"Operativ" bedeutet, dass die Tätigkeit dieser Unternehmen nach Art und Umfang keine nur vermögensverwaltende sein darf.
2.14.7.1 Unternehmen in der Frühphase (§ 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988)
§ 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988 definiert operative Unternehmen in der Frühphase und orientiert sich dabei an der in Art. 21 Abs. 6 AGVO 2014 angeführten Definition. Ein Unternehmen ist somit dann in der Frühphase, wenn auch nur eines der folgenden drei Kriterien erfüllt wird:- Das Unternehmen ist noch auf keinem Markt tätig (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. a KStG 1988). Diese Beurteilung hat grundsätzlich unabhängig von der Bestandsdauer des Unternehmens zu erfolgen; ein Unternehmen kann auch schon bestehen, ohne dass es bereits auf einem Markt tätig geworden ist (zB im Stadium der Forschung oder Entwicklung eines Produktes). Entscheidend ist, ob das Unternehmen mit den von ihm angebotenen Leistungen, Waren, Produkten etc. schon am Markt aufgetreten ist und bereits kommerziell tätig war (zB bei Verkauf eines entwickelten "Endproduktes").
- Das Unternehmen ist seit seinem ersten kommerziellen Verkauf noch keine sieben Jahre gewerblich tätig (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. b KStG 1988). Entscheidend für den Beginn des Laufes dieser Zeitspanne von sieben Jahren soll alleine der Zeitpunkt des ersten kommerziellen Verkaufs der Waren oder Produkte bzw. des ersten kommerziellen Angebots der Leistungen des Unternehmens am Markt sein; die Bestandsdauer des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt ist nicht relevant.
- Es wird eine erste Risikofinanzierung benötigt, die aufgrund des Eintritts in einen neuen sachlich oder räumlich relevanten Markt mehr als 50% des durchschnittlichen Jahresumsatzes in den vorangegangenen fünf Jahren beträgt (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. c KStG 1988). Das Unternehmen muss infolge dessen zur Erfüllung dieses Kriteriums zumindest bereits fünf Wirtschaftsjahre bestehen und auch bereits am Markt tätig gewesen sein, um überhaupt in einen "neuen" Markt (in räumlicher oder sachlicher Hinsicht) eintreten zu können.
In allen drei Fällen (§ 6b Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c KStG 1988) darf das Unternehmen zum Zeitpunkt der erstmaligen Investition durch die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft noch nicht börsennotiert sein, weil andernfalls nicht von einem erschwerten Zugang zum Kapitalmarkt auszugehen ist, der durch Risikokapitalbeihilfen zu kompensieren ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob das jeweilige Unternehmen an einem geregelten Markt iSd § 1 Z 2 BörseG 2018 in der jeweils geltenden Fassung zugelassen ist.
In Unternehmen in der Frühphase dürfen nach Ablauf von sieben Jahren gewerblicher Tätigkeit seit dem ersten kommerziellen Verkauf Anschlussfinanzierungen geleistet werden, wobei diese in das maximale Investitionsvolumen von 15 Millionen Euro pro Unternehmen einzubeziehen sind (§ 6b Abs. 3 Z 2 lit. b KStG 1988). Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Anschlussfinanzierung muss jedoch - entsprechend der beihilfenrechtlichen Vorgaben - bereits im ursprünglichen Geschäftsplan vorgesehen worden sein. Zudem wird vorausgesetzt, dass dem Unternehmen in der Frühphase nicht bereits eine Risikofinanzierung durch ein mit ihm verbundenes Unternehmen bereitgestellt worden ist.2.14.7.2 Unternehmen in der Wachstumsphase (§ 6b Abs. 2 Z 2 KStG 1988)
Unter § 6b Abs. 2 Z 1 KStG 1988 fallen nur die von der AGVO 2014 erfassten Unternehmen, die die Erstinvestition im Rahmen der Risikofinanzierungsmaßnahme vor ihrem ersten kommerziellen Verkauf auf einem Markt, innerhalb von sieben Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf erhalten oder in einen neuen (räumlich oder sachlich relevanten) Markt eintreten. Nach Ablauf von sieben Jahren (ausgehend vom ersten kommerziellen Verkauf) sind lediglich Anschlussinvestitionen von der AGVO 2014 abgedeckt.Bestimmte Arten von Unternehmen können jedoch weiterhin als in ihrer Expansionsphase bzw. ihrer frühen Wachstumsphase befindlich betrachtet werden, wenn sie auch nach Ablauf des Siebenjahreszeitraums ihr Potential zur Erwirtschaftung von Renditen noch nicht ausreichend nachweisen konnten und/oder ihre Erfolgsbilanz nicht hinreichend solide ist und keine Sicherheiten vorhanden sind. Darüber hinaus benötigen manche Unternehmen, die über ausreichendes internes Kapital zur Finanzierung ihrer ersten Tätigkeiten verfügen, erst zu einem späteren Zeitpunkt eine externe Finanzierung, zB wenn sie ihre Kapazitäten erhöhen und sich von einem kleinen Unternehmen zu einem größeren entwickeln wollen. Dies kann einen höheren Investitionsbetrag erfordern, der nicht aus eigenen Mitteln gedeckt werden kann.
Unternehmen in der Wachstumsphase werden in § 6b Abs. 2 Z 2 KStG 1988 erfasst. Investitionsmöglichkeiten im Finanzierungsbereich sind allerdings auf jene Unternehmen in der Wachstumsphase beschränkt, die die Risikofinanzierungsmaßnahme innerhalb von zehn Jahren nach ihrem ersten kommerziellen Verkauf erhalten.Zu den Unternehmen in der Wachstumsphase zählen:
- die anhand eines externen Gutachtens nachweisen können, dass sie in absehbarer Zukunft Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren entwickeln werden, die neu oder verglichen mit dem Stand der Technik in dem jeweiligen Wirtschaftszweig wesentlich verbessert sind und die das Risiko eines technischen oder industriellen Misserfolgs in sich tragen, oder
- deren Forschungs- und Entwicklungskosten in mindestens einem der drei Jahre vor Gewährung der Risikokapitalbeihilfe mindestens 10% ihrer gesamten Betriebsausgaben ausmachen; im Falle eines neugegründeten Unternehmens ohne abgeschlossenes Geschäftsjahr ist dies im Rahmen einer Überprüfung des laufenden Geschäftsjahres von einem externen Rechnungsprüfer zu testieren.
Innovative Unternehmen (§ 6b Abs. 2 Z 2 lit. a KStG 1988): Um den innovativen Charakter eines Unternehmens zu bewerten, soll nach Rz 73 der Leitlinien 2014 die in Art. 2 Abs. 80 AGVO 2014 festgelegte Begriffsbestimmung herangezogen werden. Als "innovativ" gelten danach Unternehmen,
- Unternehmen, die in einem stark risikobehafteten Sektor tätig sind, wie etwa im Bereich Biotechnologie oder der Kultur- und Kreativwirtschaft (§ 6b Abs. 2 Z 2 lit. b KStG 1988).
2.14.7.3 Art der Beteiligung (§ 6b Abs. 2 Z 3 und 4 KStG 1988)
In § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 werden - je nach Rechtsform der in Z 1 und Z 2 genannten Zielunternehmen - die möglichen Beteiligungsformen der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft im Finanzierungsbereich abschließend geregelt. Dabei sind neben Beteiligungen an der Unternehmenssubstanz und stillen Beteiligungen auch Annexfinanzierungen zulässig.Nach § 6b Abs. 2 Z 3 KStG 1988 zulässige Substanzbeteiligungen sind:- Aktien, GmbH-Anteile und Genossenschaftsanteile (lit. a);
- Genussrechte gemäß § 8 Abs. 3 Z 1 zweiter TS KStG 1988, dh. Substanzgenussrechte (lit. b);
- Anteile an Kommanditgesellschaften, mit denen die Stellung als Mitunternehmer verbunden ist (lit. c).
Bei internationalen Schachtelbeteiligungen iSd § 10 Abs. 2 KStG 1988 ist § 6b Abs. 4 KStG 1988 zu beachten (siehe dazu unten Rz 324).
Neben der Substanzbeteiligung und stillen Beteiligung kann an ein Beteiligungsunternehmen im Finanzierungsbereich eine Annexfinanzierung (§ 6 Abs. 2 Z 3 lit. f KStG 1988) in Form von- Darlehen,
- Schuldverschreibungen,
- nicht unter § 6b Abs. 2 Z 3 lit. d KStG 1988 fallenden stillen Beteiligungen (dh. typischen stillen Beteiligungen),
- nicht unter § 6b Abs. 2 Z 1 lit. b KStG 1988 fallenden Genussrechten (dh. obligationenartigen Genussrechten) sowie von
- Zuzahlungen in wirtschaftlich begründeten Fällen
vergeben werden.
Annexfinanzierungen eines Unternehmens sind in das maximale Investitionsvolumen pro Unternehmen einzubeziehen (Rz 320 ff).
Mit § 6b Abs. 2 Z 4 KStG 1988 wird sichergestellt, dass keine Investitionen in Unternehmen möglich sind, die zu Unrecht staatliche Beihilfen erhalten und diese noch nicht zurückgezahlt haben.