.1 Sachlicher Geltungsbereich

Rz 623
Das Aktivierungsverbot des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 gilt sowohl für die Gewinnermittlung durch Bilanzierung als auch durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung.

Die Ergebnisse von im Auftrag durchgeführten Forschungen und Entwicklungen, die zum Zwecke der Veräußerung durchgeführt wurden, sowie Auftragssoftware zählen zum Umlaufvermögen und fallen nicht unter diese Bestimmung. Soweit Software lediglich mietweise überlassen wird, zählt sie hingegen zum Anlagevermögen (VwGH 25.6.1998, 96/15/0251).

4.2.2.2 Begriff "Unkörperliches Wirtschaftsgut"

Rz 624
Der Begriff der unkörperlichen Wirtschaftsgüter umfasst sowohl immaterielle Wirtschaftsgüter als auch Finanzanlagen.

4.2.2.2.1 Immaterielle Wirtschaftsgüter

Rz 625
Als immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kommen insbesondere in Betracht:

Gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Lizenzen, Marken-, Urheber- und Verlagsrechte, Konzessionen, Warenzeichen, Erfindungen, Rezepturen, Know-how, ferner Nutzungsrechte (Mietrechte, Fruchtgenussrechte, usw.) und Optionsrechte aber auch Werte ohne Rechtscharakter, wie etwa der Firmenwert.

Rz 626
Forschungszuschüsse an ein anderes Unternehmen haben den Charakter eines Wirtschaftsgutes, wenn ihnen ein konkretes Nutzungsrecht des Zuschießenden an den Forschungsergebnissen gegenübersteht. Derartige Zuschüsse sind aktivierungspflichtig, es sei denn, dass ihnen das Aktivierungsverbot nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 entgegensteht. Dies wäre dann der Fall, wenn kein entgeltlicher Erwerb vorläge, was etwa bei einem auffallenden Missverhältnis zwischen der Höhe des Zuschusses und dem Nutzungswert der Forschungsergebnisse zuträfe (siehe dazu Rz 629). Steht den Zuschüssen kein konkretes Nutzungsrecht gegenüber und ist der Zuschießende Gesellschafter der empfangenden Körperschaft, liegt eine den Beteiligungswert des Anteilsinhabers erhöhende Einlage vor, soweit der Zuschuss auf Grund der Gesellschafterstellung erfolgt.

Rz 627
EDV-Programme (sowohl Individual- als auch Standardsoftware) sind als unkörperliche Wirtschaftsgüter anzusehen. Bloße Datenträger sind hingegen ebenso wie die Computer-Hardware körperliche Wirtschaftsgüter. Soweit auf Disketten oder Festplatten sowohl Programme als auch bloße Daten gespeichert sind, wird idR einheitlich von einem unkörperlichen Wirtschaftsgut auszugehen sein.

4.2.2.2.2 Finanzanlagen

Rz 628
Zu den Finanzanlagen zählen Beteiligungen an Körperschaften, echte stille Beteiligungen, Wertpapiere und Kryptowährungen.

Randzahl 628a: entfallen

4.2.2.3 Entgeltlicher Erwerb

Rz 629
Ein entgeltlicher Erwerbsvorgang setzt die Änderung der Zurechnung eines bereits bestehenden Wirtschaftsgutes oder die Neubegründung eines Rechtsverhältnisses gegen eine nach kaufmännischen Grundsätzen angemessene Gegenleistung voraus (Kauf, Tausch usw.). Nicht erworben und damit in erster Linie vom Aktivierungsverbot umfasst sind unkörperliche Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige selbst herstellt oder herstellen lässt.

4.2.2.3.1 Abgrenzung Anschaffung und Herstellung

Rz 630
Ob eine Anschaffung oder eine Herstellung vorliegt, ist danach zu unterscheiden, ob der Auftraggeber oder der Auftragnehmer die Herstellerinitiative und das Herstellerrisiko trägt. Dabei liegt das Schwergewicht auf dem Herstellerrisiko (der Hersteller trägt das Kostenrisiko bei gestiegenen Kosten bzw. das Risiko der Nichtabnahme eines Werksgegenstandes). Werden unkörperliche Wirtschaftgüter (insbesondere Software) durch Dritte zu einem Fixpreis hergestellt, so liegt eine Anschaffung und damit ein entgeltlicher Erwerb vor.

4.2.2.3.2 Kombination Anschaffung und Herstellung

Rz 631
Werden unkörperliche Wirtschaftsgüter in für Zwecke des Unternehmens noch nicht einsetzbarem (halbfertigem) Zustand von einem Dritten angeschafft und in der Folge vom Unternehmen weiter bearbeitet, so ist insgesamt (somit auch hinsichtlich des erworbenen Teiles) ein nicht aktivierungsfähiger Herstellungsvorgang gegeben, wenn die Aufwendungen für die Fertigstellung die Anschaffungskosten des halbfertigen Produktes übersteigen. Andernfalls sind die Anschaffungskosten des Halbfertigprodukts zu aktivieren, die Aufwendungen zur Fertigstellung sind als Betriebsausgaben abzusetzen.

4.2.2.4 Einlage

4.2.2.4.1 Einlage in Einzelunternehmen und Personengesellschaft

Rz 632
Werden unkörperliche Wirtschaftsgüter in das Anlagevermögen eines Einzelunternehmens eingelegt, so sind sie unabhängig davon, ob sie vor der Einlage vom Steuerpflichtigen entgeltlich erworben wurden oder nicht, stets zu aktivieren. § 6 Z 5 EStG 1988 geht § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 vor. Dies gilt auch für Mitunternehmerschaften hinsichtlich des auf den einlegenden Mitunternehmer entfallenden Quotenanteils.

Beispiel:

Ein Angestellter hat im Privatbereich eine Erfindung gemacht. In der Folge eröffnet er einen Gewerbebetrieb und verwendet die Erfindung im Rahmen dieses Betriebes als Anlagegut. Die Erfindung ist mit dem Teilwert bzw. im Falle der Fertigstellung innerhalb des letzten Jahres mit den Herstellungskosten in die Eröffnungsbilanz (ins Anlageverzeichnis) aufzunehmen.

Eine Einlage setzt einen Transfer von der außerbetrieblichen Sphäre in die betriebliche Sphäre voraus. Die Einlage eines unkörperlichen Wirtschaftsgutes kann daher nur vorliegen, wenn die Entwicklung außerhalb des auf dessen Verwertung gerichteten Betriebs erfolgt ist. Dies wird allerdings nur ausnahmsweise der Fall sein (zB private "Zufallserfindung").

Wurde ein unkörperliches Wirtschaftsgut vor Betriebseröffnung entwickelt, ist zu überprüfen, ob es sich nicht um vorweggenommene Betriebsausgaben handelt (vgl. Rz 1095).

Rz 633
Die bloße Nutzungsüberlassung begründet kein Wirtschaftsgut (VwGH 18.2.1999, 98/15/0192). Die Überlassung zB eines Grundstücks an einen Dritten zur betrieblichen Nutzung führt daher bei diesem nicht zur Einlage eines Nutzungsrechts. Die Einlage eines Nutzungsrechtes kommt dann in Betracht, wenn ein Steuerpflichtiger ein privates Nutzungsrecht, für das Anschaffungskosten angefallen sind, für seinen Betrieb verwendet, oder dieses unentgeltlich auf einen Dritten für dessen betriebliche Zwecke überträgt.

Eine Nutzungseinlage setzt voraus, dass der Steuerpflichtige ein in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehendes Wirtschaftsgut in seinem Betrieb verwendet (siehe Rz 2496 ff).

4.2.2.4.2 Einlage in Kapitalgesellschaft

Rz 634
Einlagen in Kapitalgesellschaften gelten gemäß § 6 Z 14 letzter Satz EStG 1988 grundsätzlich als Tausch und damit als entgeltlicher Vorgang (siehe Rz 2589).

4.2.2.5 Verhältnis zu anderen Bestimmungen des EStG 1988

Rz 635
Die Bestimmungen

gehen dem Aktivierungsverbot des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 vor.

Rz 636
Für unter das Aktivierungsverbot fallende Wirtschaftgüter darf kein IFB geltend gemacht werden (VwGH 22.6.2001, 2001/13/0021).

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