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16. Änderungen der Bemessungsgrundlage (§ 16 UStG 1994)

BMF2023-0.877.67515.12.2023

16.1. Minderung, Erhöhung

16.1.1. Allgemeines

Rz 2381
Voraussetzung für die Berichtigungspflicht ist das Vorliegen eines steuerpflichtigen Umsatzes. Ein steuerfreier Umsatz löst mangels eines Steuer- bzw. Vorsteuerbetrages keine Berichtigungspflicht aus, gleichgültig, ob mit dem steuerfreien Umsatz der Verlust des Vorsteuerabzuges verbunden ist oder nicht (vgl. EuGH 11.3.2021, Rs C-802/19 , Z gegen Finanzamt Y). Hingegen bleibt die Verpflichtung zur Vornahme der Berichtigung bei einem steuerpflichtigen Umsatz auch dann bestehen, wenn dieser an einen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer ausgeführt wird. Für den leistenden Unternehmer ist somit allein die Tatsache maßgebend, dass sich die Bemessungsgrundlage für seinen (steuerpflichtigen) Umsatz geändert hat. Der Berichtigungspflicht des leistenden Unternehmers steht die Verpflichtung des Leistungsempfängers gegenüber, eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen (vgl. EuGH 28.5.2020, Rs C-684/18 , World Comm Trading Gfz SRL). Die Verpflichtung zur Vorsteuerkorrektur trifft allerdings nur den Leistungsempfänger, der ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Rz 2382
Die häufigsten Fälle für eine Änderung der Bemessungsgrundlage sind die Zurückgewährung von Entgelten (zB bei teilweiser Rückgängigmachung des dem Umsatz zu Grunde liegenden Rechtsgeschäftes), Entgeltsminderungen (zB Skonti, Rabatte), Entgeltserhöhungen (zB aufgrund einer Wertsicherungsklausel) und die Uneinbringlichkeit des Entgelts. Auch ein Forderungsverzicht führt zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1994 und löst eine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Vorsteuerkorrektur aus (vgl. VwGH 26.2.2014, 2009/13/0254). Die ledigliche Nichtbezahlung des Entgelts führt hingegen nicht zur Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 Abs. 1 UStG 1994 (vgl. EuGH 15.5.2014, Rs C-337/13 , Almos Agrárkülkereskedelmi kft).

Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem letzten Abnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, ändert sich die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen, auch wenn die Erstattung oder der Preisnachlass nicht in der unmittelbaren Leistungsbeziehung gewährt wird (vgl. EuGH 24.10.1996, Rs C-317/94 , Elida Gibbs; EuGH 15.10.2002, Rs C-427/98 , Kommission/Deutschland; BFH 13.7.2006, V R 46/05).

Während es bei weiteren Unternehmern in einer solchen Leistungskette weder zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage der Umsätze noch zu einer Vorsteuerkorrektur kommt, hat der letzte Abnehmer, sofern er zum Vorsteuerabzug berechtigt war, diesen ebenfalls zu berichtigen (siehe Rz 2396).

Handelt es sich bei der Lieferung des ersten Unternehmers in der Leistungskette um eine von einem anderen Mitgliedstaat ausgehende innergemeinschaftliche Lieferung, ist davon abweichend Folgendes zu berücksichtigen: Da die innergemeinschaftliche Lieferung idR steuerfrei ist, kann die Gewährung des Rabattes zwar nach Maßgabe der im jeweiligen Mitgliedstaat geltenden Vorschriften zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage führen, dies hat aber mangels Steuerpflicht der Lieferung keine weitere Auswirkung auf das Steueraufkommen. Demzufolge besteht keine Veranlassung für den letzten Abnehmer in der Kette, den Vorsteuerabzug - sofern er einen solchen vornehmen konnte - zu berichtigen.

Gewährt ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung, die von einem Reiseveranstalter erbracht wird, sind die oben genannten Grundsätze nicht anzuwenden und ist eine Änderung (Minderung) der Bemessungsgrundlage beim Vermittler nicht zulässig (vgl. EuGH 16.1.2014, Rs C-300/12 , Ibero Tours GmbH).

Rz 2383
Wird ein Skonto in Anspruch genommen, so ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen, je nachdem, ob der Skontoabzug vom Gesamtpreis einschließlich Umsatzsteuer (Bruttomethode) oder nur vom Entgelt (Nettomethode) vorgenommen wird.

Beispiel:

Es wird ein Gegenstand um 100 Euro plus 20 Euro USt, also um insgesamt 120 Euro geliefert. Bei Zahlung innerhalb von zwei Wochen ist ein Skonto von 3% vereinbart.

    • Bruttomethode:
      Der Leistungsempfänger zahlt 116,40 Euro (120 Euro abzüglich 3,60 Euro Skonto).
      Der Leistende hat das Lieferentgelt auf 97 Euro (116,40 Euro x 0,166) und den für die Lieferung geschuldeten Steuerbetrag auf 19,40 Euro (20% von 97 Euro) zu berichtigen.
      Der Leistungsempfänger hat den Vorsteuerabzug auf 19,40 Euro zu berichtigen.
    • Nettomethode:
      Der Skonto (3%) wird von 100 Euro berechnet. Der Leistungsempfänger zahlt somit nicht 120 Euro, sondern 117 Euro.
      Der Leistende hat das Lieferentgelt auf 97,50 Euro (117 Euro x 0,166) und den Steuerbetrag auf 19,50 Euro (20% von 97,50 Euro) zu berichtigen.
      Der Leistungsempfänger hat den Vorsteuerabzug auf 19,50 Euro zu berichtigen.

Rz 2384
Die Erstattung der Normverbrauchsabgabe nach § 12 NoVAG 1991 durch das Finanzamt an den Erwerber stellt weder für den Veräußerer noch für den Erwerber des KFZ eine Entgeltsminderung nach § 16 UStG 1994 dar.

Rz 2385
Grundlage für die Berichtigung des Entgelts ist jeweils der Minderungs-(Erhöhungs-)Betrag und der Steuersatz, dem der betreffende Umsatz unterzogen wurde.

Rz 2386
Eine Verpflichtung zur Belegerteilung besteht nur in jenen Fällen, in welchen das Gesetz ausdrücklich eine solche vorsieht. So ist zB im § 11 Abs. 13 UStG 1994 eine Berichtigung der Rechnung vorgesehen, wenn sich das Entgelt wegen des Abzuges von Wechselvorzinsen vermindert hat und in den Fällen des § 16 Abs. 5 UStG 1994.

Die Berichtigung hat jeweils für den Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.

Ist vereinbart, dass der leistende Unternehmer einen Rabatt gewährt und den hierfür vorgesehenen Geldbetrag auf ein separates, aber in seinem eigenen Verfügungsbereich stehendes Konto bucht, ist eine Minderung der Bemessungsgrundlage beim leistenden Unternehmer erst dann gegeben, wenn dem Kunden ein Teil des ursprünglichen Entgelts von diesem Konto ausbezahlt wurde oder dieser tatsächlich anderweitig darüber verfügen kann (vgl. EuGH 29.05.2001, Rs C-86/99 , "Freemans plc").

Rz 2387
Die gegenständliche Bestimmung ist nur für nachträgliche Änderungen der Bemessungsgrundlage von Bedeutung. Änderungen, die noch vor der Versteuerung eingetreten sind, lassen sich bereits bei der Steuerberechnung für den jeweiligen Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum berücksichtigen und stellen daher keinen Anwendungsfall des § 16 UStG 1994 dar.

Rz 2387a
Die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Z 2 UStG 1994 stellt - neben der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten - auf die Anzahlungsbesteuerung ab, bei welcher die Umsatzsteuerschuld bereits dann entsteht, wenn die Anzahlung vereinnahmt, die Lieferung oder sonstige Leistung aber noch nicht ausgeführt wurde. Der die Anzahlung Leistende hat das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn eine Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet wurde. Unterbleibt in weiterer Folge die Leistung, so sind der vom Anzahlungsempfänger aufgrund der Anzahlung geschuldete Umsatzsteuerbetrag und der vom Anzahlenden in Anspruch genommene Vorsteuerbetrag zu berichtigen (VwGH 8.9.2022, Ra 2020/15/0102).

16.1.2. Entgeltsänderung infolge Uneinbringlichkeit

Rz 2388
Eine Berichtigung von Steuer und Vorsteuer ist auch dann vorzunehmen, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Ob und wann eine Forderung als uneinbringlich angesehen werden kann, wird nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden sein (vgl. VwGH 4.8.2022, Ra 2022/13/0070). Ist die Einbringlichkeit einer Forderung bloß zweifelhaft, kann noch nicht von einer Uneinbringlichkeit gesprochen werden (VwGH vom 3.9.2008, 2003/13/0109). Die Bildung einer Delkrederepost wegen Zweifelhaftigkeit einer Forderung berechtigt daher noch nicht zu einer Entgeltsberichtigung im Sinne dieser Bestimmung. Erst die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder die Minderung des Entgelts auf Grund eines Gerichtsurteiles oder Vergleiches usw. stellen echte Fälle von Uneinbringlichkeit dar (vgl. VwGH 29.1.2015, 2012/15/0012). Im Zweifel wird das Finanzamt den Nachweis der Uneinbringlichkeit einer Forderung verlangen müssen.

Rz 2389
Ein Belegaustausch ist in der gegenständlichen Bestimmung nicht vorgesehen. Der Unternehmer, dessen Forderung ganz oder teilweise uneinbringlich geworden ist, kann daher in Höhe des Forderungsausfalles eine Entgeltsminderung vornehmen, ohne den Schuldner hievon verständigen zu müssen. Das Finanzamt des berichtigenden Unternehmers (Gläubigers) hat jedoch das Finanzamt des zahlungsunfähigen Unternehmers (Schuldners) auf die Uneinbringlichkeit der Forderung im Wege einer Kontrollmitteilung hinzuweisen.

16.1.3. Nachträgliche Änderung der Einfuhrumsatzsteuer

Rz 2390
Durch diese Bestimmung wird die Berichtigung des Vorsteuerabzuges in jenen Fällen geregelt, in welchen die als Vorsteuer abgezogene Einfuhrumsatzsteuer nachträglich herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden ist.

16.1.4. Nachträgliche Entgeltsänderungen bei unterschiedlich besteuerten Leistungen

Rz 2391
Durch diese Bestimmung wird eine Belegerteilungspflicht für jene Fälle statuiert, in welchen Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnittes gemeinsam geändert werden. Aus dem Beleg, den der Unternehmer dem Leistungsempfänger zu erteilen hat, muss zu ersehen sein, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.

Rz 2392
Dieser Bestimmung wird insbesondere in allen jenen Fällen Bedeutung zukommen, in welchen Jahresboni oder Jahresrückvergütungen gewährt werden, was vor allem bei Genossenschaften sehr häufig vorkommt. Die Aufteilung der Entgeltsminderungen auf die Steuersätze kann für den Unternehmer allerdings oft mit großen Schwierigkeiten verbunden sein. Aus Vereinfachungsgründen können Unternehmer, denen auf Grund des § 18 Abs. 7 UStG 1994 vom Finanzamt die nachträgliche Trennung der Entgelte nach Steuersätzen gestattet worden ist, nachträgliche Entgeltsminderungen (zB durch Skonti, Rabatte oder sonstige Preisnachlässe) nach dem Verhältnis zwischen den Umsätzen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, sowie den steuerfreien und nichtsteuerbaren Umsätzen eines Voranmeldungszeitraumes aufteilen. Die FÄ können auch anderen Unternehmern, die in großem Umfang Umsätze ausführen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, auf Antrag gegen jederzeitigen Widerruf Erleichterungen für die Trennung nachträglicher Entgeltsminderungen gewähren. Diesen Unternehmern kann ebenfalls gestattet werden, die Entgeltsminderungen eines Voranmeldungszeitraumes in dem gleichen Verhältnis aufzuteilen, in dem die nichtsteuerbaren, steuerfreien und die verschiedenen Steuersätzen unterliegenden Umsätze des gleichen Zeitraumes zueinander stehen. Voraussetzung für die Zulassung dieses Verfahrens ist, dass die Verhältnisse zwischen den Umsatzgruppen innerhalb der einzelnen Voranmeldungszeiträume keine nennenswerten Schwankungen aufweisen.

16.1.5. Pfandgeld für Warenumschließungen

Rz 2393
Die Lieferung der Waren und die Überlassung der Warenumschließung bilden in der Regel eine einheitliche Leistung im Sinne von Haupt- und Nebenleistung. Der Käufer erhält die Ware nur dann, wenn er außer dem Kaufpreis auch das Pfandgeld für die Warenumschließung (zB Flaschenpfand, "Kaution" für Gasflaschen und Gastanks) entrichtet. Das vom Abnehmer aufgewendete Pfandgeld für die Warenumschließung ist Teil des Entgelts für die einheitliche Warenlieferung. Die Rückerstattung des Pfandgelds stellt regelmäßig eine Entgeltsminderung dar. Grundsätzlich kann jedoch bei einem Unternehmer nur jenes Leergut eine Entgeltsminderung auslösen, für welches vorher von diesem Unternehmer das Pfandgeld eingehoben wurde (VwGH 30.5.1988, 86/15/0119).

Da die Beurteilung, ob nach diesen Grundsätzen die Leergutrücknahme bzw. die Rückgewährung des Pfandgeldes zu einer Entgeltsminderung führt, nur über einen längeren Zeitraum möglich ist, ist aus Vereinfachungsgründen ein Überhang an zurückgegebenem Leergut von bis zu 20% der im selben Jahr veräußerten Leergutmenge zu tolerieren.

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