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Information des Bundesministeriums für Finanzen zum Kommunalsteuergesetz (KommStG) 1993

BMFBMF-010222/0114-IV/7/201729.1.20182018

Beachte:
Gemäß Info des BMF vom 08.08.2018, BMF-010222/0093-IV/7/2018, kann die in Rz 79 angeführte Meinung des BMF infolge der VwGH-Entscheidung vom 19. April 2018, Ro 2018/15/0003, nicht mehr aufrecht erhalten werden.; Diese Info wird durch die Info des BMF vom 26.01.2023, 2022-0.892.770, ersetzt.

8. Befreiungen (§ 8 KommStG 1993)

8.1. Allgemeines

Rz 125

§ 8 KommStG 1993 enthält eine taxative Aufzählung der Befreiungen. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des KommStG 1993 in anderen Bundesgesetzen enthaltene Befreiungen von bundesgesetzlich geregelten Abgaben gelten nicht für die KommSt mit der Maßgabe, dass die auf völkerrechtlichen Verträgen beruhenden sowie internationalen Organisationen eingeräumten Begünstigungen unberührt bleiben (§ 16 Abs. 2 KommStG 1993). Nach der Erlassung des KommStG 1993 durch Bundesgesetze festgelegte Befreiungen sind anzuwenden.

8.2. Eisenbahnunternehmen

8.2.1. Österreichische Bundesbahnen

Rz 126

Gemäß § 3 Abs. 4 KommStG 1993 idF AbgÄG 2004 gelten die ÖBB-Holding AG und ihre im Bundesbahngesetz, BGBl. Nr. 825/1992 idF BGBl. I Nr. 142/2004 namentlich angeführten Tochter- und Enkelgesellschaften als ein Unternehmen (ÖBB-Gesellschaften); diese Gesellschaften werden im Bereich der Kommunalsteuer als einheitliches Unternehmen behandelt.

Die Befreiung des § 8 Z 1 KommStG 1993 erstreckt sich nicht nur auf den Bahn- und Busbetrieb, sondern auf alle unternehmerischen Tätigkeiten der ÖBB.

Die ÖBB ist mit 66% der Bemessungsgrundlage von der Kommunalsteuer befreit.

8.2.2. Private Eisenbahnunternehmen

Rz 127

Unternehmen mit dem Schwerpunkt "Betreiben eines Eisenbahnunternehmens" sind mit 66% der Bemessungsgrundlage von der Kommunalsteuer befreit (ab 1.1.1999 bis 31.12.2003 - § 5 Abs. 2 PrivatbahnunterstützungsG, BGBl. Nr. 606/1988, idF BGBl. I Nr. 82/1999; ab 1.1.2004 - § 5 Abs. 2 Privatbahngesetz 2004- PrivbG, BGBl. I Nr. 39/2004); hiebei handelt es sich ebenfalls um eine persönliche Befreiung.

8.3. Befreiungen gemäß § 8 Z 2 KommStG 1993

Rz 128

Für eine Körperschaft bzw. Vermögensmasse, die neben ihren nach § 8 Z 2 KommStG 1993 befreiten Zwecken, auch andere (wie zB erwerbswirtschaftliche, gewinnorientierte) Zwecke, entweder nach ihrer Rechtsgrundlage (Gesellschaftsvertrag) bzw. ihrer tatsächlichen Geschäftsführung, verfolgt, ist eine Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 nicht möglich.

Um Abgabenbegünstigungen zu erlangen, gilt nämlich das Ausschließlichkeitsgebot des § 39 Z 1 BAO, wonach eine Körperschaft, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine andere als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen darf.Hinsichtlich des Vorliegens eines unentbehrlichen/entbehrlichen Hilfsbetriebes bzw. eines begünstigungsschädlichen Geschäftsbetriebes siehe Rz 134.

8.3.1. Natürlichen Personen und Personengesellschaften

Rz 129

Bei natürlichen Personen oder Personengesellschaften handelt es sich nicht um Körperschaften im Sinne des § 8 Z 2 KommStG 1993, weshalb eine Befreiung aus rechtlichen Gründen schon nicht möglich ist.

8.3.2. Körperschaften des privaten Rechts/Vereine

Rz 130

Gemeinnützige Körperschaften privaten Rechts, welche die taxativ angeführten Befreiungsagenden, insbesondere Fürsorgeagenden, erfüllen, sind kommunalsteuerbefreit. Solche gemeinnützigen Körperschaften des privaten Rechts sind beispielsweise auch Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG; gerade Krankenanstalten werden oft gemeinnützig in Form einer Kapitalgesellschaft geführt.

Zu den Körperschaften des privaten Rechts sind vor allem aber die Vereine wie ideelle Vereine, Sport- und Kulturvereine, aber auch Wirtschaftsvereine zu zählen.

Die Befreiungen sind vornehmlich auf Vereine zugeschnitten. Siehe dazu auch VereinsR 2001 Rz 589 ff.

8.3.3. Körperschaften öffentlichen Rechts

Rz 131

Bei Körperschaften öffentlichen Rechts sind - anders als bei Vereinen und Kapitalgesellschaften - im Hinblick auf die Formulierung des § 34 Abs. 2 BAO die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen nicht körperschaftsbezogen, sondern betriebsbezogen. Es ist daher für den jeweiligen Betrieb gewerblicher Art die Anwendbarkeit des § 8 Z 2 KommStG 1993 zu prüfen.

8.3.4. Kapitalgesellschaften

Rz 132

Die Prämisse, um eine Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 zu erreichen, ist, dass die Kapitalgesellschaft eine begünstigte Kapitalgesellschaft iSd §§ 34 ff BAO darstellt (zu den Voraussetzungen siehe KStR 2013 Rz 179 f).

Nur wenn diese begünstigte Kapitalgesellschaft auch eine der in § 8 Z 2 KommStG 1993 taxativ angeführten Befreiungsagenden erfüllt, ist eine Kommunalsteuerbefreiung gegeben.

Unterhält eine begünstigte Kapitalgesellschaft einen entbehrlichen/einen unentbehrlichen/einen begünstigungsschädlichen Betrieb, ist Rz 134 zu beachten.

8.3.5. Begünstigte Zwecke

Rz 133

Ausschließlich die in § 8 Z 2 KommStG 1993taxativ aufgezählten Befreiungszwecke(mildtätige Zwecke und/oder gemeinnützige Zwecke auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge) können Tatbestandsmerkmal für eine Kommunalsteuerbefreiung sein, nicht jedoch die sonstigen in den Bestimmungen des § 35 BAOangeführten gemeinnützigen Zwecke wie Volksbildung, Berufsausbildung, Körpersport usw.

Das Betreiben von Kindergärten, Kinderheimen und Studentenheimen ist von § 8 Z 2 KommStG 1993 umfasst (VwGH 20.09.1995, 95/13/0127).

Unter die Befreiungsbestimmung des § 8 Z 2 KommStG 1993 fallen auch Einrichtungen (Körperschaften öffentlichen Rechts) zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen, die gewährleisten, dass Personen mit psychischen und sozialen Defiziten am Arbeitsmarkt reintegriert werden können (VwGH 23.09.2010, 2004/15/0100).

Krankenpflegeschulen, welche nicht im Rahmen einer Krankenanstalt, sondern durch Vereine, Kapitalgesellschaften usw., gesondert von der Krankenanstalt geführt werden, dienen primär der Ausbildung und nicht der Krankenpflege und sind daher nicht unter die Befreiungssachverhalte des § 8 Z 2 KommStG 1993wie Gesundheitspflege und Krankenfürsorge zu subsumieren.

Der Betrieb einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht kann nicht unter § 8 Z 2 KommStG 1993 subsumiert werden (VwGH 30.04.2003, 2003/13/0041).

Ebenso sind Vereinigungen, welche beispielsweise Psychologen ausbilden oder Arzneimittel produzieren, nicht von der Befreiungsbestimmung erfasst, da diese nicht unter die Gesundheitspflege oder Krankenfürsorge im eigentlichen Sinn zu subsumieren sind.

Eine Fremdverköstigung als solche, auch wenn sie (zum Teil) gemeinnützigen Vereinigungen gegenüber erbracht werden sollte, kann nicht als eine Betätigung für gemeinnützige Zwecke angesehen werden. Das ergibt sich schon daraus, dass mit der Bereitstellung von Speisen für derartige Einrichtungen ein gemeinnütziger Zweck dieser Einrichtungen nicht unmittelbar gefördert wird, wie dies in §§ 34und 40 Abs. 1 BAO, auf welche Bestimmungen § 8 Z 2 KommStG 1993 verweist, als Voraussetzung für steuerliche Begünstigungen normiert wird (VwGH 19.10.2006, 2005/14/0132).

Das Tatbestandsmerkmal der Jugendfürsorge iSd § 8 Z 2 KommStG 1993 ist weder durch den Begriff der Jugendfürsorge iSd Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989 begrenzt noch auf Minderjährige beschränkt. Von der Befreiungsbestimmung erfasst sind gemeinnützige auf dem Gebiet der "sozialen Fürsorge" tätige Unternehmen. Die Altersobergrenze liegt bei Personen, die das 27. Lebensjahr nicht vollendet haben (VwGH 24.06.2004, 2001/15/0005).

8.3.6. Begünstigte Körperschaft nach § 8 Z 2 KommStG 1993 mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb

Rz 134

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige, nachhaltige, nicht mit Gewinnabsicht unternommene Betätigung, welche über die Vermögensverwaltung hinausgeht und in deren Rahmen Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden.

Betreibt eine begünstigte Zwecke fördernde Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so unterscheidet § 45 BAO drei Arten solcher Betriebe:

1) unentbehrlicher Hilfsbetrieb (§ 45 Abs. 2 BAO)

2) entbehrlicher Hilfsbetrieb (§ 45 Abs. 1 BAO)

3) begünstigungsschädlicher Geschäftsbetrieb (§ 45 Abs. 3 BAO)

1) Betreibt die begünstigte Körperschaft (zB Verein zur Betreuung Behinderter) einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb (zB Rehabilitationszentrum), ist auch der unentbehrliche Hilfsbetrieb von der Körperschaftsteuer befreit.

Hinsichtlich der Kommunalsteuer ist für diesen unentbehrlichen Hilfsbetrieb die Befreiungsbestimmung des § 8 Z 2 KommStG 1993 anwendbar (ebenso wie hinsichtlich der begünstigten Körperschaft).

2) Betreibt die begünstigte Körperschaft (zB Verein zur Beratung von Jugendlichen) einen entbehrlichen Hilfsbetrieb (zB Flohmarkt), bleibt die Körperschaft abgabenfrei und es wird lediglich der entbehrliche Hilfsbetrieb abgabenpflichtig.

Hinsichtlich der Kommunalsteuer ist für diesen entbehrlichen Hilfsbetrieb Kommunalsteuerpflicht gegeben. Hinsichtlich der begünstigten Körperschaft bleibt die Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 aufrecht.

3a)Betreibt eine begünstigte Körperschaft (zB Altenpflegeeinrichtung) einen begünstigungsschädlichen Geschäftsbetrieb (zB Handelsbetrieb) und dienen die Überschüsse des Geschäftsbetriebes den Zwecken der begünstigten Körperschaft und überschreiten die Umsätze nicht 40.000 Euro, ist der begünstigungsschädliche Geschäftsbetrieb voll abgabenpflichtig. Die begünstigte Körperschaft bleibt abgabenbegünstigt.

Hinsichtlich der Kommunalsteuer ist für diesen begünstigungsschädlichen Geschäftsbetrieb Kommunalsteuerpflicht gegeben. Hinsichtlich der begünstigten Körperschaft bleibt die Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 aufrecht.

3b) Betreibt eine begünstigte Körperschaft (zB Altenpflegeeinrichtung) einen begünstigungsschädlichen Geschäftsbetrieb (zB Handelsbetrieb) und dienen die Überschüsse des Geschäftsbetriebes den Zwecken der begünstigten Körperschaft und überschreiten die Umsätze 40.000 Euro, ist der begünstigungsschädliche Geschäftsbetrieb und die Körperschaft (diese verliert die abgabenrechtliche Begünstigung) voll abgabenpflichtig.

Hinsichtlich der Kommunalsteuer ist für diesen begünstigungsschädlichen Geschäftsbetrieb Kommunalsteuerpflicht gegeben. Hinsichtlich der (vormals begünstigten Körperschaft) ist keine Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993 gegeben (und damit Kommunalsteuerpflicht gegeben).

Achtung: Wird ein Ausnahmebescheid nach § 44 Abs. 2 BAO erlassen, behält die begünstigte Körperschaft die Kommunalsteuerbefreiung nach § 8 Z 2 KommStG 1993, auch wenn die Umsatzgrenze des begünstigungsschädlichen Geschäftsbetriebes 40.000 Euro übersteigt.

8.3.7. Begünstigte Körperschaften mit Aufgaben der öffentlichen Fürsorge

Rz 135

Soweit ein Verein oder eine begünstigte Körperschaft Aufgaben der Familienfürsorge (§ 8 Z 2 KommStG 1993), etwa bei dem Versuch der Resozialisierung nicht vermittelbarer Langzeitarbeitsloser (zB Alkoholiker), aber auch sonstige Aufgaben außerhalb des Fürsorgebereichs, etwa Schuldnerberatung, im Rahmen seiner Vereinstätigkeit erbringt und dabei Einnahmen im Unternehmensbereich (unechte Subventionen bzw. Mitgliedsbeiträge) erzielt, bestehen keine Bedenken, eine Vereinbarung (Mischschlüssel) der Bemessungsgrundlage aus der Relation

durchzuführen.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993

Schlagworte:

Kommunalsteuer, KommSt, Kommunalsteuergesetz, KommStG

Verweise:

VwGH 19.04.2018, Ro 2018/15/0003
BMF 26.01.2023, 2022-0.892.770

Stichworte