vorheriges Dokument
nächstes Dokument

2.3. Europäische Sonderformen eines AIF

BMFBMF-010200/0019-IV/1/201819.7.2018

2.3.1. Allgemeines

Rz 126
Als Europäische Sonderformen eines AIF sind der Europäische Risikokapitalfonds, der Europäische Fonds für Soziales Unternehmertum und der European Long Term Investment Funds (ELTIF) zu nennen.

2.3.2. Europäischer Risikokapitalfonds

2.3.2.1. Begriffsbestimmung

Rz 127
Die Rechtsgrundlage für Europäische Risikokapitalfonds (European venture capital funds - EuVECA) ist die EU-Verordnung 345/2013 . EuVECA sind alternative Investmentfonds (AIF), deren AIFM in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassen ist und die ihr Kapital zu mindestens 70% in Unternehmen investieren, die zum Investitionszeitpunkt

  • nicht für den Handel an einem geregelten Markt oder einem multilateralen Handelssystem zugelassen sind und
  • weniger als 250 Personen beschäftigen und
  • entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro machen oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro haben.

Diese Unternehmen werden "qualifizierte Portfoliounternehmen" genannt.

Rz 128
Aufgrund ihrer Tätigkeit nicht als "qualifiziertes Portfoliounternehmen" geeignet sind

  • Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA)
  • Kreditinstitute
  • Wertpapierfirmen
  • Versicherungsunternehmen
  • Finanzholdinggesellschaften
  • gemischte Unternehmen; das sind Mutterunternehmen, die keine Finanzholdinggesellschaft, kein Kreditinstitut und keine gemischte Finanzholdinggesellschaft sind und zu deren Tochterunternehmen mindestens ein Kreditinstitut gehört.

Rz 129
Aufgrund ihres Niederlassungsortes nicht als "qualifiziertes Portfoliounternehmen" geeignet sind Unternehmen, die in einem Drittstaat niedergelassen sind,

  • der auf der Liste der nicht-kooperativen Länder und Gebiete der FATF steht oder
  • der sich entweder gegenüber dem Herkunftsmitgliedstaat des Fondsverwalters oder gegenüber einem jener Mitgliedstaaten, in denen die Anteile des EuVECA vertrieben werden sollen, nicht zur Leistung von Informationsaustausch verpflichtet hat und diesen auch nicht gewährleistet.

Rz 130
Der EuVECA investiert mittels folgender Instrumente in "qualifizierte Portfoliounternehmen":

  • Eigenkapital, das ist die Beteiligung an einem Unternehmen in Form von Anteilen oder anderen für seine Anleger begebenen Formen der Beteiligung am Kapital;
  • sonstige Anteile, die von bestehenden Anteilseignern erworben werden;
  • eigenkapitalähnliche Instrumente, das sind alle Arten von Finanzinstrumenten, die aus Eigen- und Fremdkapital zusammengesetzt sind und bei denen sich die Rendite nach dem Gewinn oder Verlust des qualifizierten Portfoliounternehmens bemisst und bei denen die Rückzahlung im Fall der Zahlungsunfähigkeit nicht vollständig gesichert ist;
  • Anteile an EuVECA, wenn diese selbst höchstens 10% ihres Kapitals in EuVECA investiert haben.

70% des Kapitals eines EuVECA müssen in die angeführten Instrumente (auch "qualifizierten Anlagen") investiert werden; andere Investments dürfen höchstens 30% des Kapitals des EuVECA betragen. Das Kapital des EuVECA darf durch Kreditaufnahme, Wertpapierleihe, Engagements in Derivatepositionen oder auf andere Weise nicht über den Betrag des zugesagten Kapitals hinaus erhöht werden (kein "Leveraging"). Der Betrag, den der EuVECA mittels Fremdkapital (Darlehen, Schuldtitel oder Garantien) finanziert, muss durch noch nicht eingeforderte Kapitalzusagen gedeckt sein.

2.3.2.2. Aufsichtsrechtliche Vorgaben

Rz 131
Die Verwalter von EuVECA müssen in der EU niedergelassen sein und der Registrierung/Konzessionierung bei einer zuständigen Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates unterliegen.

EuVECA-Anteile dürfen ausschließlich an folgende Anleger vertrieben werden:

  • professionelle Kunden gemäß Anhang II Abschnitt I der Finanzinstrumenterichtlinie (RL 2014/65/EU );
  • Kunden, die auf Antrag als professionelle Kunden behandelt werden können (Anhang II Abschnitt II der RL 2014/65/EU );
  • andere Anleger, die
    • mindestens 100.000 Euro investieren und
    • schriftlich in einem gesonderten Vertrag angeben, dass sie sich der Risiken bewusst sind.

Rz 132
Spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres eines EuVECA muss dessen Verwalter einen Jahresbericht vorlegen. Mindestens einmal pro Jahr muss eine Rechnungsprüfung des EuVECA stattfinden.

Rz 133
Der EuVECA wird von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates überwacht. Die ESMA führt eine öffentlich zugängliche Datenbank, die alle registrierten Verwalter von EuVECA, alle EuVECA und die Länder, in denen sie vertrieben werden dürfen, enthält.

2.3.2.3. Besteuerung

Rz 134
Die von der österreichischen FMA bzw. von ausländischen Aufsichtsbehörden zugelassenen EuVECA sind AIF im Sinne des AIFMG, die gemäß § 186 Abs. 1 Z 2 InvFG 2011 oder § 188 Abs. 1 Z 2 InvFG 2011 besteuert werden. Siehe dazu Rz 74 ff.

Stichworte