Verlagert ein internationaler Konzern einen Teil seiner Geschäftstätigkeit an einen Ort, an dem die Kosten (zB Lohn-, Immobilienkosten etc.) niedriger sind als an dem Ort der ursprünglichen Geschäftstätigkeit, so können dadurch Standortvorteile (Location Savings) erzielt werden (Z 1.140 iVm Z 9.126 OECD-VPL). Sofern diese nicht an unabhängige Kunden oder Lieferanten weitergegeben werden, stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie die Standortvorteile zwischen den betroffenen Konzernunternehmen aufgeteilt werden sollen. Die Grundsätze gelten in allen Fällen, in denen Standortvorteile existieren, und nicht nur im Rahmen von Strukturänderungen (Z 1.140 OECD-VPL).
Können Vergleichsunternehmen und vergleichbare Transaktionen im Zielland identifiziert werden, so stellen diese den verlässlichsten Indikator für eine entsprechende Aufteilung dar. Entscheidend ist hierbei, zu welchen Konditionen dieses Fremdunternehmen seine Leistung anbieten würde; besondere Anpassungsrechnungen, um die Standortvorteile zu berücksichtigen, werden dann nicht notwendig sein (Z 1.142 OECD-VPL). Dies hat zur Folge, dass ein sehr geringer Teil der Standortvorteile dem dort angesiedelten Konzernunternehmen zufallen wird (Z 9.129 OECD-VPL). Denn auch ein am gleichen Standort tätiges Fremdunternehmen mit vergleichbaren (Routine-)Funktionen würde seine Preise mit standortüblichen Margen kalkulieren, sodass die Auftrag gebende inländische Konzerngesellschaft dem verbundenen Unternehmen keine höheren Preise zahlen wird als einem solchen Fremdunternehmen. Bei der Bestimmung, welchem oder welchen Beteiligten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz die Standortvorteile zugeordnet werden sollten, ist es wichtig, die Funktionen, Risiken und Vermögenswerte der Beteiligten sowie die ihnen realistischerweise zur Verfügung stehenden Alternativen zu berücksichtigen (siehe dazu auch Z 9.131 OECD-VPL und das dortige Beispiel).
Wird beispielsweise im Zuge einer Konzernstrukturänderung (Rz 176 ff) die Produktion einer Konzerngesellschaft in verbundene Gesellschaften in Niedriglohnländer ausgelagert und werden diese als Lohnfertiger tätig, so kommen die hierdurch erzielten Kosteneinsparungen dem auslagernden Unternehmen und nicht dem Lohnfertiger zu, sofern die ausgelagerte Geschäftstätigkeit starker Konkurrenz unterliegt und das auslagernde Unternehmen zwischen dem verbundenen Lohnfertiger und lokalen Mitbewerbern wählen kann (Z 9.128 f OECD-VPL).
Beispiel:
Ein inländischer Konzern entwirft, fertigt und vertreibt Markenbekleidung. Der Markenname stellt ein hochwertiges immaterielles Wirtschaftsgut dar. Zur Erlangung einer Kosteneinsparung wird ein inländisches Fertigungswerk geschlossen und die von diesem betriebene Produktion in eine im Niedriglohnland X neu gegründete Konzerngesellschaft X-Ltd. ausgelagert. X-Ltd. liefert ihre gesamte Produktion an die inländische Konzerngesellschaft, die - wie vor der Unternehmensumstrukturierung - weiterhin den in- und ausländischen Vertrieb besorgt. X-Ltd. ist ein bloßes Lohnfertigungsunternehmen und steht in starker Konkurrenz zu vielen anderen Lohnfertigern in X. Die durch die Funktionsauslagerung bewirkte Erhöhung des Konzerngewinns verbleibt daher dem inländischen Konzernunternehmen und kann nicht in das Niedriglohnland verlagert werden.
Investitionsbegünstigungen, Zuschüsse von öffentlicher Hand oder steuerliche Begünstigungen (zB die Forschungsprämie gemäß
§ 108c EStG 1988) können zu Standortvorteilen im Sinne von standortbedingten Kosteneinsparungen führen, die nach den oben beschriebenen Grundsätzen zu beurteilen sind. Dass die Begünstigung oder Prämie pauschal vom österreichischen Unternehmen an das ausländische verbundene Unternehmen weitergegeben werden muss, kann daraus nicht abgeleitet werden. Vielmehr ist im Einzelfall - unter Zugrundelegung einer Funktions- und Risikoanalyse sowie einer Abwägung der realistischerweise zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen - zu beurteilen, ob auch fremde Dritte den Kostenvorteil über günstigere Verrechnungspreise an ausländische Auftraggeber weitergegeben hätten. Auch die anzuwendende Verrechnungspreismethode kann dabei eine Rolle spielen (siehe dazu auch
EAS 2893).
Beispiel:
Ein Pharmakonzern betreibt über eine österreichische Konzerngesellschaft Auftragsforschung, welche mit speziell qualifizierten Mitarbeitern, die über besonderes Know-how verfügen, durchgeführt wird. Der österreichische Standort fungiert im Konzern als Kompetenzzentrum für spezielle anwendungsorientierte Entwicklungen. Die Forschungsaktivität erfüllt die Voraussetzung von § 108c EStG 1988, sodass der österreichischen Konzerngesellschaft eine Forschungsprämie zusteht. Die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode erweist sich als zweckmäßigste Verrechnungspreismethode (Hinweis auf Rz 50). Aufgrund der Hochwertigkeit der Forschungsleistung wird auf Basis einer Vergleichbarkeitsstudie ein Gewinnaufschlag in Höhe von 12% vereinbart. Die durch die Forschungsprämie entstehenden standortgebundenen Kostenvorteile müssen dann nicht (ganz oder teilweise) über niedrigere Verrechnungspreise (durch eine Reduktion der zu entschädigenden Kostenbasis) an den Auftraggeber weitergegeben werden, wenn die relative Verhandlungsmacht der österreichischen Gesellschaft aufgrund mangelnder vergleichbarer Konkurrenz hoch ist, oder wenn zwar Vergleichsunternehmen (andere Auftragsforscher in der Branche) identifiziert werden, diese jedoch keinen Preisrabatt aufgrund der bezogenen Forschungsprämie gewähren.