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125. Dreiecksgeschäft (Art. 25 UStG 1994)

BMF2023-0.877.67515.12.2023

125.1. Allgemeines

Rz 4291
Art. 25 UStG 1994 enthält eine Vereinfachungsregelung für die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften. An einem Dreiecksgeschäft im Sinne des Art. 25 UStG 1994 sind drei Unternehmer beteiligt, die in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen (zur Definition eines Reihengeschäfts siehe § 3 Abs. 15 UStG 1994 und Rz 474g).

Für Zwecke der Dreiecksgeschäftsregelung wird jener mittlere Unternehmer, der den innergemeinschaftlichen Erwerb verwirklicht, als Erwerber und jener Unternehmer, an den dieser Erwerber liefert, als Abnehmer bezeichnet (Art. 25 Abs. 2 und 3 UStG 1994). Der Abnehmer kann auch eine juristische Person sein, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.

Ein Dreiecksgeschäft ist ab 1.1.2023 auch innerhalb eines Reihengeschäftes mit mehr als drei Beteiligten möglich. Die Vereinfachungsregelung kann dabei bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen an jeder Stelle des Reihengeschäftes angesiedelt sein. Es ist nicht erforderlich, dass der erste oder der letzte Unternehmer in der Reihe in das Dreiecksgeschäft involviert ist.

Rz 4292
Die Vereinfachung besteht darin, dass die umsatzsteuerliche Registrierung des Erwerbers im Empfangsstaat vermieden wird. Die Vereinfachung kann auch angewendet werden, wenn der Erwerber im Empfangsstaat der Waren zur Umsatzsteuer registriert ist, aber die UID eines anderen Mitgliedstaats als des Abgangs- und des Empfangsstaats der Waren verwendet. Wenn der Erwerber seinen Sitz oder eine feste Niederlassung im Empfangsstaat der Waren hat, kann die Vereinfachung nicht angewendet werden (siehe auch VwGH 15.12.2021, Ro 2020/15/0003, und VwGH 22.12.2021, Ro 2020/15/0013).

125.2. Voraussetzungen

Rz 4293
Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes ergeben sich aus Art. 25 Abs. 1 bis 4 UStG 1994. Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn bei einem Reihengeschäft (§ 3 Abs. 15 UStG 1994) die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:

Rz 4294
Voraussetzung für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes im Sinne des Art. 25 UStG 1994 ist ua., dass der Erwerber im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine Betriebsstätte hat.

Nicht schädlich für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäftes ist die umsatzsteuerrechtliche Registrierung oder Ansässigkeit des Erwerbers im Abgangsstaat der Waren, wenn der Erwerber die UID eines anderen Mitgliedstaates verwendet (EuGH 19.4.2018, Rs C-580/16 , Firma Hans Bühler KG; VwGH 29.5.2018, Ra 2015/15/0017).

Beispiel:

Der italienische Unternehmer I bestellt Waren beim österreichischen Unternehmer Ö und dieser seinerseits beim deutschen Unternehmer D. Es wird vereinbart, dass D die Waren direkt an den Abnehmer I nach Italien versendet. I und D treten unter der UID ihres Ansässigkeitsstaates auf.

Ö hat zwar seinen Sitz in Österreich, ist aber auch in Deutschland umsatzsteuerrechtlich erfasst und verfügt daher über eine österreichische und eine deutsche UID. Tritt Ö bei diesem Geschäft unter seiner österreichischen UID auf, ist die Dreiecksgeschäftsregelung iSd Art. 25 UStG 1994 bei Vorliegen aller weiterer Voraussetzungen zulässig.

Rz 4295
Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft im Sinne des Art. 25 UStG 1994 liegen nur vor, wenn der Lieferer oder der Erwerber den Gegenstand zum Abnehmer befördert oder versendet.

Beispiel 1:

Der Unternehmer W aus Wien bestellt Waren bei M in München und dieser seinerseits bei P in Paris. W, M und P treten unter der UID ihres Sitzstaates auf.

a) P versendet die Waren direkt an W.

b) Die Ware wird von M bei P abgeholt und an W versendet.

c) Die Ware wird von W bei P abgeholt.

Lösung:

Zu a) Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft können vorliegen.

Die Lieferung des P an M erfolgt gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 lit. a iVm Abs. 8 UStG 1994 in Frankreich (und ist unter den Voraussetzungen des französischen Rechts eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung). Die Lieferung des M an W wird in Österreich ausgeführt (§ 3 Abs. 15 Z 4 UStG 1994).

Zu b) Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft können vorliegen.

Auch beim Versenden durch den Erwerber erfolgt gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 lit. c iVm Abs. 8 UStG 1994 die Lieferung des P an M in Frankreich und die Lieferung des M an W gemäß § 3 Abs. 15 Z 4 UStG 1994 in Österreich.

Zu c) Die Voraussetzungen für ein Dreiecksgeschäft liegen nicht vor.

Sowohl P als auch M liefern gemäß § 3 Abs. 15 Z 3 bzw. § 3 Abs. 8 UStG 1994 in Frankreich (der Erwerb erfolgt somit nicht für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Erwerbers im Inland; Art. 25 Abs. 3 lit. b UStG 1994).

Die Lieferung des P an M unterliegt der französischen USt. Die Lieferung des M an W kann als innergemeinschaftliche Lieferung nach französischem Recht steuerfrei sein.

W tätigt in Österreich einen innergemeinschaftlichen Erwerb.

Beispiel 2:

Der Unternehmer Ö aus Wien bestellt beim Unternehmer D aus München dort nicht vorrätige Werkzeugteile. D gibt die Bestellung weiter an F in Frankreich mit der Bitte, sie direkt zu Ö nach Österreich auszuliefern. Weil auch F die Werkzeugteile nicht auf Lager hat, bestellt er sie beim spanischen Unternehmer SP und befördert sie auf seine Rechnung an Ö. F tritt mit seiner spanischen UID Nummer auf, alle anderen Unternehmer jeweils unter der UID Nummer ihres Landes.

Lösung:

Zwischen SP, F, D und Ö liegt ein Reihengeschäft gemäß § 3 Abs. 15 Z 5 UStG 1994 vor. Da F als Zwischenhändler mit seiner spanischen UID Nummer auftritt, wird die Beförderung gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 UStG 1994 seiner Lieferung an D zugeordnet, womit D einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich verwirklicht. Liegen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 UStG 1994 vor, ist dieser innergemeinschaftliche Erwerb von D in Österreich steuerfrei und die Steuerschuld für die Lieferung von D an Ö geht auf Ö über.

Beispiel 3:

Wie Beispiel 2, nur tritt D mit seiner österreichischen UID Nummer auf und alle anderen Unternehmer jeweils unter der UID Nummer ihres Landes.

Lösung:

Zwischen SP, F, D und Ö liegt ein Reihengeschäft gemäß § 3 Abs. 15 Z 5 UStG 1994 vor. Da F als Zwischenhändler nicht mit einer UID Nummer des Abgangsmitgliedstaates auftritt, wird die Beförderung gemäß § 3 Abs. 15 Z 1 UStG 1994 der Lieferung von SP an ihn zugeordnet, womit F einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich verwirklicht. Liegen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 UStG 1994 vor, ist dieser innergemeinschaftliche Erwerb von F in Österreich steuerfrei und die Steuerschuld für die Lieferung von F an D geht auf D über.

125.3. Rechnung

Rz 4296
Die vom Erwerber gemäß Art. 25 Abs. 4 UStG 1994 auszustellende Rechnung hat neben den zusätzlichen Erfordernissen auch den Vorschriften des § 11 UStG 1994 zu entsprechen. Die Umsatzsteuer darf jedoch nicht in Rechnung gestellt werden.

Seit 1.1.2013 richtet sich für den Erwerber die Rechnungsausstellung an den Abnehmer nach dem UStG 1994, wenn er in Österreich sein Unternehmen betreibt.

Dies gilt jedoch nicht, wenn

Wurde eine den Vorschriften des Art. 25 Abs. 4 iVm § 11 UStG 1994 entsprechende Rechnung nicht fristgerecht ausgestellt, wobei der ausdrückliche Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des Abnehmers auch bspw. in englischer Sprache erfolgen kann, liegt kein Dreiecksgeschäft vor (Art. 25 Abs. 3 lit. d UStG 1994, vgl. EuGH 8.12.2022, Rs C-247/21 , Luxury Trust Automobil GmbH; VwGH 15.12.2022, Ro 2020/13/0016).

125.4. Zusammenfassende Meldung

Rz 4296a
Für das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts hat auch der Erwerber, der als mittlerer Unternehmer im Mitgliedstaat des Abnehmers steuerpflichtige Lieferungen getätigt hat, eine ZM abzugeben, die den Vorschriften des Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 entspricht.

Bei verspäteter Abgabe einer den Vorgaben des Art. 25 Abs. 6 UStG 1994 entsprechenden ZM gilt der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 als besteuert, wenn die ZM eingebracht wurde und alle materiellen Voraussetzungen für das Dreiecksgeschäft vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn neben der Einreichung der korrekten ZM der Nachweis erbracht worden ist, dass der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 für die Zwecke einer anschließenden Lieferung getätigt wurde, die im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats der Liefergegenstände bewirkt worden ist, und dass der Abnehmer der Lieferung als Steuerschuldner bestimmt wurde (EuGH 19.4.2018, Rs C-580/16 , Firma Hans Bühler KG; zur Bestimmung des Abnehmers als Steuerschuldner siehe Rz 4296).

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