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3.2.2.2. Oberste Muttergesellschaft

BMF2021-0.586.6167.10.2021

Rz 436
§ 2 Z 3 lit. b VPDG verlangt für eine Einordnung als oberste Muttergesellschaft, dass keine andere Geschäftseinheit Anteile an ihr besitzt, sodass diese zur Aufstellung von konsolidierten Abschlüssen verpflichtet ist (vgl. insb. § 244 ff UGB) oder - im Fall einer "Börsenfiktion" - wäre. Dabei unterscheidet § 2 Z 3 lit. b VPDG nicht danach, ob eine solche andere Geschäftseinheit - welche also die Anteile besitzt - operativ oder nur vermögensverwaltend tätig ist. Steht daher an der Spitze einer multinationalen Unternehmensgruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 VPDG eine Gesellschaft, welche bloß vermögensverwaltend tätig ist, dann kann ihrer operativ tätigen inländischen Tochtergesellschaft nicht allein deshalb die Funktion der obersten Muttergesellschaft im Sinne von § 2 Z 3 VPDG zugeordnet werden. Somit kann einer rein vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft die Rolle der obersten Muttergesellschaft zukommen.

Beispiel 1:

Eine österreichische Konzernstruktur mit vermögensverwaltender Muttergesellschaft, die selbst keine wirtschaftliche Aktivität entfaltet und zudem über keinen direkten Auslandsbezug verfügt (zB Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit Einschränkung der Geschäftstätigkeit auf Vermögensverwaltung), aber börsennotierte operativ tätige Tochtergesellschaften besitzt, kann die Ausnahmeregelung für befreiende Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte aufgrund von § 245 Abs. 3 iVm § 189a Z 1 lit. a UGB nicht anwenden und ist daher auch zur Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses verpflichtet. Die börsennotierte Tochtergesellschaft fungiert in diesem Fall zwar als operative Konzernobergesellschaft mit ihren entsprechenden grenzüberschreitenden Steuerungsaufgaben (und hält auch direkt die Anteile an den ausländischen Tochtergesellschaften). In einer solchen Konstellation kann die operative Konzernobergesellschaft jedoch nicht die Rolle der obersten Muttergesellschaft im Sinne von § 2 Z 3 VPDG einnehmen, weil vielmehr die vermögensverwaltende Muttergesellschaft diese Funktion ausübt.

Beispiel 2:

Eine Privatstiftung, die zur Erstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet ist (dh. keiner Befreiung unterliegt) kann als oberste Muttergesellschaft im Sinne von § 2 Z 3 VPDG gelten.

3.2.2.3. Ansässigkeitsstaat

Rz 437
§ 2 Z 5 VPDG definiert den Ansässigkeitsstaat als jenen Staat, in dem sich der Sitz oder Ort der Geschäftsleitung einer Geschäftseinheit befindet; eine Betriebsstätte gilt im Lagestaat als ansässig. Befinden sich bei einer Geschäftseinheit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in unterschiedlichen Staaten (Doppelansässigkeit), dann wird die Kollisionsregel des geltenden DBA angewandt, um den Ansässigkeitsstaat zu bestimmen. Sieht die Kollisionsregel die Führung eines Verständigungsverfahrens vor, so ist für die Dauer eines etwaigen offenen Verfahrens der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung anzugeben. Sollte dieser strittig sein, wäre der behauptete Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung anzugeben. Es ist ein entsprechender Vermerk in Anlage 3 zu verzeichnen. Ist kein DBA anwendbar, so ist für Zwecke der Ansässigkeit der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung ausschlaggebend.

Beispiel 1:

Die oberste Muttergesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 VPDG hat ihren Ort der Geschäftsleitung in Österreich und ihren Sitz in Staat A, mit dem kein DBA abgeschlossen wurde. Aufgrund der Ansässigkeit in Österreich ist das Unternehmen aufgrund von § 4 VPDG zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts in Österreich verpflichtet. Wäre in diesem Fall hingegen der Sitz in Österreich gelegen, der Ort der Geschäftsleitung jedoch in Staat A, so bestünde für das Unternehmen keine Pflicht zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts in Österreich.

Beispiel 2:

Eine in Österreich ansässige Tochtergesellschaft ist Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 VPDG, deren oberste Muttergesellschaft ihren Ort der Geschäftsleitung in Staat B und ihren Sitz in Staat C hat. Nur in Staat B, dem Staat des Orts der Geschäftsleitung, besteht die Verpflichtung zur Vorlage eines länderbezogenen Berichts. Folglich sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Z 1 VPDG (Local Filing) nicht erfüllt, da aufgrund der Kollisionsregel des zwischen Staat B und C anwendbaren DBA nur Staat B als Ansässigkeitsstaat gilt und die oberste Muttergesellschaft dort zur Vorlage eines länderbezogenen Berichts verpflichtet ist.

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