Insbesondere bei den folgenden Tätigkeiten besteht die Vermutung, dass eine oder mehrere dieser Tätigkeiten noch keine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit begründen (
§ 4 Z 3 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften):
- das bloße Halten von Beteiligungen und ihre Veräußerung (Teilstrich 1)
- das Durchleiten von Vermögenswerten (Teilstrich 2)
- das Bündeln von unkörperlichen Wirtschaftsgütern, für deren Herstellung die ausländische Körperschaft nicht im Wesentlichen selbst die Aufwendungen getragen hat (Teilstrich 3).
§ 4 Z 3 erster Teilstrich VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften betrifft vermögensverwaltende Holdinggesellschaften, deren Tätigkeiten auf das bloße Halten von Beteiligungen und ihre Veräußerung beschränkt ist. Bei diesen wird in typisierender Betrachtungsweise vermutet, dass die Substanzausnahme von diesen nicht beansprucht werden kann. Diese Vermutung schließt allerdings auch in solchen Fällen nach Maßgabe des Gesamtbildes der Verhältnisse die Erbringung des Substanznachweises durch die beherrschende Körperschaft im Einzelfall nicht aus.
Die Vermutung kommt bei jenen Holdinggesellschaften nicht zur Anwendung, die über das bloße Halten von Beteiligungen und ihre Veräußerung hinausgehende Tätigkeiten entfalten. Dies betrifft etwa Holdinggesellschaften, die wirtschaftliche Tätigkeiten wie die Geschäftsleitung der Beteiligungskörperschaften oder sonstige Dienstleistungen, die insbesondere zur Erzielung von aktiven Einkünften führen, erbringen. Bei diesen hat daher die Beurteilung für die Substanzausnahme nach dem Gesamtbild der Verhältnisse gemäß
§ 4 Z 1 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften zu erfolgen. Bei gemischt tätigen Holdinggesellschaften wird überdies auch die zu Gunsten des Steuerpflichtigen bestehende Vermutung für die Begründung einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit gemäß
§ 4 Z 3 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften zu prüfen sein (siehe dazu Rz 1248de ff).
Gemäß § 4 Z 3 zweiter Teilstrich VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften wird bei sogenannten "Durchleitetätigkeiten" in Bezug auf Vermögenswerte (zB die bloße Durchleitung von Darlehen unter gleichzeitiger Weiterleitung der Zinsen) vermutet, dass diese Tätigkeiten noch keine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit begründen. Diese Vermutung hat daher insbesondere für zwischengeschaltete Finanzierungsgesellschaften mit eingeschränktem Funktions- und Risikoprofil Bedeutung.
§ 4 Z 3 dritter Teilstrich VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften erfasst typisierend das bloße Bündeln von unkörperlichen Wirtschaftsgütern (wie Lizenzen, Patenten usw.), wenn die ausländische Körperschaft die diesbezüglichen Herstellungsaufwendungen im Wesentlichen nicht selbst getragen hat. Dies betrifft insbesondere jene Fälle, in denen unkörperliche Wirtschaftsgüter nicht von der beherrschten ausländischen Körperschaft selbst entwickelt wurden, sondern zum Beispiel von verbundenen Unternehmen zugekauft wurden. Die Vermutung orientiert sich insoweit am OECD-BEPS-Aktionspunkt Nr. 5 Abschlussbericht 2015, Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz, Kapitel 4 zum modifizierten Nexus-Ansatz für präferenzielle IP-Regelungen, als nach diesem die Tragung der Forschungs- und Entwicklungskosten für die Entwicklung unkörperlicher Wirtschaftsgüter eine Hilfsgröße für die Begründung einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit darstellt.
Übt die ausländische Körperschaft mehrere Tätigkeiten aus, besteht gemäß
§ 4 Z 4 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften die Vermutung, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten wesentlich sind, wenn
- Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten mindestens zu einem Drittel für diese wirtschaftlichen Tätigkeiten eingesetzt werden und
- mindestens ein Drittel der gesamten Einkünfte aus diesen wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielt werden.
Diese Vermutung betrifft jene ausländischen Körperschaften, die neben den in
§ 4 Z 3 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften aufgezählten Tätigkeiten nicht in diesem Katalog genannte Tätigkeiten ausüben. Handelt es sich hierbei um wirtschaftliche Tätigkeiten (insbesondere zur Erzielung von aktiven Einkünften), besteht nach Maßgabe dieser Bestimmung die Vermutung des Vorliegens einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit dieser ausländischen Körperschaft. Diese Vermutung gilt, wenn die wirtschaftlichen Tätigkeiten eine sogenannte doppelte "Drittelgrenze" erreichen.
Nach § 4 Z 3 erster Teilstrich VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften ist zunächst zu ermitteln, ob die im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit eingesetzte Substanz mindestens ein Drittel der gesamten Substanz beträgt. Dabei sind die Substanzkriterien Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten nach Maßgabe des jeweiligen Einsatzes im Bereich dieser wirtschaftlichen Tätigkeiten zur insgesamt vorhandenen Substanz in Relation zu setzen.
Sofern dieses erste Kriterium erfüllt ist, muss als zweites Kriterium zusätzlich mindestens ein Drittel der gesamten Einkünfte aus diesen wirtschaftlichen Tätigkeiten erzielt werden.
Auf diese doppelte Drittelgrenze sind die Beurteilungskriterien der Drittelgrenze des
§ 10a Abs. 4 Z 1 KStG 1988 iVm
§ 2 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften sinngemäß anzuwenden: Bei Ermittlung der gesamten Einkünfte sind daher auch hier steuerbefreite Dividenden und Veräußerungsgewinne miteinzubeziehen. Außerdem ist auch diese doppelte Drittelgrenze grundsätzlich für jedes Wirtschaftsjahr gesondert zu beurteilen. Im Sinne der Korridorregelung des
§ 2 Z 2 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften kann ein verlängerter Beurteilungszeitraum (dh. unter Berücksichtigung der beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahre) herangezogen werden, wenn in einem Wirtschaftsjahr die Einkünfte aus den wirtschaftlichen Tätigkeiten die Drittelgrenze um nicht mehr als 25% unterschreiten (dh. mindestens 25% betragen) oder negativ sind.
Die doppelte Drittelgrenze stellt eine Vermutung zu Gunsten des Steuerpflichtigen dar; sind deren Voraussetzungen nicht erfüllt, ist dennoch nach Maßgabe des Gesamtbildes der Verhältnisse die Erbringung des Substanznachweises durch die beherrschende Körperschaft im Einzelfall nicht ausgeschlossen.