Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen nach
§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland ein ständiger Vertreter bestellt ist. Die Anknüpfung an einen ständigen Vertreter ist gegenüber der Anknüpfung an eine Betriebsstätte subsidiär. Unter ständiger Vertreter ist ein nicht nur vorübergehend für eine bestimmte Tätigkeit bestellter Vertreter anzusehen. Der Vertreter seinerseits muss über keine Betriebsstätte im Inland verfügen. Der ständige Vertreter kann sowohl nichtselbständig als auch selbständig tätig sein (zB Angestellter, selbständiger Handelsvertreter), ebenso kann eine juristische Person ständiger Vertreter sein. Unter Umständen kann auch ein Pächter die beschränkte Steuerpflicht für den Verpächter begründen. Maßgeblich ist das Vorliegen einer Art von persönlichem Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem ständigen Vertreter im Inland und dem beschränkt Steuerpflichtigen. Personen, die im eigenen Namen Geschäfte abschließen, können ebenfalls ständige Vertreter iSd
§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sein (vgl. dazu VPR 2021 Rz 172).
Im zwischenstaatlichen Recht wird der abhängige Vertreter iSd Art. 5 Abs. 5 der OECD-konformen DBA ebenfalls einer inländischen Betriebsstätte gleichgestellt, und zwar unabhängig davon, ob er selbst eine Betriebsstätte begründet. Unter einem abhängigen Vertreter iSd Art. 5 Abs. 5 OECD-MA ist dabei grundsätzlich eine Person zu verstehen, die für ein Unternehmen tätig ist und in einem Vertragsstaat die Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und die Vollmacht dort gewöhnlich ausübt (Art. 5 Abs. 5 OECD-Musterabkommen vor dem Update 2017). Der abkommensrechtliche Begriff des "abhängigen Verkaufsvertreters" findet im innerstaatliche Begriff des "
ständigen Vertreters" iSd
§ 98 EStG 1988 vollinhaltlich Deckung.
Schließt der abhängige Vertreter Verträge mit rechtsverbindlicher Wirkung für das ausländische Unternehmen, liegt eine Betriebsstätte iSd Art. 5 OECD-Musterabkommen vor, auch wenn diese Verträge nicht im Namen des Unternehmens abgeschlossen werden. Ist eine Person bevollmächtigt, alle Einzelheiten eines Vertrages verbindlich für ein ausländisches Unternehmen auszuhandeln, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Vollmacht im Inland ausübt, auch wenn der Vertrag von einer anderen Person in dem Staat unterzeichnet wird, in dem sich das ausländische Unternehmen befindet.
Beispiel 1:
Der in Österreich ansässige Außendienstmitarbeiter A eines ausländischen Unternehmens ist im Inland ohne formelle Abschlussvollmacht tätig. Kann der Kunde nicht wirklich davon ausgehen, dass er mit Unterfertigung des Bestellscheines die Ware bzw. Dienstleistung bereits gekauft hat und hat der Kunde für das finale Zustandekommen des Kaufvertrages noch weitere, nicht bloß formelle, Schritte im unmittelbaren Kontakt mit dem ausländischen Unternehmen zu setzen, dann kann keine Abschlussvollmacht unterstellt werden.
Beispiel 2:
Der in Österreich ansässige Außendienstmitarbeiter A eines ausländischen Unternehmens ist im Inland ohne formelle Abschlussvollmacht tätig. Die inländische Geschäftstätigkeit des Unternehmens wird über ein standardisiertes Bestellverfahren abgewickelt, bei dem der Kunde mit seiner Unterschrift auf dem Bestellschein davon ausgehen kann, dass er damit die Ware bzw. Dienstleistung erworben und er nur mehr auf die Auslieferung bzw. Leistungserbringung zu warten hat. Werden daher von einem ausländischen Unternehmen (zB Handel mit Fenstern und Türen) im Inland Vertreter eingesetzt, die auf Grund der vorgegebenen Bestellkataloge, Musterkollektionen, Produktpreislisten, Rabattstaffeln, Liefer- und Zahlungsbedingungen und der Formulare Einigung mit dem Kunden über Beschaffenheit und Preis von Ware bzw. Dienstleistung herstellen und sind die Vertragsbedingungen sonach mit dem ausländischen Unternehmen im allgemeinen nicht mehr weiter verhandelbar, dann ist vom Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte iSd dem Art. 5 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Abkommensbestimmung auszugehen; das wirtschaftliche Schwergewicht der Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters liegt nämlich im inländischen Verkauf der Ware bzw. Dienstleistung, die bloß formale "Annahme" des Vertrages im Ausland (bzw. die potentielle Gefahr der Nichtannahme) rechtfertigt nichts Gegenteiliges.
Ein Unternehmen wird nach zwischenstaatlichem Recht nicht schon deshalb so behandelt, als habe es eine Betriebsstätte in einem Vertragsstaat, weil es dort seine Geschäftstätigkeit durch einen Makler, Kommissionär oder einen anderen unabhängigen Vertreter ausübt, sofern diese Personen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handeln (Art. 5 Abs. 6 OECD-Musterabkommen vor dem Update 2017). Demgemäß ist eine Person dann nicht betriebsstättenbegründend, wenn sie vom ausländischen Unternehmen sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich unabhängig ist und bei der Tätigkeit für das ausländische Unternehmen im Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit handelt.
Unterliegen die geschäftlichen Tätigkeiten für das ausländische Unternehmen eingehenden Anweisungen oder einer umfassenden Aufsicht durch dieses, kann der Vertreter nicht als vom Unternehmen unabhängig gelten. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist, ob das Unternehmerrisiko vom Vertreter oder vom vertretenen Unternehmen zu tragen ist. Übt der Vertreter anstelle des ausländischen Unternehmens eine inländische Tätigkeit aus, die wirtschaftlich in den Tätigkeitsbereich des Unternehmens, nicht mehr aber in den des eigenen Geschäftsbetriebes fällt, kann nicht unterstellt werden, der Vertreter handle im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit.
Beispiel:
Der in Österreich ansässige A hat mit einem ausländischen Unternehmen einen Werkvertrag geschlossen, wonach er die Waren bzw. Dienstleistungen des Unternehmens im Inland vertreibt. Dafür erhält A vom Unternehmen ein fixes Honorar und Provisionen. Weitere Tätigkeiten, insbesondere für andere Unternehmen, entwickelt A nicht. Er trägt auch kein Unternehmerrisiko. Bestellungen erfolgen nach einem standardisierten Bestellungsverfahren durch A oder durch den Kunden selbst beim ausländischen Unternehmen. A begründet für das ausländische Unternehmen eine inländische Betriebsstätte, weil ein entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis des A vom Unternehmen vorliegt.