vorheriges Dokument
nächstes Dokument

15.2 Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe

BMF2023-0.039.37631.3.2023

Rz 5139
Landwirtschaftliche Tierhaltung bedeutet das Halten von Tieren unter Nutzung der Bodenbewirtschaftung (Verwertung von pflanzlichen Erzeugnissen als Futtermittel) zur Verwertung der von ihnen und/oder aus ihnen erzeugten Produkte (Milch, Samen, Fleisch), aber auch zu ihrer Verwendung zB als Zugtiere oder als Tiere für den Reitsport.

Rz 5140
Tierzucht bedeutet die Vermehrung und Züchtung von Tieren unter Nutzung der Bodenbewirtschaftung zur Verwendung für die eigene Zucht und Tierhaltung oder für den Verkauf. Daher ist auch das Halten und die Zucht von zB Fasanen, Straußen, Wachteln oder Lamas eine Tätigkeit innerhalb der Land- und Forstwirtschaft.

Rz 5141
Ein landwirtschaftlicher Hauptbetrieb liegt vor, wenn zur Tierzucht oder Tierhaltung überwiegend Erzeugnisse verwendet werden, die im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewonnen wurden (§ 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 30 Abs. 3 BewG 1955). Die Erzeugnisse (insbesondere Futtermittel) müssen daher wertmäßig zu mehr als 50% aus der eigenen Bodenbewirtschaftung gewonnen werden.

Rz 5142
Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, in denen zur Zucht oder Haltung der Tiere überwiegend zugekaufte Futtermittel verwendet werden, gelten aber noch als landwirtschaftliche Betriebe, wenn die im § 30 Abs. 5 bis 7 BewG 1955 angeführten Voraussetzungen (Vieheinheiten bezogen auf die reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche, wobei Flächen im Ausland unbeachtlich sind) vorliegen.

Einzeljahre, die auf Grund von Katastrophenereignissen (zB Hagel, Überschwemmung, Dürre usw.) einen überdurchschnittlichen Zukauf von Futtermitteln erfordern, können außer Betracht bleiben. Die genannten Gründe für den überdurchschnittlichen Zukauf sind glaubhaft zu machen.

Rz 5142a
Rechtslage bis Veranlagung 2019:

Die Schneckenzucht ist unter den in § 21 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfassten Tatbestand "Tierzucht- und Tierhaltung im Sinne des § 30 Abs. 3 bis 7 des Bewertungsgesetzes 1955" zu subsumieren. Da für Schnecken keine Vieheinheiten existieren, ist die Schneckenzucht dem § 21 EStG 1988 zuzuordnen, wenn dazu überwiegend Erzeugnisse verwendet werden, die im eigenen Betrieb gewonnen werden. Entsprechendes gilt für die Zucht von Insekten als Nahrungsmittel (zB Heuschrecken; Mehlwürmer) oder Futtermittel (Soldatenfliegenlarven als Fischfutter).

Rechtslage ab Veranlagung 2020:

Die Schneckenzucht ist unter den in § 21 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 erfassten Tatbestand "Einkünfte aus übrigem land- und forstwirtschaftlichem Vermögen iSd § 50 des Bewertungsgesetzes 1955" zu subsumieren. Einkünfte aus der Schneckenzucht sind daher dem § 21 EStG 1988 zuzuordnen, wenn das dazu verwendete Vermögen nach dem Bewertungsgesetz 1955 als land- und forstwirtschaftliches Vermögen einzustufen ist.

Entsprechendes gilt für die Zucht von Insekten als Nahrungsmittel (zB Heuschrecken; Mehlwürmer) oder Futtermittel (Soldatenfliegenlarven als Fischfutter).

Rz 5143
Die Vieheinheiten sind an Hand des Gesamttierbestandes zu beurteilen und nicht nach einzelnen Tierarten. Werden die Vieheinheiten überschritten, liegt ein landwirtschaftlicher Betrieb dennoch vor, wenn überwiegend Futtermittel aus der eigenen Landwirtschaft beigestellt werden.

Rz 5144
Wenn der für die Viehzucht notwendige Futtermittelbedarf nicht aus der eigenen Land- und Forstwirtschaft stammt (und den Voraussetzungen im § 30 Abs. 5 bis 7 BewG 1955 nicht entsprochen wird), ist die Viehzucht grundsätzlich ein von der Landwirtschaft abgesonderter selbständiger Gewerbebetrieb (VwGH 15.5.1959, 1424/58); dies ist nach dem gesamten Viehbestand und nicht nach einzelnen Tierarten zu beurteilen.

Rz 5145
Werden in der Landwirtschaft Pferde auch zu Fuhrleistungen sowie Kutschen- und Schlittenfahrten verwendet, wird die Pferdehaltung noch nicht zum Gewerbebetrieb (VwGH 18.05.1960, 2714/59), wenn es sich um Nebenleistungen handelt. Die Einkünfte aus diesen Tätigkeiten sind solche aus Nebenerwerb. Stellen die Kutschen- und Schlittenfahrten jedoch den Hauptzweck des Betriebes dar, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

Rz 5146
Auch Viehmästereien, Abmelkställe und Geflügelfarmen fallen unter Tierzucht und Tierhaltung, nicht hingegen Tierhandelsbetriebe (VwGH 16.3.1989, 88/14/0226). Eine Ausnahme besteht für die von einer Landwirtschaftskammer anerkannten Geflügelvermehrungszuchtbetriebe (gilt für Haushühner, Hausenten, Hausgänse und Puten), die auch dann als landwirtschaftlicher Hauptbetrieb oder Nebenbetrieb gelten, wenn zur Tierzucht überwiegend fremde Erzeugnisse verwendet werden. Durch die Anerkennung einer Geflügelzucht als Vermehrungszuchtbetrieb (Abgabe einwandfreier Bruteier, Eintagskücken und Junghühner zur Verbesserung der ländlichen Hühnerhaltung) ist das einzige erforderliche Tatbestandsmerkmal erfüllt, um die Einkünfte aus diesem Betrieb als solche aus Land- und Forstwirtschaft werten zu können; für diese Qualifikation schadet nicht, wenn daneben auch eine Geflügelmast betrieben wird (VwGH 18.6.1969, 1268/68).

Rz 5147
Gewerbliche Einkünfte liegen vor, wenn die Urproduktion (Zucht von Tieren) im Vergleich zum Tierhandel von untergeordneter Bedeutung ist (VwGH 16.3.1989, 88/14/0226; VwGH 12.9.1996, 94/15/0071). Ebenso bleibt ein Viehhändler Gewerbetreibender, wenn er Vieh einstellt.

Rz 5148
Bei überwiegend eigenem Futtermitteleinsatz ist auch das Halten von Tieren im Wildgatter zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsbereich zu zählen. Tiergärten sind Gewerbebetriebe, weil die Tiere ohne natürliche Äsungsfläche gehalten werden und der Ertrag (überwiegend) aus Eintrittsgeldern erzielt wird.

Stichworte