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7.3. Fondsverschmelzungen und Fondsliquidationen

BMFBMF-010200/0019-IV/1/201819.7.2018

7.3.1. Fondsverschmelzungen

7.3.1.1. Steuerliche Auswirkungen auf Fondsebene

Rz 526
§ 186 Abs. 4 InvFG 2011 enthält Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Fondsverschmelzungen gemäß §§ 114 bis 127 InvFG 2011. Fondsverschmelzungen sind auf Fondsebene steuerneutral, soweit keine endgültige Verschiebung stiller Reserven stattfindet; dabei sind die Anschaffungskosten sämtlich er Vermögenswerte des übertragenden Fonds vom übernehmenden Fonds fortzuführen. Kommt es hingegen zu einer Verschiebung von stillen Reserven, gelten sämtliche Vermögenswerte des übertragenden Fonds am Verschmelzungsstichtag als zum gemeinen Wert veräußert (Liquidationsfiktion).

Rz 527
Unabhängig, ob die Liquidationsfiktion zur Anwendung gelangt, gelten sämtliche ausschüttungsgleiche Erträge des übertragenden Fonds als am Verschmelzungsstichtag zugeflossen und sämtliche Verlustvorträge iSd § 186 Abs. 1 InvFG 2011 des übertragenden Fonds gehen unter. Diese verschmelzungsbedingten ausschüttungsgleichen Erträge erhöhen die Anschaffungskosten gemäß § 186 Abs. 3 InvFG 2011 und führen auch zu einer KESt-Ausschüttung gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Satz InvFG 2011.

Rz 528
Diese Regelungen sind ebenso für inländische Verschmelzungen, die nicht auf Grundlage des InvFG 2011 stattfinden, sowie für ausländische Verschmelzungen anzuwenden, sofern eine Vergleichbarkeit mit Verschmelzungen gemäß §§ 114 bis 127 InvFG 2011 dem Grunde nach gegeben ist. Liegt eine solche Vergleichbarkeit nicht vor, führt dies auf Anteilinhaberebene stets zur Realisierung der Anteile (Tausch).

7.3.1.2. Steuerliche Auswirkungen auf Anteilinhaberebene

Rz 529
Auf Anteilinhaberebene kommt es durch eine Fondsverschmelzung nicht zu einer Realisierung der Anteilscheine. Stattdessen sind die modifizierten Anschaffungskosten der Anteilscheine am übertragenden Fonds auf die Anteilscheine des übernehmenden Fonds zu übertragen. Werden Barzahlungen gemäß § 126 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 Z 2 InvFG 2011 geleistet, gelten diese beim Anteilinhaber in voller Höhe als realisierte Wertsteigerungen; eine Verminderung der Anschaffungskosten findet nicht statt.

Da gemäß § 186 Abs. 4 Z 3 InvFG 2011 der Umtausch von Anteilen auf Grund einer Verschmelzung nicht als Realisierung gilt, bleibt trotz der Vornahme der pauschalen Besteuerung die Altbestandseigenschaft der Anteile erhalten.

7.3.1.3. Behandlung für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzuges

Rz 530
Die Behandlung von Fondsverschmelzungen für Zwecke des KESt-Abzuges wird neben den materiellen Bestimmungen des § 186 Abs. 4 InvFG 2011 durch § 2 Abs. 1 Z 2 Kapitalmaßnahmen-VO determiniert.

Die abzugsverpflichteten Stellen können für die Durchführung des KESt-Abzuges nach § 2 Abs. 2 Z 3 Kapitalmaßnahmen-VO auf Informationen anerkannter Datenprovider zurückgreifen, sofern sie nicht begründete Zweifel daran haben. Dies gilt auch für die Frage der Vergleichbarkeit in- und ausländischer Verschmelzungsvorgänge (siehe Rz 528). Liegt demnach eine Information eines anerkannten Datenproviders vor, wonach im Inland eine Verschmelzung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage oder im Ausland eine "Verschmelzung" von "Fonds" stattfindet, kann der Abzugsverpflichtete grundsätzlich davon ausgehen, dass es sich um einen Vorgang handelt, der mit Verschmelzungen gemäß §§ 114 bis 127 InvFG 2011 dem Grunde nach vergleichbar ist.

Rz 531
Gemäß § 3 Z 1 Kapitalmaßnahmen-VO sind für Zwecke des KESt-Abzuges die Anschaffungskosten der übertragenen Anteile auf die erhaltenen Anteile zu übertragen. Diese Vorgehensweise ist unabhängig von den materiellrechtlichen Auswirkungen der Verschmelzung, weil es dabei nie zu einer Realisierung der Anteile kommt (§ 186 Abs. 4 Z 3 InvFG 2011).

Rz 532
Beim KESt-Abzug sind auch die Bestimmungen des § 186 Abs. 4 InvFG 2011 zu beachten, wonach die Auswirkungen der Verschmelzung (sowohl bei in- als auch bei ausländischen Verschmelzungen) auf Ebene des Fonds davon abhängen, ob es zu einer endgültigen Verschiebung stiller Reserven kommt. Eine endgültige Verschiebung stiller Reserven bewirkt, dass sämtliche Vermögenswerte des übertragenden Fonds zum Verschmelzungsstichtag als (zum gemeinen Wert) veräußert gelten. Aufgrund dieser Liquidationsfiktion fließen dem Anteilinhaber des übertragenden Fonds ausschüttungsgleiche Erträge zu, die auch zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten führen.

Rz 533
Das Nichtvorliegen einer endgültigen Verschiebung stiller Reserven kann nur aufgrund einer entsprechenden steuerlichen Meldung nach § 186 Abs. 2 Z 2 InvFG 2011 angenommen und berücksichtigt werden. Fehlt eine solche Meldung, muss die abzugsverpflichtete Stelle die Liquidationsfiktion zur Anwendung bringen, wobei die erzielten ausschüttungsgleichen Erträge - die gerade aufgrund der fehlenden Meldung nicht in tatsächlicher Höhe bekannt sind - nach der Systematik des § 186 Abs. 2 Z 3 InvFG 2011 pauschal anzusetzen sind: Diese sind in Höhe von 90% des Unterschiedsbetrages zwischen dem letzten vor dem Verschmelzungsstichtag und dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis, mindestens jedoch in Höhe von 10% des letzten vor dem Verschmelzungsstichtag festgesetzten Rücknahmepreises, anzusetzen.

In der Veranlagung kann der Anleger entweder das Nichtvorliegen einer endgültigen Verschiebung stiller Reserven oder die tatsächliche Höhe der fiktiven ausschüttungsgleichen Erträge nachweisen.

7.3.2. Fondsliquidationen

Rz 534
Eine Fondsliquidation stellt materiellrechtlich eine Veräußerung des Anteilscheins dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Liquidationserlös mit einer oder mit mehreren Zahlungen verteilt wird und wann eine Ausbuchung der Anteilscheine stattfindet.

Rz 535
Ist der abzugsverpflichteten Stelle - etwa aufgrund einer Information eines anerkannten Datenproviders - bekannt, dass sich der betreffende Fonds in Liquidation befindet, können die jeweiligen Teilauszahlungen des Liquidationserlöses als nicht steuerpflichtig behandelt werden. Um die Besteuerung sicherzustellen, muss in Folge allerdings bei Ausbuchung der Anteilscheine eine pauschale Besteuerung der "letzten" ausschüttungsgleichen Erträge nach der Systematik des § 186 Abs. 2 Z 3 InvFG 2011 vorgenommen werden. Dabei sind die ausschüttungsgleichen Erträge in Höhe von 90% des Unterschiedsbetrages zwischen dem letzten vor Beginn der Liquidation (somit vor Anpassung des Rücknahmepreises aufgrund erfolgter Teilauszahlungen) und dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis, mindestens jedoch in Höhe von 10% des letzten vor Beginn der Liquidation festgesetzten Rücknahmepreises, angesetzt werden. Diese Pauschalbesteuerung könnte durch eine fristgerechte steuerliche Meldung vor Ausbuchung der Anteilscheine vermieden werden. Bei Vornahme der Pauschalbesteuerung könnte der Anleger die tatsächlich erzielten Einkünfte in der Veranlagung erklären.

Rz 536
Ist der abzugsverpflichteten Stelle nicht bekannt, dass sich der betreffende Fonds in Liquidation befindet, sind Auszahlungen durch einen Fonds - unabhängig von der materiellrechtlichen Einstufung des Liquidationsvorganges - nach der Systematik des § 186 InvFG 2011 iVm der FMV 2015 zu beurteilen. Wird daher eine Auszahlung vorgenommen, ist diese als Ausschüttung anzusehen und damit stets steuerpflichtig, wenn keine steuerliche Meldung nach § 186 Abs. 2 Z 2 InvFG 2011 vorgenommen wird.

Werden in Folge die Anteile ausgebucht, ohne dass im Gegenzug eine Auszahlung vorgenommen wird (weil bereits Teilzahlungen erfolgt sind), wird damit ein Verlust in Höhe der steuerlichen Anschaffungskosten realisiert, der bei Neubestand im Rahmen eines allfälligen Verlustausgleichs berücksichtigt werden kann.

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