Auf Grund des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz) und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH gilt der Kinderabsetzbetrag als "Familienleistung". In Österreich beschäftigte EU-Bürger, Bürger der EWR-Mitgliedstaaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) und Bürger aus der Schweiz, deren Kinder sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU/EWR oder der Schweiz aufhalten, haben daher bei Anspruch auf Familienbeihilfe auch Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag. Für diese Kinder hat der EuGH mit Urteil vom 16. Juni 2022, C-328/20 , ausgesprochen, dass die seit 1. Jänner 2019 geltende Indexierung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages nicht dem EU-Recht entspricht.
Dem Urteil entsprechend wurde die Indexierung des Kinderabsetzbetrages rückwirkend mit 1. Jänner 2019 aufgehoben.
Für Kinder, die sich ständig in Bulgarien, Deutschland, Estland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn oder Zypern (nach unten indexierte Länder) aufgehalten haben oder aufhalten, wird der ab dem Kalenderjahr 2019 zu wenig ausbezahlte (nach unten indexierte) Kinderabsetzbetrag gemeinsam mit der Familienbeihilfe automationsunterstützt nachgezahlt (§ 124b Z 409 lit. a EStG 1988).
Für Kinder, die sich ständig in Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz oder dem Vereinigten Königreich (nach oben indexierte Länder) aufgehalten haben oder aufhalten, wurde der erhöhte Kinderabsetzbetrag bis 30. Juni 2022 weiter ausbezahlt. Eine Rückforderung des zu viel erhaltenen Betrages erfolgt nicht (§ 124b Z 409 lit. b EStG 1988).
Ab 1. Juli 2022 wird der Kinderabsetzbetrag an alle Kinder, denen er zusteht, in gleicher (nicht indexierter) Höhe ausbezahlt.
Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Dies gilt nicht für Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird und die sich nur vorübergehend zur Berufsausbildung außerhalb der oben genannten Staaten aufhalten.
Zur Möglichkeit, Unterhaltsleistungen für außerhalb des EU/EWR-Raumes oder der Schweiz lebende minderjährige Kinder ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung geltend machen zu können, siehe Rz 866.