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11.3.6.4 Prüfung der wirtschaftlichen Unterordnung bei einer Mehrzahl von Nebenbetrieben und/oder Nebenerwerben

BMF2023-0.871.81931.3.2023

Rz 4208a
Nach § 21 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 ist das Beurteilungsobjekt für die wirtschaftliche Unterordnung grundsätzlich der einzelne Nebenbetrieb. Dabei ist aber zu beachten, dass für die Einbeziehung von Nebentätigkeiten die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit immer als Haupttätigkeit wirtschaftlich im Vordergrund stehen muss. Daher ist gemäß § 7 Abs. 4 LuF-PauschVO 2015 für die Beurteilung der wirtschaftlichen Unterordnung eine Gesamtbetrachtung über alle Nebentätigkeiten hinweg vorzunehmen. Nach dieser Bestimmung liegt eine wirtschaftliche Unterordnung von Nebenbetrieben und Nebenerwerben nur dann vor, wenn die daraus resultierenden gemeinsamen Einnahmen 45.000 Euro (bis 2022: 40.000 Euro) inklusive USt nicht übersteigen. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Unterordnung einer Mehrzahl von Nebenbetrieben und/oder Nebenerwerben ist daher sowohl eine isolierende als auch eine zusammenfassende Beurteilung der Nebentätigkeiten vorzunehmen.

In einem ersten Schritt ist der zu beurteilende Betrieb bzw. die zu beurteilende Tätigkeit isoliert zu prüfen, ob eine wirtschaftliche Unterordnung gegenüber dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb besteht. Ist dies nicht der Fall, liegt ein eigenständiger Gewerbebetrieb vor. Ist aber bei der isolierten Beurteilung von einer wirtschaftlichen Unterordnung auszugehen, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Gesamtheit aller grundsätzlich als Nebenbetrieb bzw. Nebenerwerb zu beurteilenden Tätigkeiten gegenüber dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb wirtschaftlich untergeordnet ist. Nur wenn dies zu bejahen ist, liegen land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeiten vor. Ist eine gesamthafte wirtschaftliche Unterordnung nicht gegeben, stellen alle zu beurteilenden Tätigkeiten keine land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit dar, sondern sind als gewerblich zu beurteilen. Wird eine Tätigkeit aber von Haus aus als gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, scheidet sie bereits dem Grunde nach aus der Prüfung der wirtschaftlichen Unterordnung aus.

Rz 4208b
Im Anwendungsbereich der LuF-PauschVO ist die Gesamtbeurteilung der Nebentätigkeiten allerdings insoweit in "Töpfe" zu unterteilen, als in § 7 Abs. 4 LuF-PauschVO 2015 die 45.000 Euro (2020 bis 2022: 40.000 Euro)-Grenze nicht für alle Nebentätigkeiten einheitlich anzuwenden ist. Nebenbetriebe, die keine Be- und/oder Verarbeitung darstellen (zB Substanzbetriebe) und Tätigkeiten der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe auf reiner Selbstkostenbasis sind nicht in die 45.000 Euro-Grenze einzubeziehen. Für die bäuerliche Nachbarschaftshilfe besteht eine gesonderte 45.000 Euro-Einnahmen-Grenze für die Beurteilung der wirtschaftlichen Unterordnung, wobei die bäuerliche Nachbarschaftshilfe unabhängig von der Art der Tätigkeiten als eine einheitliche Tätigkeit anzusehen ist, sodass eine isolierte Prüfung der einzelnen Tätigkeiten in diesem Fall entfällt (siehe dazu Rz 4206).

Im Anwendungsbereich der LuF-PauschVO 2015 ist daher für die Gesamtbeurteilung der Nebentätigkeiten eine entsprechende Segmentierung vorzunehmen. Dh. neben der Be- und/oder Verarbeitung und den Nebenerwerben ist jedenfalls für die bäuerliche Nachbarschaftshilfe auf reiner Selbstkostenbasis eine gesonderte Beurteilung der wirtschaftlichen Unterordnung vorzunehmen und in die Gesamtbetrachtung für die übrigen Nebentätigkeiten nicht einzubeziehen. Die wirtschaftliche Unterordnung ist daher für jeden Topf gesondert zu beurteilen. Daher sind Bruttoeinnahmen eines anderen Topfes bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Unterordnung der Tätigkeiten in einem Topf außer Ansatz zu lassen.

Diese Sichtweise gilt aber nicht für den Fall, dass die LuF-PauschVO nicht angewendet wird. In diesem Fall ist die 45.000 Euro (2020 bis 2022: 40.000 Euro)-Grenze des § 7 Abs. 4 LuF-PauschVO 2015 nicht anwendbar und somit ist auch die Anordnung, dass die Einkünfte aus der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe bei dieser nicht zu berücksichtigen sind, nicht wirksam. Somit ist die bäuerliche Nachbarschaftshilfe nicht einem gesonderten Beurteilungskreis zugewiesen und die Gesamtbetrachtung hat sich daher über den gesamten Bereich der Nebentätigkeiten zu erstrecken.

Beispiele:

Fall 1 - Aufzeichnungspflichtige Nebentätigkeiten (ohne Be- und Verarbeitung)

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb 150.000 Euro

Bruttoeinnahmen aus Bauern-(Holz)akkordantentätigkeit

40.000

Bruttoeinnahmen aus Winterdienst

20.000

Bruttoeinnahmen aus Kulturpflege im ländlichen Raum

15.000

Gesamtbruttoeinnahmen Nebentätigkeiten

75.000

Die Einnahmengrenze von 45.000 Euro inkl. USt ist überschritten, somit ist der Vergleich der Bruttoeinnahmen notwendig (siehe Rz 4203):

1. Isolierte Beurteilung

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus Holzakkord

40.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

190.000

25% der Gesamteinnahmen

47.500

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus Winterdienst

20.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

170.000

25% der Gesamteinnahmen

42.500

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus Kulturpflege

15.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

165.000

25% der Gesamteinnahmen

41.250

Die Bruttoeinnahmen jeder einzelnen Nebentätigkeit liegen für sich gesehen unter 25% der Gesamteinnahmen, die wirtschaftliche Unterordnung ist jeweils gegeben.

2. Gesamtbeurteilung

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus allen Nebentätigkeiten

75.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

225.000

25% der Gesamteinnahmen

56.250

Insgesamt liegt keine wirtschaftliche Unterordnung vor, sodass die gesamten Nebentätigkeiten nicht mehr als luf-Nebentätigkeiten, sondern als Gewerbebetriebe zu werten sind.

Fall 2 - Aufzeichnungspflichtige Nebentätigkeiten (ohne Be- und Verarbeitung)

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb 150.000 Euro

Bruttoeinnahmen aus Bauern-(Holz)akkordantentätigkeit

52.000

Bruttoeinnahmen aus Winterdienst

20.000

Bruttoeinnahmen aus Kulturpflege im ländlichen Raum

15.000

Gesamtbruttoeinnahmen Nebentätigkeiten

87.000

Die Einnahmengrenze von 45.000 Euro inkl. USt ist überschritten, somit ist der Vergleich der Bruttoeinnahmen notwendig (siehe Rz 4203).

1. Isolierte Beurteilung

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus Holzakkord

52.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

202.000

25% der Gesamteinnahmen

50.500

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus Winterdienst

20.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

170.000

25% der Gesamteinnahmen

42.500

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus Kulturpflege im ländlichen Raum

15.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

165.000

25% der Gesamteinnahmen

41.250

Die Bruttoeinnahmen aus der Nebentätigkeit "Holzakkord" betragen mehr als 25% der Gesamteinnahmen. Die wirtschaftliche Unterordnung ist daher nicht mehr gegeben. Es liegt somit ein Gewerbebetrieb vor. Diese Tätigkeit ist für die Beurteilung der wirtschaftlichen Unterordnung der übrigen Nebentätigkeiten nicht weiter von Belang.

Die wirtschaftliche Unterordnung für die verbliebenen Nebentätigkeiten "Winterdienst" und "Kulturpflege im ländlichen Raum" ist jeweils gegeben.

2. Gesamtbeurteilung

Bruttoeinnahmen Hauptbetrieb

150.000

Bruttoeinnahmen aus verbliebenen Nebentätigkeiten

35.000

Gesamteinnahmen zur Beurteilung der Unterordnung

185.000

25% der Gesamteinnahmen

46.250

Die Bruttoeinnahmen aus verbliebenen Nebentätigkeiten liegen insgesamt unter 25% der Gesamteinnahmen, sodass diese Tätigkeiten luf-Nebentätigkeiten darstellen.

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