Der wiederholte, auf die Schaffung einer dauernden Erwerbsquelle durch Ausnutzung von Kursschwankungen gerichtete An- und Verkauf von Wertpapieren kann nach dem Gesamtbild der Verhältnisse einen Gewerbebetrieb darstellen (VwGH 26.6.1953, 1862/52;
VwGH 29.7.1997, 96/14/0115;
VwGH 3.5.2021, Ra 2019/13/0124). Dies gilt auch für den An- und Verkauf von Kryptowährungen.
Bei der Verwaltung von Wertpapierbesitz gehören die Umschichtungen von Wertpapieren, somit Kauf und Verkauf durch Einschaltung von Banken, (grundsätzlich) noch zur privaten Vermögensverwaltung; bei Wertpapieren liegt es in der Natur der Sache, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren (
VwGH 29.7.1997, 96/14/0115). Dies gilt ebenso für sonstige derivative Finanzinstrumente (
VwGH 3.5.2021, Ra 2019/13/0124). Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet daher die Grenze zur gewerblichen Betätigung nur in besonderen Fällen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung ("bankentypische Tätigkeit") einen Gewerbebetrieb ausmacht. Alleine eine sehr hohe Anzahl an Transaktionen wird in der Regel noch keinen Gewerbebetrieb begründen. Ebenso kann eine Fremdfinanzierung ein Indiz für eine Gewerblichkeit darstellen, diesem kommt aber keine maßgebliche Bedeutung zu (
VwGH 3.5.2021, Ra 2019/13/0124,
VwGH 24.3.2004, 2000/14/0141; 26.7.2005,
2003/14/0050). Dies gilt auch für die Verwaltung von Kryptowährungen.
Folgende demonstrativ angeführten Indizien lassen der Verkehrsauffassung nach - ausgehend vom Kriterium des "Umfanges der Tätigkeit bzw. des Ausmaßes" - auf einen Gewerbebetrieb schließen:
- Ausüben der Tätigkeit als Hauptberuf (Haupteinnahmequelle),
- Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften sowie die Beschäftigung von Angestellten,
- Ausnutzung eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen,
- systematische Ausnutzung von Marktschwankungen durch Verwendung von EDV-gestützten Simulationsmodellen,
- Anbieten von Wertpapier- oder Kryptowährungsgeschäften an eine breite Öffentlichkeit,
- Abschluss von Geschäften auf fremde Rechnung (VwGH 29.7.1997, 96/14/0115; VwGH 25.2.1998, 98/14/0005),
- Einsatz einschlägiger beruflicher Erfahrungen und Mittel (Branchenkenntnisse, Know-how),
- Geschäftsverbindungen,
- Einflussnahmemöglichkeiten auf Preishöhe und Konditionen,
- Anzahl der getätigten An- und Verkäufe (VwGH 21.12.2005, 2003/14/0046),
- planmäßige und nachhaltige Fremdfinanzierung der Wertpapier- oder Kryptowährungsgeschäfte.
Der Umfang des verwalteten Vermögens ist für sich alleine kein Kriterium für Gewerblichkeit. Bleibt der "Verwaltungsaufwand" in jenem Rahmen, wie er üblicherweise bei einer Vermögensverwaltung erforderlich ist, spricht dies gegen Gewerblichkeit. Dabei ist es zulässig, eine Verhältnisbetrachtung anzustellen. Der Umstand, dass der Verwaltungsaufwand mit zunehmendem Vermögensumfang proportional zunimmt, führt ebenfalls nicht zur Annahme der Gewerblichkeit.
Als Abgrenzungshilfe kann bei großen Vermögen eine Vergleichsbetrachtung mit der Vermögensverwaltung im Rahmen eines Investmentfonds herangezogen werden. Erfolgt die Vermögensverwaltung nach dem Grundsatz der Risikostreuung und ist das damit verbundene Vermögensmanagement umfänglich mit jenem vergleichbar, wie es auch bei Investmentfonds üblich ist, 2011 gehen ungeachtet des Umfangs des Fondsvermögens bzw. der am Fondseigentum erworbenen Anteile von bloßer Vermögensverwaltung aus.
Vermögensverwaltende Tätigkeit liegt bspw. vor:
- Bloße Umschichtung von Wertpapieren (VwGH 29.7.1997, 96/14/0115), auch wenn die Tätigkeit von einer KEG ausgeübt wird (VwGH 26.5.1998, 98/14/0044),
- ausschließliche Eigenfinanzierung (keine Verwendung von Fremdkapital),
- gelegentliche oder geringfügige Fremdfinanzierung,
- keine für die breitere Öffentlichkeit nach außen gerichtete und erkennbare Tätigkeit.
Gewerbliche Tätigkeit und nicht mehr Vermögensnutzung ist anzunehmen, wenn in der Art von Bankgeschäften Fremdkapital zwecks Weitergabe an Kreditbedürftige aufgenommen wird (
VwGH 22.6.1983, 81/13/0157; VwGH 22.6.1983, 81/13/0158; VwGH 10.6.1981, 2509/80; VwGH 21.11.1972, 2096/71). Ein gewerblicher Geldverleih muss sowohl in seinem äußeren Erscheinungsbild als auch nach seinem inneren Gehalt mit Geldgeschäften vergleichbar sein, wie sie am gewerblich orientierten Kapitalmarkt üblich sind (
VwGH 17.9.1997, 93/13/0036).
Laufende Einkünfte aus Kryptowährungen führen durch die Eingliederung der Kryptowährungen in die Einkünfte aus Kapitalvermögen durch das Ökosoziale Steuerreformgesetz 2022 Teil I grundsätzlich zu Einkünften aus Kapitalvermögen und sind damit dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Bei den laufenden Einkünften aus Kryptowährungen iSd
§ 27b Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (Entgelte für die Transaktionsverarbeitung) gilt dies jedoch nur in jenen Fällen, in denen die Tätigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen noch als Vermögensverwaltung betrachtet werden kann. Sofern nach der Verkehrsauffassung die Tätigkeit nach Art und Umfang über die reine Vermögensverwaltung hinausgeht, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
Folgende demonstrativ angeführten Indizien lassen, neben den bereits in Rz 5428 angeführten, der Verkehrsauffassung nach auf einen Gewerbebetrieb schließen:
- Kauf teurer (umfangreicher) Spezialhardware (mittels Fremdfinanzierung);
- Kauf von Kühlgeräten sowie Vornahme von gebäudetechnischen Adaptierungen (zB Elektroinstallationen, Lärmschutz) oder Anmietung von gekühlten Lagerräumen;
- Anstellung von Personal;
- Aufstellung der Server zu Heizzwecken bei Dritten gegen Entgelt;
- Abschluss eines Strombezugsvertrages.
Ob die Tätigkeit im Rahmen eines Solo- oder Poolminings (siehe dazu Rz 6178g) erfolgt, ist für die Einordnung irrelevant.