Die in § 10 KStG 1988 grundsätzlich festgelegte Befreiungsmethode für ausländische Beteiligungserträge wird
- bei internationalen Schachtelbeteiligungen bei Vorliegen der in § 10 Abs. 4 KStG 1988 idF vor JStG 2018 ("Missbrauchsfälle") genannten Voraussetzungen und
- bei ausländischen Portfoliobeteiligungen bei Vorliegen der in § 10 Abs. 5 KStG 1988 idF vor JStG 2018 ("Besteuerungsvorbehalte") genannten Voraussetzungen
durchbrochen, um unangemessene Steuerfolgen zu vermeiden.
16.2.3.1 Missbrauchsfälle (§ 10 Abs. 4 KStG 1988)
Ziel der in § 10 Abs. 4 KStG 1988 normierten und in einer Verordnung des BMF konkretisierten "Missbrauchsabwehr" ist die Vermeidung einer Umgehung österreichischer Steuern.Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen (siehe Rz 1200 bis 1227) sind im Falle des Vorliegens von Missbrauch im Sinne des § 22 BAO nicht von der Körperschaftsteuer befreit (VwGH 9.12.2004, 2002/14/0074; VwGH 10.8.2005, 2001/13/0018; VwGH 19.1.2005, 2000/13/0176). Bei erwiesenem Missbrauch sind die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.Missbrauchsverdacht im Sinne einer unwiderlegbaren Vermutung führt zum zwingenden Wechsel von der Befreiungsmethode zur Anrechnungsmethode ("Methodenwechsel" oder "switch over"). Gewinnanteile aus der internationalen Schachtelbeteiligung sind nicht mehr steuerbefreit. Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung der internationalen Schachtelbeteiligung sind (auch wenn keine Option nach § 10 Abs. 3 KStG 1988 abgegeben wurde) steuerwirksam. Dem Abgabepflichtigen steht es aber frei, das Vorliegen der Verdachtsgründe zu bestreiten. Liegen weder erwiesener Missbrauch noch die maßgebenden Verdachtsgründe vor, ist die Befreiungsmethode anzuwenden.Voraussetzung für den Methodenwechsel gemäß § 10 Abs. 4 KStG 1988 ist jedoch die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 10 Abs. 1 Z 7, Abs. 2 und 3 KStG 1988.
Beispiel:
Eine österreichische Kapitalgesellschaft hält eine 9-prozentige Beteiligung an einer iranischen Kapitalgesellschaft. Mit dem Iran besteht keine umfassende Amtshilfe. Da die Ausschüttungen aus dieser Beteiligung weder unter die Befreiung für die internationale Schachtel fallen (weil das in § 10 Abs. 2 KStG 1988 geforderte Beteiligungsausmaß von 10% nicht erreicht ist), noch die Befreiung für Portfoliobeteiligungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 und 6 KStG 1988 anwendbar ist (weil es sich um einen Drittstaat ohne umfassende Amtshilfe handelt), können weder § 10 Abs. 4 noch § 10 Abs. 5 KStG 1988 zur Anwendung kommen.