25b.1. Voraussetzungen
Unternehmer, die Einfuhr-Versandhandelsumsätze (siehe § 3 Abs. 8a UStG 1994) von Drittlandswaren in das Gemeinschaftsgebiet tätigen, können sich - unter bestimmten Bedingungen - dafür entscheiden, sich in nur einem Mitgliedstaat erfassen zu lassen und dort die Steuer über den Import-One-Stop-Shop (IOSS) zu erklären und abzuführen. Die Umsatzsteuer wird über den IOSS in die jeweiligen Mitgliedstaaten, in denen die Steuer geschuldet wird, weitergeleitet. Betroffen sind Einfuhr-Versandhandelsumsätze, bei denen der Einzelwert je Sendung 150 Euro nicht übersteigt. Die Sonderregelung für den IOSS gilt nicht für verbrauchsteuerpflichtige Waren.Für einen Überblick über die verschiedenen One-Stop-Shop-Sonderregelungen ab 1.7.2021 nach Leistungserbringer (EU-Unternehmer und Drittlandsunternehmer) und Umsatz siehe Rz 4300d.
Die Inanspruchnahme des IOSS ist optional. Entscheidet sich der Unternehmer, die Steuer über den IOSS abzuführen, ist die Einfuhr der betroffenen Gegenstände bei Vorliegen aller Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 4 Z 9 UStG 1994 von der EUSt befreit. Bei Inanspruchnahme hat der Unternehmer alle Einfuhr-Versandhandelsumsätze, bei denen der Einzelwert der Waren je Sendung 150 Euro nicht übersteigt, über den IOSS zu erklären. Der IOSS kann nicht auf einzelne Mitgliedstaaten beschränkt werden.
Beispiel:
Ein österreichischer Händler verkauft über seine Website Kleidungsstücke an Privatpersonen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten. Die Kleidungsstücke werden direkt aus seiner Produktionsstätte im Drittstaat an die Privatpersonen versendet. Der Unternehmer hat sich in Österreich zum IOSS (§ 25b UStG 1994) registriert. Der Einzelwert der Sendungen übersteigt 150 Euro nicht.
Lösung:
Der Lieferort der Versendungen liegt gemäß § 3 Abs. 8a lit. b UStG 1994 im jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat. Der österreichische Händler kann die Umsatzsteuer für die jeweiligen Mitgliedstaaten in seiner monatlichen IOSS-Erklärung über FinanzOnline erklären und durch eine monatliche Überweisung auf sein IOSS-Konto abführen. Die jeweilige Einfuhr ist, bei Vorliegen aller Voraussetzungen, steuerfrei (§ 6 Abs. 4 Z 9 UStG 1994). Dafür hat der Händler dem von ihm beauftragten Transporteur seine IOSS-Identifikationsnummer mitzuteilen, damit dieser sie der zuständigen Zollstelle bei der Einfuhr bekanntgeben kann.
Der IOSS steht im Wesentlichen Unternehmern zur Verfügung, die
- ihr Unternehmen oder eine Betriebsstätte im Gemeinschaftsgebiet haben; oder
- sich durch einen im Gemeinschaftsgebiet niedergelassenen Unternehmer (Vertreter) vertreten lassen (zum Vertreter siehe Rz 3438).
Der Mitgliedstaat der Identifizierung (MSI) ist jener Staat, in dem der Unternehmer (bzw. der Vertreter) zum IOSS registriert ist. Dies ist der Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Befindet sich dieser im Drittlandsgebiet, kann der Unternehmer (bzw. der Vertreter) einen Staat als MSI wählen, in dem er eine Betriebsstätte hat. Hat er mehrere Betriebstätten in unterschiedlichen Mitgliedstaaten, kann er einen dieser Staaten als MSI wählen. Der Unternehmer (bzw. Vertreter) ist an die Wahl des MSI für das betroffene Jahr und die beiden darauffolgenden Kalenderjahre gebunden.
Zum Wechsel des MSI bei Sitz- oder Betriebsstättenverlegung siehe Art. 57f Abs. 2 VO (EU) 282/2011 .
Die Verwendung des IOSS muss auf elektronischem Weg beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Ist Österreich der MSI, muss der Antrag über FinanzOnline gestellt werden. Voraussetzung ist eine gültige UID-Nummer. Wird der Antrag genehmigt, erhält der Unternehmer eine IOSS-Identifikationsnummer (zB IM0401234567).
Bei Inanspruchnahme der Sonderregelung hat der Unternehmer eine Rechnung auszustellen (siehe Rz 1501). Die Rechnungsausstellung richtet sich nach dem Recht des MSI (siehe Rz 1501a).
25b.2. Erklärung
In die Erklärung sind die IOSS-Identifikationsnummer und alle Einfuhr-Versandhandelsumsätze aufzunehmen, die unter die Sonderregelung für den IOSS fallen (inklusive derjenigen Einfuhr-Versandhandelsumsätze, die im MSI enden). Die Umsätze sind getrennt nach Mitgliedstaaten unter Angabe des anzuwendenden Steuersatzes und der zu entrichtenden Steuer in die Erklärung aufzunehmen (§ 25b Abs. 4 UStG 1994). Steuerfreie Umsätze dürfen nicht angeführt werden. Der Erklärungszeitraum ist der Kalendermonat, wobei ab Erteilung der IOSS-Identifikationsnummer in jedem Monat zwingend eine Erklärung abzugeben ist. Hat der Unternehmer in einem Monat keine Umsätze erbracht, muss er eine Nullerklärung abgeben.Beendet ein Unternehmer die Anwendung des IOSS, wird vom IOSS ausgeschlossen oder wechselt den MSI (siehe Rz 3436), hat der Unternehmer eine abschließende IOSS-Erklärung abzugeben (vgl. näher Art. 61a VO (EU) 282/2011 ).
Führt ein Unternehmer Einfuhr-Versandhandelsumsätze in Österreich aus, die er über den IOSS erklärt, sind diese weder in eine UVA, noch in eine Steuererklärung nach § 21 Abs. 4 UStG 1994 aufzunehmen.
Zur Umrechnung von Werten in fremder Währung siehe Rz 4300.
25b.3. Beendigung, Ausschluss und Sperrfrist
Der Unternehmer kann die Inanspruchnahme des IOSS jederzeit freiwillig beenden. Wenn die Meldung der Beendigung gegenüber dem MSI mindestens fünfzehn Tage vor dem Ende eines Kalendermonats erfolgt, wirkt die Beendigung mit dem ersten Tag des nächsten Kalendermonats (siehe Art. 57g Abs. 2 VO (EU) 282/2011 ). Das bedeutet, dass für die Wirksamkeit der Beendigung mit 1.1., 1.2., 1.3., usw. die Meldung jeweils bis 16.12., 16.1., 13.2. (oder 14.2. in einem Schaltjahr), usw. zu erfolgen hat. Meldet der Unternehmer die Beendigung bspw. am 17.3., so ist sie mit 1.5. wirksam.Ein Unternehmer wird gemäß § 25a Abs. 7 UStG 1994 von der Inanspruchnahme der Sonderregelung ausgeschlossen, wenn er:
- mitteilt, keine Umsätze, die unter den IOSS fallen, mehr zu erbringen;
- während 24 aufeinanderfolgenden Kalendermonaten keine derartigen Umsätze erbringt;
- die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des IOSS nicht mehr erfüllt oder
- wiederholt gegen die Vorschriften einer der OSS-Sonderregelungen (§ 25a, § 25b oder Art. 25a UStG 1994) verstößt.
Ein wiederholter Verstoß liegt jedenfalls in den in Art. 58b Abs. 2 VO (EU) 282/2011 angeführten Fällen vor (vgl. auch Rz 4300a). Im Falle eines Ausschlusses aufgrund eines wiederholten Verstoßes kann der Unternehmer den IOSS 24 Monate lang nicht mehr nutzen, es sei denn, es handelt sich um einen wiederholten Verstoß des Vertreters, von dem der Unternehmer nichts wusste oder wissen hätte müssen. Bei einer Beendigung oder einem Ausschluss, bei dem kein wiederholter Verstoß vorliegt, tritt keine Sperrfrist ein.
Der Ausschluss ist ab dem ersten Tag des Monats wirksam, der auf die Übermittlung der Ausschlussentscheidung folgt. Davon abweichend gilt Folgendes (siehe Art. 58 Abs. 3 VO (EU) 282/2011 ):
- Ist der Ausschluss auf eine Änderung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit oder der festen Niederlassung zurückzuführen, ist der Ausschluss ab dem Tag dieser Änderung wirksam.
- Wird der Ausschluss wegen eines wiederholten Verstoßes gegen die Vorschriften einer OSS-Sonderregelung vorgenommen, ist der Ausschluss ab dem Tag wirksam, der auf den Tag folgt, an dem die Entscheidung über den Ausschluss dem Steuerpflichtigen elektronisch übermittelt worden ist.
Beendet ein Unternehmer die Anwendung des IOSS oder wird er vom IOSS ausgeschlossen (außer bei Ausschluss aufgrund eines wiederholten Verstoßes), bleibt die IOSS-Identifikationsnummer zwei Wochen nach Wirksamkeit der Beendigung bzw. des Ausschlusses gültig. Dieser Zeitraum kann auf Antrag des Unternehmers auf bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn der Unternehmer darlegen kann, dass ein längerer Zeitraum für die Einfuhr von Gegenständen, die vor Wirksamkeit der Beendigung geliefert wurden, notwendig ist.