EAS 3449
Unterliegt eine in Liechtenstein wohnhafte natürliche Person, die Gesellschafter einer österreichischen GmbH und in Österreich lediglich beschränkt steuerpflichtig ist, der liechtensteinischen Steuer nach dem Aufwand, stellt sich die Frage, ob dieser Person die Vorteile des DBA-Liechtenstein zustehen.
Gemäß Art. 30 des liechtensteinischen Gesetzes vom 23. September 2010 über die Landes- und Gemeindesteuern (Steuergesetz; SteG) kann bei Personen, die erstmals oder nach mindestens zehnjähriger Landesabwesenheit ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Liechtenstein nehmen, nicht die liechtensteinische Staatsangehörigkeit besitzen, keine Erwerbstätigkeit in Liechtenstein ausüben und vom Ertrag ihres Vermögens oder anderen ihnen aus dem Ausland zufließenden Bezügen leben, auf Antrag anstelle der Vermögens- und Erwerbssteuer eine Steuer nach dem Aufwand erhoben werden. Wird dem Antrag, über den die liechtensteinische Finanzverwaltung im Ermessen entscheidet, stattgegeben, so richtet sich die Bemessung der Besteuerung nach dem gesamten Aufwand des Steuerpflichtigen; die Steuer nach dem Aufwand beträgt 25 % dieses Aufwands.
Für die Anwendbarkeit des DBA-Liechtenstein müssen sowohl der sachliche als auch der persönliche Anwendungsbereich erfüllt sein. Da die Steuer nach dem Aufwand eine Paulschalbesteuerung darstellt, die sich nicht nach dem Einkommen des Steuerpflichtigen bemisst und in ihrer Ausgestaltung weder das Leistungsfähigkeits- noch das Welteinkommensprinzip berücksichtigt, erfüllt ihr Besteuerungsgegenstand nicht die Definition einer Steuer vom Einkommen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 DBA-Liechtenstein. Darüber hinaus wird die Steuer nach dem Aufwand, obwohl sie im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens erhoben worden ist, in Art. 2 Abs. 3 DBA-Liechtenstein nicht als eine unter das Abkommen fallende Steuer aufgelistet. Die liechtensteinische Steuer nach dem Aufwand fällt daher nicht in den sachlichen Anwendungsbereich gemäß Art. 2 DBA-Liechtenstein.
Selbst wenn der sachliche Anwendungsbereich des DBA-Liechtenstein eröffnet wäre, würde eine natürliche Person, die in Liechtenstein nach dem Aufwand besteuert wird, nicht die Ansässigkeitsvoraussetzungen im Sinne des Art. 4 DBA-Liechtenstein erfüllen, obwohl eine der innerstaatlichen Voraussetzungen für die Besteuerung nach dem Aufwand die Aufnahme des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Liechtenstein ist. Denn die in Art. 4 Abs. 1 DBA-Liechtenstein vorgesehene Definition "einer in einem Vertragstaat ansässigen Person" will solche persönlichen Beziehungen zu einem Staat erfassen, die nach dem innerstaatlichen Steuerrecht die Grundlage einer umfassenden Besteuerung (unbeschränkte Steuerpflicht) bilden (vgl. OECD-MK Art. 4 Z 8). Dies ist nicht erfüllt, da die Besteuerung nach dem Aufwand nicht das gesamte Welteinkommen erfasst, sondern auf aus dem Ausland stammende Einkünfte eingeschränkt ist. Somit ist auch der persönliche Anwendungsbereich gemäß Art. 1 iVm Art. 4 DBA-Liechtenstein nicht erfüllt. Für allfällige von der Person aus Österreich bezogene Einkünfte (zB GmbH-Ausschüttungen) besteht daher keine Abkommensberechtigung nach dem DBA-Liechtenstein.
Bundesministerium für Finanzen, 18. Dezember 2023
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971 |
Schlagworte: | Steuer nach dem Aufwand, sachlicher Anwendungsbereich, persönlicher, Anwendungsbereich, DBA-Anwendungsbereich |