1.2.3.1. Gewinnermittlung bei Inlandsverschmelzungen
Liegt bei einer im Firmenbuch eingetragenen Verschmelzung die Anwendungsvoraussetzung des § 1 UmgrStG vor, ist gemäß § 2 Abs. 1 UmgrStG bei der übertragenden Körperschaft für das mit dem Verschmelzungsstichtag endende Wirtschaftsjahr das Betriebsvermögen mit dem Wert anzusetzen, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt.Diese für die verschmelzungsbedingt untergehende Körperschaft vorgesehene Bewertungsvorschrift ist für die Ansätze in der auf den Verschmelzungsstichtag aufzustellenden (letzten) Steuerbilanz vorgesehen. Durch die zwingende steuerrechtliche Buchwertfortführung (§ 3 Abs. 1 UmgrStG) bleiben die stillen Reserven und ein bestehender Firmenwert bei der übernehmenden Körperschaft steuerhängig. Zur Aufwertungsoption siehe Rz 101 ff.
Eine nicht oder nicht zur Gänze unter Art. I UmgrStG fallende Verschmelzung löst nach § 20 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 in Verbindung mit § 19 KStG 1988 ganz oder zum Teil die Liquidationsbesteuerung aus (siehe Rz 386 ff).§ 2 Abs. 1 und Abs. 3 UmgrStG normieren zur Rückwirkungsfiktion, dass die übertragende Körperschaft bis zum Ablauf des Verschmelzungsstichtages persönlich und sachlich steuerpflichtig ist und dass das Betriebsvermögen auf den Verschmelzungsstichtag nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften zu ermitteln ist. Damit wird erreicht, dass- der Gewinn für das letzte mit dem Verschmelzungsstichtag endende Wirtschaftsjahr ermittelt werden kann und
- infolge der Unmaßgeblichkeit der unternehmensrechtlichen Bewertungsvorschriften für Umgründungen die steuerlichen Bewertungsvorschriften unabhängig davon anzuwenden sind, ob der Rechtsnachfolger das übernommene Vermögen mit dem Buchwert oder dem beizulegenden Wert ansetzt (§ 202 UGB). Es ist daher sowohl in Fällen der steuerlich zwingenden Buchwertfortführung als auch der steuerlich vorgesehenen Aufwertungsoption und des steuerlichen Aufwertungszwanges unmaßgeblich, ob eine Übereinstimmung mit der unternehmensrechtlichen Bewertung besteht. Unterschiedliche Ansätze sind hinsichtlich der Auswirkung auf den steuerlichen Gewinn in der jährlichen Steuererklärung in der Mehr-Weniger-Rechnung zu korrigieren, sofern nicht eine Steuerbilanz erstellt wird. Die steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung sind insb. auf Grund des Verweises des § 7 Abs. 2 bzw. Abs. 3 KStG 1988 die §§ 4 bis 14 EStG 1988 maßgebend.
1.2.3.2. Gewinnermittlung bei Auslandsverschmelzungen
Führt eine Auslandsverschmelzung zum Übergang einer inländischen Betriebsstätte, kommt es zur Buchwertfortführung. Da die subjektive und objektive Steuerpflicht der ausländischen übertragenden Körperschaft mit Ablauf des Verschmelzungsstichtages endet, hat sie daher ebenso wie bei Inlandsverschmelzungen eine Schlussbilanz der Betriebsstätte zum Verschmelzungsstichtag unter Beachtung der nach § 21 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 maßgebenden Gewinnermittlungsvorschriften des EStG 1988 aufzustellen.Bei der Übertragung außerbetrieblichen Vermögens, insbesondere einer Beteiligung im Sinne des § 98 Abs. 1 Z 5 lit. e EStG 1988 sind die (außerbetrieblichen) Anschaffungskosten fortzuführen.Zu den Umgründungskosten siehe Rz 141.
1.2.3.3. Gewinnermittlung bei grenzüberschreitender Verschmelzung
Die Gewinnermittlung der inländischen übertragenden Körperschaft unterscheidet sich von jener bei Inlandsverschmelzungen (Rz 89 bis Rz 93) nur dann und insoweit, als es zum Verschmelzungsstichtag zur sofortigen oder über einen Feststellungsbescheid aufgeschobenen Besteuerung stiller Reserven auf Grund der Einschränkung des Besteuerungsrechtes hinsichtlich des Vermögens der übertragenden Körperschaft kommt (siehe Rz 44).1.2.4. Verschmelzungsbilanz
1.2.4.1. Zweck der Verschmelzungsbilanz
§ 2 Abs. 5 UmgrStG verlangt die Aufstellung einer Verschmelzungsbilanz zum Verschmelzungsstichtag. Neben der gemäß § 220 Abs. 3 Satz 1 AktG aufzustellenden unternehmensrechtlichen Schlussbilanz ist somit eine für steuerrechtliche Zwecke erforderliche Verschmelzungsbilanz zu erstellen, in der die steuerrechtlichen Werte anzusetzen sind.Zweck der Verschmelzungsbilanz ist somit- die Darstellung des Vermögens der übertragenden Körperschaft zum Verschmelzungsstichtag mit den sich nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 UmgrStG steuerlich maßgebenden Buchwerten,
- der Ausweis rückwirkender Veränderungen des Vermögens im Sinne des § 2 Abs. 4 UmgrStG (siehe Rz 110),
- der Ausweis der steuerwirksam aufgewerteten Vermögensteile bei Nutzung der Aufwertungsoption im Sinne des § 2 Abs. 2 UmgrStG (siehe Rz 101 ff) und
- die Zusammenfassung des zu übertragenden Nettovermögens unter der Bezeichnung Verschmelzungskapital.
Das Verschmelzungskapital errechnet sich somit aus dem Saldo der mit den steuerrechtlichen Werten angesetzten aktiven und passiven Wirtschaftsgüter. Das Verschmelzungskapital wird daher durch eine Zahl dargestellt und weicht somit von den Gliederungsvorschriften des § 224 Abs. 3 lit. A UGB ab.
Das Erfordernis des Aufstellens einer Verschmelzungsbilanz ist eine steuerliche Ordnungsvorschrift und gehört nicht zu den Anwendungsvoraussetzungen des Art. I UmgrStG. Die Verschmelzungsbilanz hat allerdings insoweit steuerliche Bedeutung, als die übernehmende Körperschaft nach § 3 Abs. 1 UmgrStG zur Übernahme und Fortführung der steuerlich maßgebenden Buchwerte laut Verschmelzungsbilanz verpflichtet ist.1.2.4.2. Darstellungsform
Die bilanzmäßige Darstellung der Verschmelzungsbilanz erfüllt den Zweck, die Bindungswirkung der übernehmenden Körperschaft an die steuerlich maßgebenden (Buch)Werte der übertragenden Körperschaft zu erhärten und zu dokumentieren.Die Darstellung der steuerrechtlichen Werte in Bilanzform ist dann nicht erforderlich, wenn im Verschmelzungsvertrag die Abweichungen zwischen UGB-Bilanz und Steuerbilanz beschrieben werden und auch das steuerliche Verschmelzungskapital dargestellt wird.
1.2.5. Steuerliche Bewertung
1.2.5.2. Aufwertungsoption
1.2.5.2.1. Allgemeines
§ 2 Abs. 2 UmgrStG lässt abweichend vom Buchwertfortführungsgrundsatz gemäß § 2 Abs. 1 UmgrStG für die übertragende Körperschaft eine Aufwertungsoption zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung zu.Anwendungsvoraussetzung für das Geltendmachen der Aufwertungsoption ist:
- eine Verschmelzung mit Auslandsbezug (Verschmelzung inländischer Körperschaften mit ausländischem Vermögen oder Verschmelzung ausländischer Körperschaften mit inländischem Betriebsvermögen und sonstigen inländischen Vermögensteilen),
- eine tatsächliche steuerpflichtige Gewinnverwirklichung im Ausland und
- das Vorliegen eines DBA mit Anrechnungsmethode oder eine vergleichbare innerstaatliche Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Anrechnungsmethode auf Grund innerstaatlicher Maßnahme; idR § 48 BAO bzw. in ausländischen Steuergesetzen vorgesehene Anrechnungsverfahren).
1.2.5.2.2. Inlandsverschmelzungen
Die im Zusammenhang mit Inlandsverschmelzungen vorgesehene Aufwertungsoption setzt die Anwendbarkeit österreichischer gesellschaftsrechtlicher Verschmelzungsvorschriften voraus. Die Steueransässigkeit der Gesellschaften selbst ist nicht entscheidend.Die übertragende Körperschaft muss im Inland im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig sein. Damit unterliegt auch die Übertragung des ausländischen Vermögens der inländischen Steuerpflicht.
Das ausländische Vermögen umfasst alle Wirtschaftsgüter, die auf Grund des betreffenden DBA und der innerstaatlichen Rechtslage des ausländischen Staates der ausländischen Besteuerung unterliegen. Neben ausländischen Betriebsstätten sind dies vor allem Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften, ausländischer Grundbesitz und ausländisches Finanzvermögen.Mit dem ausländischen Staat muss ein DBA bestehen, das die Anrechnungsmethode vorsieht, und der ausländische Staat muss den Verschmelzungsakt als Besteuerungsanknüpfung heranziehen.Die Aufwertung muss nicht zwingend das gesamte ausländische Vermögen umfassen, sondern trifft nur jenes ausländische Vermögen, welches auf Grund des ausländischen Steuerrechtes zur Besteuerung herangezogen wird.Hinsichtlich des anlässlich der Verschmelzung übergehenden Inlandsvermögens bleibt es bei der zwingenden Buchwertfortführung.
1.2.5.2.3. Auslandsverschmelzungen
Werden ausländische Körperschaften im Ausland auf Grund vergleichbarer Vorschriften verschmolzen (§ 1 Abs. 1 Z 4 UmgrStG), kann dabei auch inländisches Vermögen übergehen.Beim Übergang von inländischem Vermögen im Zusammenhang mit einer Auslandsverschmelzung kann die Aufwertungsoption nur zu einer Besteuerung des Veräußerungsgewinnes im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 führen. Diesfalls müssen Einkünfte im Sinne des § 98 EStG 1988 vorliegen und darf das österreichische Besteuerungsrecht durch ein DBA nicht eingeschränkt sein.Ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn kommt nur dann in Betracht, wenn- eine inländische Betriebsstätte (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988; Art. 7 OECD-Musterabkommen),
- unbewegliches Vermögen (§ 21 Abs. 1 Z 3 KStG 1988; Art. 13 Abs. 1 OECD-MA),
- private Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 EStG 1988 (§ 98 Abs. 1 Z 7 EStG 1988; Art. 13 Abs. 1 OECD-MA) oder
- eine mindestens 1-prozentige Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft (Art. 13 Abs. 5 OECD-Musterabkommen)
vorliegen.
Die steuerwirksame Aufwertung versteht sich nicht als eine das gesamte inländische Vermögen umfassende Bewertungsmaßnahme, sondern sie bezieht sich nur auf jenes Vermögen, das durch die ausländische verschmelzungsveranlasste Besteuerung tatsächlich betroffen ist.1.2.5.3. Rückwirkende Änderungen des zu übertragenden Vermögens
§ 2 Abs. 4 UmgrStG nimmt bestimmte auf verbandsrechtlicher Grundlage beruhende Vorgänge zwischen der übertragenden Körperschaft und ihren Gesellschaftern von der Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs. 3 UmgrStG aus. Es handelt sich um- beschlossene Gewinnausschüttungen,
- Einlagenrückzahlungen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 und
- Einlagen im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1988
in der Zeit zwischen dem Verschmelzungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages.
Gewinnausschüttungen der übertragenden Körperschaft, die nach dem Verschmelzungsstichtag und vor dem Tag des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages beschlossen werden, werden daher weiterhin der übertragenden Körperschaft zugerechnet und stellen somit steuerlich Gewinnausschüttungen dieser Körperschaft dar; sie vermindern daher gemäß § 4 Abs. 12 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2015 die Innenfinanzierung dieser Körperschaft; zu den Auswirkungen der Verschmelzung auf die Innenfinanzierung der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft siehe Rz 380 f).Da die offene Gewinnausschüttung noch der übertragenden Körperschaft zuzurechnen ist, geht steuerlich auch ein um die Ausschüttung vermindertes Vermögen der übertragenden Körperschaft zum Verschmelzungsstichtag auf die übernehmende Körperschaft über. In der steuerlichen Verschmelzungsbilanz ist daher die Gewinnausschüttung durch Ansatz eines entsprechenden Passivpostens auszuweisen.
Die dargestellte Ausnahme von der Rückwirkungsfiktion gilt nur für offene Gewinnausschüttungen und daher nicht für verdeckte Ausschüttungen der übertragenden Körperschaft nach dem Verschmelzungsstichtag. Diese bzw. die sich daraus ergebenden Berichtigungen werden schon der übernehmenden Körperschaft zugerechnet.
Einlagenrückzahlungen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 durch die übertragende Körperschaft in der Zeit zwischen dem Verschmelzungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages sind ebenfalls von der Rückwirkungsfiktion ausgenommen. Sie werden daher noch der übertragenden Körperschaft zugerechnet und durch Ansatz eines Passivpostens in der steuerlichen Verschmelzungsbilanz ausgewiesen. Durch die Zurechnung der Einlagenrückzahlung zur übertragenden Körperschaft wird auch das steuerliche Einlagenevidenzkonto bei ihr entsprechend vermindert (§ 4 Abs. 12 Z 3 Satz 2 EStG 1988 idF AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, siehe auch Rz 363 ff).Einlagen der Anteilsinhaber im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1988 in die übertragende Körperschaft in der Zeit zwischen dem Verschmelzungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages sind ebenfalls von der Rückwirkungsfiktion ausgenommen. Diese Einlagen werden daher noch der übertragenden Gesellschaft zugerechnet und durch Ansatz eines Aktivpostens in der steuerlichen Verschmelzungsbilanz ausgewiesen. Unter Einlagen im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1988 werden sowohl offene Geld- oder Sacheinlagen als auch verdeckte Einlagen verstanden. Nutzungseinlagen fallen mangels Übertragung von Wirtschaftsgütern nicht unter § 8 Abs. 1 KStG 1988 und können daher auch das zu übertragende Vermögen nicht rückwirkend erhöhen (vgl. dazu KStR 2013 Rz 501).