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2.14.8 Formale Verpflichtungen (§ 6b Abs. 5 KStG 1988)

BMF2021-0.768.4855.11.2021

Rz 325
In § 6b Abs. 5 KStG 1988 sind formale Voraussetzungen für die Überprüfung und Bescheinigung der Voraussetzungen von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geregelt.

Rz 326
Eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft hat jährlich die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 6b KStG 1988 durch Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers nachzuweisen. Dabei gelten die Bestimmungen des § 275 UGB sinngemäß.

Rz 327
Zudem ist die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft zur jährlichen Offenlegung jener Informationen verpflichtet, die für die Erfüllung der mitgliedstaatlichen Veröffentlichungspflichten von Risikokapitalbeihilfen notwendig sind. Dies betrifft entsprechend Rz 166 lit. v der Leitlinien 2014

Rz 328
Durch das Finanzamt für Großbetriebe ist das Vorliegen der Voraussetzungen zu bescheinigen; sämtliche dieser Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften sind sodann vom Finanzamt für Großbetriebe einmal jährlich auf elektronischem Wege in Form einer Liste zu veröffentlichen. Diese Liste ist zudem maßgeblich für die Überprüfung, ob die Befreiung gemäß § 27 Abs. 7 EStG 1988 zu gewähren ist.

Um eine rasche Veröffentlichung von neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften zu ermöglichen, können diese auch schon vorab, dh. nach einer raschen unterjährigen Überprüfung, auf die Liste für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften aufgenommen werden können. Zu diesem Zweck ist binnen acht Wochen das Vorliegen der Voraussetzungen durch einen Wirtschaftsprüfer zu bestätigen und die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in die zuletzt veröffentlichte Liste aufzunehmen (mit Zusatz "neu aufgenommen").

Die Aufnahme von neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften auf die Liste bedeutet jedoch nicht, dass auch in Hinblick auf die sich bereits auf der Liste befindenden Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften die Voraussetzungen erneut überprüft worden wären.

2.14.9 Verletzung der Voraussetzungen

2.14.9.1 Wegfall der KSt-Befreiung

Rz 329
Im Allgemeinen führt jede Verletzung der Begünstigungsvoraussetzungen zur unbeschränkten Steuerpflicht der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft. Die Steuerpflicht beginnt mit jenem Veranlagungszeitraum, in den das die Verletzung auslösende Ereignis fällt und wirkt grundsätzlich nur pro futuro. Werden die Voraussetzungen in der Folge wiederum hergestellt, tritt die Gesellschaft mit Beginn des auf die "Sanierung" folgenden Veranlagungszeitraumes wieder in die (Teil-)Steuerbefreiung ein. § 18 KStG 1988 ist in beiden Fällen anzuwenden.

Rz 330
Die Besteuerung nach einer Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen ergibt sich wie folgt:

 

Steuerlich adaptierter Gewinn laut Bilanz des Verletzungsjahres (die Befreiung nach § 5 Z 14 KStG 1988 ist nicht anzuwenden)

+

Auflösung der Rücklage nach Übergangsregelung (§ 18 Abs. 1 KStG 1988)

-

Sonderausgaben und Sanierungsgewinn

=

Steuerpflichtiges Einkommen, zum Normalsteuersatz zu versteuern.

Rz 331
Die Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen kann nicht nur in Jahren gegeben sein, für die noch keine Bestätigung des Wirtschaftsprüfers vorliegt, sondern auch überprüfte Jahre betreffen, wenn die Verletzung der Anwendungsvoraussetzungen zB im Rahmen von Betriebsprüfungen festgestellt wird.

Eine Verletzung ist für jedes Jahr gesondert zu beurteilen und berührt das Folgejahr, in dem die Anwendungsvoraussetzungen wieder gegeben sein können, grundsätzlich nicht.

2.14.9.2 Aufgabe des begünstigten Zwecks und Liquidation

Rz 332
Die Befreiung von der unbeschränkten Steuerpflicht entfällt rückwirkend, wenn der angestrebte begünstigte Zweck innerhalb von sieben Jahren nach der Eintragung der neu gegründeten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft aufgegeben wird (§ 5 Z 14 zweiter Satz KStG 1988). Es kommt daher zur Nachversteuerung aller bisher erzielten Erträge der Gesellschaft.

Diese Regelung des § 5 Z 14 KStG 1988 soll verhindern, dass Körperschaften unter Hinweis auf § 5 Z 14 KStG 1988 für die ersten sieben Jahre die Steuerbefreiung als Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in Anspruch nehmen und in der Folge durch Veränderung der Gestion darauf verzichten, obwohl die Voraussetzungen für eine begünstigte Gesellschaft vorliegen. Die Gestaltung soll insbesondere den Missbrauch für einzelne Veräußerungsgewinne hintanhalten.

Rz 333
Sobald eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft ihre Liquidation beschließt, scheidet sie aus der Steuerbegünstigung aus. Im Liquidationszeitraum unterliegen daher alle Erträge der unbeschränkten Steuerpflicht.

2.14.9.3 Zusatzsteuer (§ 6b Abs. 6 KStG 1988)

Rz 334
In § 6b Abs. 6 KStG 1988 sind weitere Rechtsfolgen für den Fall der nachhaltigen Verletzung der Voraussetzungen des § 6b KStG 1988 durch Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften geregelt.

Diesfalls ist der Bruttobetrag sämtlicher von der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft getätigten und bei den Investoren eine Steuerbefreiung gemäß § 27 Abs. 7 EStG 1988 vermittelnden Ausschüttungen für die von der Verletzung betroffenen Geschäftsjahre (auch rückwirkend) neben dem Einkommen mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 "nachzuversteuern".

Sinn und Zweck dieser Nachversteuerung ist die Rückgängigmachung zu Unrecht in Anspruch genommener Steuerbegünstigungen in Form der Befreiung von Gewinnausschüttungen von der Einkommensteuer; ohne Befreiungsbestimmung würden die Gewinnausschüttungen beim Investor mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (27,5%) besteuert werden. Zudem ist eine allfällige von der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft für die Anteilsinhaber übernommene Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen, sodass sich auf Ebene der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft insgesamt eine Nachversteuerung mit 37,93% ergibt. Die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft haftet nach allgemeinen kapitalertragsteuerlichen Grundsätzen für die KESt (§ 95 Abs. 1 EStG 1988).

Voraussetzung für die Nachversteuerung der Ausschüttungen ist allerdings eine nachhaltige Verletzung der Voraussetzungen; eine einmalige und kurzfristige Verletzung einzelner Voraussetzungen führt daher nicht zu einer "Zusatzsteuer".

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