Mit dem ÖkoStRefG 2022 Teil I, BGBl. I Nr. 10/2022, wurde eine steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung für Arbeitnehmer geschaffen. Im Rahmen dieser Info werden die wichtigsten Fragen zu dieser Steuerbefreiung beantwortet. Die wichtigsten Aussagen dieser Info werden im Rahmen der nächsten Wartung in die LStR 2002 eingearbeitet.
1. Was ist unter dem Begriff Gewinnbeteiligungen zu verstehen?
Der Gesetzestext definiert die Gewinnbeteiligung grundsätzlich als Beteiligung der Arbeitnehmer am unternehmensrechtlichen Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) der im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahre. Die Mitarbeitergewinnbeteiligung ist daher vergangenheitsbezogen als Beteiligung am Vorjahresergebnis zu verstehen, zu welchem die Mitarbeiter beigetragen haben.
2. In welchem Ausmaß kann eine Gewinnbeteiligung steuerfrei an Mitarbeiter gewährt werden?
Die Begünstigung beträgt pro Arbeitnehmer jährlich maximal bis zu 3.000 Euro. Die Mitarbeitergewinnbeteiligung ist in das Lohnkonto aufzunehmen und am Jahreslohnzettel (L16) auszuweisen.
§ 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 sieht daneben eine unternehmensbezogene Deckelung vor. Übersteigt die Summe der jährlich gewährten Gewinnbeteiligung das unternehmensrechtliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) der im letzten Kalenderjahr endenden Wirtschaftsjahre, besteht insoweit keine Steuerfreiheit. Ermittelt das Unternehmen des Arbeitgebers seinen Gewinn nicht nach § 5 EStG 1988, kann bei Vorliegen eines Betriebsvermögensvergleichs gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 statt auf unternehmensrechtliche Werte auf die entsprechenden steuerlichen Werte abgestellt werden; ansonsten ist der steuerliche Vorjahresgewinn maßgeblich. Gehört das Unternehmen des Arbeitgebers zu einem Konzern, kann alternativ bei sämtlichen Unternehmen des Konzerns auf das EBIT des Konzerns abgestellt werden.
Insoweit die jeweils maßgebliche Grenze überschritten wird, ist die Zuwendung steuerpflichtig. Bei einer allfälligen Überschreitung des Höchstbetrages haftet der Arbeitgeber gemäß § 82 EStG 1988hinsichtlich der Lohnsteuer, die auf den zu Unrecht steuerfrei belassenen Teil der Zuwendung entfällt.
3. Bezieht sich die Begünstigungsgrenze von 3.000 Euro auf die Gewinnbeteiligung vor Abzug der SV-Beiträge oder auf die Gewinnbeteiligung nach Abzug der SV-Beiträge?
Die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 bezieht sich auf den Bruttobetrag der Mitarbeitergewinnbeteiligung ohne Abzug hierauf entfallender Dienstnehmeranteile zu den Sozialversicherungsbeiträgen.
4. Ist die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 als Freibetrag oder als Freigrenze zu verstehen?
Bei der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 handelt es sich um einen Freibetrag.
5. Ist eine Gewinnbeteiligung auch dann begünstigt, wenn diese von einem Konzernunternehmen gewährt wird?
Die Steuerbefreiung betrifft Gewinnbeteiligungen des Arbeitgebers. Zwar kann für die Deckelung der insgesamt gewährten Gewinnbeteiligungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 alternativ bei sämtlichen Unternehmen des Konzerns auf das EBIT des Konzerns abgestellt werden, jedoch ist die Befreiung nur anwendbar, wenn die Gewinnbeteiligung von einem Arbeitgeber im Sinne des § 47 Abs. 1 EStG 1988 gewährt wird. Nicht anwendbar ist die Steuerbefreiung, wenn die Prämie als Entgelt von dritter Seite, zB von der Konzernmutter, an die Arbeitnehmer gewährt wird.
6. Ab wann kann die Gewinnbeteiligung steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 ausbezahlt werden?
Analog zur bereits bestehenden steuerbegünstigten Mitarbeiterkapitalbeteiligung wird rückwirkend ab 1. Jänner 2022 eine steuerliche Begünstigung für die Beteiligung von Mitarbeitenden am Erfolg des Unternehmens eingeführt. Damit können ab 1. Jänner 2022 Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum Lohn bzw. Gehalt eine Gewinnbeteiligung von bis zu 3.000 Euro im Kalenderjahr steuerfrei auszahlen. Die Befreiung für Gewinnbeteiligungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 gilt bereits ab 2022 und bezieht sich für Auszahlungen im Kalenderjahr 2022 auf Unternehmensgewinne des Jahres 2021 bzw. des Wirtschaftsjahres, das im Kalenderjahr 2021 geendet hat.
7. Wie kann diese Befreiung beansprucht werden?
Die Inanspruchnahme der Befreiung setzt eine freiwillige Zuwendung der Arbeitgeber an Arbeitnehmer voraus, wird im Rahmen der Lohnverrechnung berücksichtigt und ist am Lohnkonto und am Lohnzettel (L16) als steuerfreie Einkünfte gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 auszuweisen.
8. Ist es zulässig, die Gewährung der steuerfreien Gewinnbeteiligung von leistungsbezogenen Parametern abhängig zu machen?
Die Höhe der Gewinnbeteiligung kann, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 vorliegen, auch von leistungsbezogenen Kriterien (zB Umsatz, Erlös, Deckungsbeitrag) abhängig sein. Grundvoraussetzung für die Gewährung einer steuerfreien Gewinnbeteiligung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 ist aber, dass die Zuwendungen an alle Arbeitnehmer oder an bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern geleistet werden. Damit diese Voraussetzung erfüllt wird, muss die Höhe der jeweiligen Gewinnbeteiligung sachlich begründet und aus der freiwilligen Vereinbarung bestimmbar sein.
9. Was ist unter dem Begriff "alle Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern" zu verstehen?
Das sogenannte Gruppenmerkmal für steuerfreie Gewinnbeteiligungen nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 ist analog der übrigen Bestimmungen des EStG 1988 auszulegen, welche als Voraussetzungen für deren Anwendbarkeit die Zuwendung an alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vorsehen.
Demnach sind unter Gruppen von Arbeitnehmern zB Großgruppen wie alle Arbeiter, alle Angestellten, Schichtarbeiter oder abgegrenzte Berufsgruppen wie zB Chauffeure, Monteure, Innendienst- bzw. Außendienstmitarbeiter, gesamtes kaufmännisches oder technisches Personal, Verkaufspersonal, alle Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von einer bestimmten Anzahl von Jahren zu verstehen. Trifft ein Gruppenmerkmal nur auf einen Arbeitnehmer zu, stellt auch dieser eine Arbeitnehmer einer Gruppe im obigen Sinne dar. Die Gruppenmerkmale müssen betriebsbezogen sein (vgl. VwGH 5.5.1982, 3003/80; VwGH 18.10.1995, 95/13/0062). Das Erfordernis der Betriebsbezogenheit ist bedeutsam für die sachliche Begründung einer Gruppenbildung. Eine willkürliche Gruppenbildung - etwa nach Maßstäben persönlicher Vorlieben oder Nahebeziehungen - kann nicht zur Steuerbefreiung führen. Ob die Gruppenbildung sachlich begründbar ist, hängt im Einzelfall aber auch von der Art des mit der Gruppenzugehörigkeit verbundenen Vorteils und vom Zweck der Steuerbefreiung ab (vgl. VwGH 27.07.2016, 2013/13/0069). Das Gruppenmerkmal ist demnach nicht erfüllt, wenn willkürlich nur bestimmte Personen eine Gewinnbeteiligung erhalten.
10. Ist das Gruppenmerkmal auch hinsichtlich der Höhe der Gewinnbeteiligung maßgebend?
Die Inanspruchnahme der Befreiung erfolgt auf Basis einer freiwilligen Einigung zwischen Arbeitnehmern sowie deren Arbeitgeber. Innerhalb aller Arbeitnehmer oder einer Gruppe von Arbeitnehmern kann die Höhe des gewährten Vorteils nach objektiven Merkmalen unterschiedlich gestaffelt sein (zB im Ausmaß eines Prozentsatzes des Bruttobezuges). Ein unterscheidendes Merkmal in Form der Erreichung einer individuellen Zielvorgabe ist für die Zuordnung bestimmter Arbeitnehmer zu einer Gruppe allerdings nicht geeignet, sondern handelt es sich um individuelle Leistungsbelohnungen, die gemäß § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 oder bei monatlicher Auszahlung als laufender Bezug zu versteuern sind.
Eine unterschiedliche Staffelung der Gewinnbeteiligung innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmern muss daher anhand objektiver Kriterien sachlich begründet und nachvollziehbar sein. Dies ist dann nicht Fall, wenn einzelne Mitarbeiter der Gruppe ohne sachliche Begründung abweichende, vorteilhaftere Prämienzusagen erhalten haben.
11. Darf die Zahlung auf einer lohngestaltenden Vorschrift beruhen?
Die Zahlung darf nicht aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 und auch nicht anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder einer üblichen Lohnerhöhung erfolgen. Hingegen sind innerbetriebliche Vereinbarungen für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 zulässig. Demnach können bisher individuell ohne Rechtsanspruch oder bisher auf Grund einer Vereinbarung iSd § 68 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 gewährte Prämien (zB auf Grundlage des § 97 Abs. 1 Z 16 ArbVG) als steuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung behandelt werden, sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 erfüllt sind.
Individuell vereinbarte Leistungsbelohnungen, die bisher vom Arbeitgeber (freiwillig) gewährt wurden, gelten nicht als Teil des bisher gezahlten Arbeitslohns. Derartige bisher individuell vereinbarte Leistungsbelohnungen können als steuerfreie Gewinnbeteiligung gewährt werden, wenn diese (nunmehr) allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird.
Beispiele:
1. Einem Mitarbeiter wurde in den vergangenen Jahren jährlich auf Basis einer Vereinbarung im Dienstvertrag eine Erfolgsprämie gewährt.
Eine ab 1.1.2022 allfällig gewährte Erfolgsprämie kann als Mitarbeitergewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 behandelt werden, wenn diese (hinkünftig) allen Mitarbeitern oder Gruppen von Mitarbeitern gewährt wird.
2. In einer innerbetrieblichen Vereinbarung gemäß § 97 Abs. 1 Z 16 ArbVG wurde für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern ( § 68 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 ) vor einigen Jahren ein Prämienmodell entwickelt, wonach den Mitarbeitern eine Erfolgsprämie, die sich an vereinbarten Gewinnzielen orientiert, vereinbart wurde.
Nachdem diese Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs. 1 Z 16 ArbVG für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gilt, erfüllt diese Erfolgsprämie grundsätzlich die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 und kann an Mitarbeiter bis zu jeweils 3.000 Euro im Kalenderjahr steuerfrei gewährt werden.
12. Nach welchen Kriterien ist zu beurteilen, was eine "übliche Lohnerhöhung" iSd § 3 Abs. 1 Z 35 lit. d EStG 1988 darstellt?
Unter einer üblichen Lohnerhöhung sind einerseits die üblichen Erhöhungen der kollektivvertraglichen Mindestlöhne zu verstehen, andererseits aber auch damit verbundene üblicherweise gewährte Erhöhung der Ist-Löhne. Weiters fallen darunter auch Lohnerhöhungen, welche aus einer anderen kollektivvertraglichen Einstufung, zB auf Grund einer Verwendungsänderung, resultieren.
13. Ist die Höhe der steuerfreien Gewinnbeteiligung auch vom Ausmaß der Arbeitszeit abhängig?
Nein, das Ausmaß der Arbeitszeit (Vollzeit oder Teilzeit) hat auf die maximale Höhe der steuerfreien Gewinnbeteiligung keine Auswirkung. Jedoch kann das Beschäftigungsausmaß als betriebsbezogenes Gruppenmerkmal Berücksichtigung finden.
14. Kann neben der neuen steuerfreien Gewinnbeteiligung auch eine Prämie nach der sogenannten "Formel 7" ausgezahlt werden?
Eine steuerfreie Gewinnbeteiligung nach § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 kann sowohl gemeinsam mit dem laufenden Bezug als auch als sonstiger Bezug gewährt werden. Allerdings dürfen im Kalenderjahr höchsten 3.000 Euro steuerfrei im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 behandelt werden. Gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 erhöht die steuerfreie Gewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 jedoch nicht das Jahressechstel und wird auch nicht auf das Jahressechstel angerechnet.
Selbstverständlich können neben einer steuerfreien Gewinnbeteiligung steuerpflichtige Prämien oder Provisionen ausbezahlt werden (siehe LStR 2002 Rz 1052).
15. Können neben der steuerfreien Gewinnbeteiligung auch steuerfreie Beteiligungen am Unternehmen nach § 3 Abs. 1 Z 15 lit. b EStG 1988 und Aktien an Arbeitgebergesellschaften nach § 3 Abs. 1 Z 15 lit. c EStG 1988 gewährt werden?
Ja, das ist möglich.
16. Was bedeutet "aktive" Arbeitnehmer?
Unter aktiven Arbeitnehmern sind grundsätzlich Personen zu verstehen, welche sich in einem aufrechten Dienstverhältnis befinden und zwar auch dann, wenn für eine gewisse Zeit kein Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht (zB Elternkarenz).
Kein aktives Dienstverhältnis besteht, wenn dieses arbeitsrechtlich beendet ist. Die maximale Höhe der insgesamt gewährten Gewinnbeteiligungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988 orientiert sich am unternehmensrechtlichen Ergebnis des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und ist somit vergangenheitsbezogen. Bezieht sich daher eine Gewinnbeteiligung, welche nach Beendigung des Dienstverhältnisses (zB wegen Pensionierung) an einen ehemaligen Arbeitnehmer ausbezahlt wird, auf Zeiträume des aktiven Dienstverhältnisses, ist auch diese Gewinnbeteiligung steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988.
17. Wie sind die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung, welche auf die steuerfreie Gewinnbeteiligung entfallen, zu behandeln?
Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen Aufwendungen und Ausgaben, welche in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, nicht abgezogen werden. Daher dürfen die Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung, welche auf die steuerfreie Gewinnbeteiligung entfallen, von der Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer nicht abgezogen werden.
Im Lohnzettel (L16 ab 2022) wird dies in der der Vorkolonne zur Kennzahl 243 und in der Kennzahl 226 entsprechend berücksichtigt.
Bundesministerium für Finanzen, 25. März 2022
Anmerkungen:
In LStR 2002 eingearbeitet.
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 3 Abs. 1 Z 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Gewinnbeteiligung, steuerfrei, Mitarbeiter, SV-Beiträge, Freibetrag, Freigrenze, Konzernunternehmen, Befreiung, Arbeitnehmer, Gruppenmerkmal, Lohnerhöhung, Arbeitszeit, lohngestaltende Vorschriften, Formel 7, Aktien |
Verweise: | LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 |