11.1.2. Gültigkeit von Rechtsgeschäften
Voraussetzung für die Gebührenpflicht des Rechtsgeschäfts ist, dass es gültig zustande gekommen ist. Dies ist nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.Entgegen dem für das Gebührenrecht maßgeblichen Urkundenprinzip nach § 17 Abs. 1 GebG (siehe Rz 494 ff) ist der Gegenbeweis zulässig, dass das Rechtsgeschäft zivilrechtlich nicht zustande gekommen ist (nichtige Rechtsgeschäfte).Den Beweis, dass das Rechtsgeschäft tatsächlich nicht zustande gekommen ist, hat die Partei, die den gültigen Abschluss des Rechtsgeschäftes bestreitet, zu führen.Verfügt im Falle einer direkten Stellvertretung der Rechtsanwalt bei Unterfertigung der Urkunde über keine Vertretungsmacht, so ist im Falle einer nachträglichen (konkludenten) Genehmigung von der Gültigkeit des Rechtsgeschäftes auszugehen.Ein Rechtsgeschäft, das zivilrechtlich nicht wirksam zustande gekommen ist, löst auch dann keine Gebührenpflicht aus, wenn dessen Abschluss beurkundet wurde. Wird zB ein Pachtvertrag über eine Jagdpacht von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde mit rechtskräftigem Bescheid für unwirksam erklärt, fehlt der Gebührenvorschreibung ihre Grundlage (VwGH 18.3.1982, 81/15/0112).Wird ein Mietvertrag von nur einem der beiden Hälfteeigentümer einer Liegenschaft auf der Vermieterseite unterfertigt, ist die erforderliche Willenseinigung der Vertragsparteien über den Abschluss des Bestandvertrages nur dann anzunehmen, wenn feststeht, dass das Einverständnis des nicht unterfertigten Hälfteeigentümers zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Mietvertrages vorliegt. Die bloße Annahme, dass der Abschluss des Mietvertrages mit Einwilligung des nicht unterfertigten Hälfteeigentümers erfolgte, rechtfertigt nicht die Annahme einer Willenseinigung von allen am Rechtgeschäft beteiligten Parteien (VwGH 16.2.1984, 83/15/0040).Verlangt das Gesetz ausdrücklich eine bestimmte Form für den Abschluss des Rechtsgeschäftes, wie zB bei Ehepakten die Form des Notariatsaktes, ist die Erfüllung der Formvorschrift auch Voraussetzung für das gültige Zustandekommen des Rechtsgeschäfts.Im Abgabenverfahren kann vorgebracht werden, dass ein Rechtgeschäft wegen Formmangels oder wegen Mangels der Rechts- oder Handlungsfähigkeit einer Partei nichtig ist, soweit gemäß § 23 Abs. 3 BAO die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis nicht eintreten bzw. bestehen lassen.Grundsätzlich besteht eine Bindung der Abgabenbehörde an Entscheidungen der Gerichte und der Verwaltungsbehörden. Die Bindung ist Ausdruck der Rechtskraft der Entscheidung; sie wirkt nur innerhalb der Grenzen der Rechtskraft und erstreckt sich auf den Inhalt des Spruches (vgl. VwGH 19.10.1988, 86/01/0062).Keine Bindung besteht an Entscheidungen der Gerichte über privatrechtliche Fragen dann, wenn das Gericht bei Ermittlung des Sachverhaltes nicht von Amts wegen vorzugehen hat (vgl. § 116 Abs. 2 BAO).Die Abgabenbehörde ist somit an gerichtliche Entscheidungen im Zivilprozess in der Regel nicht gebunden (vgl. VwGH 11.7.1995, 95/13/0153); dies im Unterschied zu im Außerstreitverfahren oder im Strafverfahren getroffenen Entscheidungen.
Eine Vertragsanfechtung wegen Irrtums oder Wegfalles der Geschäftsgrundlage kann gerichtlich oder außergerichtlich vorgenommen werden. Im Fall der außergerichtlichen Anfechtung müssen ausreichende Gründe vorliegen, die bei gerichtlicher Anfechtung Erfolg versprechend wären. Den Nachweis, dass ein Grund für eine erfolgreiche Anfechtung des Rechtgeschäftes vorliegt, hat der Abgabenschuldner zu erbringen (siehe Rz 432).Bei Dauerschuldverhältnissen wirkt die Auflösung des Rechtsgeschäftes im Allgemeinen ex nunc (zB OGH 5.11.1968, 4 Ob 57/68). Die Auflösung ex nunc hat auf das Entstehen der Gebührenschuld und den entstandenen Abgabenanspruch keine Auswirkung.
Von der durch rechtliche Anfechtbarkeit veranlassten einvernehmlichen Rückgängigmachung (außergerichtliche Anfechtung) des Rechtsgeschäftes ist die einvernehmliche Vertragsaufhebung zu unterscheiden. Gemäß § 17 Abs. 5 GebG wird die Gebührenschuld unter anderem dann nicht beseitigt, wenn das Rechtsgeschäft einvernehmlich (vertraglich) aufgehoben wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Aufhebung des Rechtsgeschäftes mit Wirkung ex nunc oder ex tunc erfolgt.
Gemäß § 23 Abs. 2 BAO wird die Besteuerung nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten, das den steuerpflichtigen Tatbestand erfüllt, gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.