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2.2.4. Auffangtatbestand des § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011

BMFBMF-010200/0019-IV/1/201819.7.2018

2.2.4.1. Allgemeines

Rz 103
§ 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 bildet einen Auffangtatbestand, der ausländische Investmentstrukturen rechtsformunabhängig erfasst, die keine OGAW oder AIF sind. Die Besteuerungsfolgen des § 186 InvFG 2011 kommen jedoch nur dann zur Anwendung, wenn der ausländische Organismus sein Vermögen nach dem Gesetz, der Satzung oder der tatsächlichen Übung nach den Grundsätzen der Risikostreuung (siehe Rz 104 ff) anlegt und das Kriterium der Nicht- oder Niedrigbesteuerung (siehe Rz 110 ff) erfüllt. Ob das ausländische Gebilde aufsichtsrechtliche Anforderungen erfüllt, ist daher für die steuerliche Beurteilung irrelevant. Sofern jedoch deshalb kein AIF vorliegt, weil eine in Art. 2 Abs. 3 der RL 2011/61/EU statuierte Ausnahme aus der AIF-Eigenschaft zur Anwendung kommt (zB Holdinggesellschaften, nationale Zentralbanken, bestimmte staatliche Einrichtungen und Verbriefungszweckgesellschaften), sind die einschlägigen Gebilde dennoch im Anwendungsbereich des § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011. Die materielle Anknüpfung soll Gestaltungsmodelle in Niedrigsteuerländern verhindern.

2.2.4.2. Risikostreuung

Rz 104
Ein ausländischer Investmentfonds, der weder ein OGAW noch ein AIF ist, muss sein Vermögen nach den Grundsätzen der Risikostreuung veranlagen. Dabei ist die Art des Vermögens, in das investiert wird, völlig unerheblich. Durch dieses Kriterium soll eine vergleichbare Anknüpfung wie bei inländischen Fonds im Sinne des § 186 Abs. 1 Z 1 InvFG 2011 sichergestellt werden.

Rz 105
Die Risikostreuung ist wirtschaftlich zu sehen und kann beim Erwerb von mehreren Wertpapieren bzw. anderen Vermögensgegenständen von verschiedenen Anbietern oder verschiedener Wertpapiere bzw. anderer Vermögensgegenstände desselben Anbieters erfüllt sein. Sofern quantitativ eine Mehrzahl von unterschiedlichen Produkten mit unterschiedlichen Risiken vorliegt, kann das Kriterium der Risikostreuung erfüllt sein. Die Risikostreuung kann nach der Art der Wertpapiere, der Branchenzugehörigkeit und Bonität ihres Emittenten, der Berücksichtigung des Währungsrisikos, nach Fälligkeit, usw. überprüft werden. Die Einhaltung der inländischen Veranlagungsvorschriften in quantitativer und qualitativer Hinsicht ist allerdings nicht zwingende Voraussetzung für die Qualifizierung als ausländischer Investmentfonds; in Anlehnung an die bisherige Verwaltungspraxis kann jedoch jedenfalls beim Erwerb von sechs verschiedenen Wertpapieren von Risikostreuung ausgegangen werden.

Rz 106
Die Risikostreuung für Zwecke des § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 kann auch mittelbar erfolgen, weil für das Steuerrecht eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend ist.

Beispiel:

Ein Investor hat Anteile an der M-Gesellschaft, die ihrerseits 100% der Anteile an der T-Gesellschaft hält. Die T-Gesellschaft investiert nach den Grundsätzen der Risikostreuung. Die Risikostreuung im Sinne des § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 liegt (mittelbar) vor.

§ 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 kann auch zur Anwendung gelangen, wenn sich zwischen der Gesellschaft, die nach den Grundsätzen der Risikostreuung investiert ist, und dem Investor eine Verbriefungsgesellschaft befindet (sofern das ausgegebene Wertpapier nicht ohnehin als AIF einzustufen ist; siehe dazu Rz 77). Dies gilt insbesondere, wenn die ausgegebenen Wertpapiere die Wertentwicklung des risikogestreuten Vermögens abbilden.

Rz 107
Schließt eine fehlende Anlagestrategie die Qualifikation einer ausländischen Investmentstruktur als AIF aus, weil die zuständige Aufsichtsbehörde vom Vorliegen einer unternehmerischen Strategie ausgeht, ist dies als Indiz gegen das Vorliegen eines ausländischen Investmentfonds gemäß § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 zu werten.

Rz 108
Die Möglichkeit, zB aufgrund der Beteiligungshöhe Einfluss auf die Zielgesellschaften zu nehmen, ist für sich alleine genommen nicht ausreichend, um das Vorliegen eines Investmentfonds im Sinne des § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 auszuschließen. Überwiegen aber die tatsächliche Einflussnahme und das unternehmerische Engagement in den Zielgesellschaften in einer Gesamtbetrachtung des Organismus gegenüber dem bloßen Kapitalveranlagungsgedanken, spricht dies gegen das Vorliegen eines ausländischen Investmentfonds, selbst wenn das Kriterium der Risikostreuung erfüllt ist.

Rz 109
Sofern bei einem ausländischen Organismus einzelne "Segmente" oder "Rechnungskreise" getrennt mit unterschiedlichen ISIN handelbar sind oder zum Erwerb angeboten werden und die Anleger nicht offenkundig in jedem Fall an mehreren oder allen "Segmenten" beteiligt sind, die in einer Gesamtbetrachtung die Grundsätze der Risikostreuung erfüllen, ist das Kriterium der Risikostreuung getrennt für jedes einzelne "Segment" zu prüfen (segmentbezogene Betrachtungsweise).

2.2.4.3. Niedrigbesteuerung

Rz 110
Die zweite Anwendungsvoraussetzung von § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011 ist die Nichtbesteuerung oder ein niedriges Besteuerungsniveau der betreffenden Investmentstruktur im Ausland. Kommt dem ausländischen Organismus nach dem Recht seines Ansässigkeitsstaates keine Steuerrechtssubjektivität zu, ist das Kriterium der Niedrigbesteuerung stets erfüllt.

Rz 111
Niedrigbesteuerung im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn

Bei der Niedrigbesteuerung in der Beteiligungskette ist auf eine Gesamtbetrachtung der im Ausland anfallenden Steuern abzustellen.

Rz 112
Die Kriterien decken sich inhaltlich weitgehend mit denen des § 10 Abs. 5 KStG 1988 (siehe dazu KStR 2013 Rz 1240 ff).

Auch eine Minderung der ausländischen Steuerbemessungsgrundlage des Organismus durch Ausschüttungen kann eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung gemäß § 188 Abs. 1 Z 3 lit. a InvFG 2011 auslösen, weil dadurch keine tatsächlich direkt oder indirekt der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbare Steuer erhoben wird.

Rz 113
Abweichend von § 10 Abs. 5 Z 3 letzter Satz KStG 1988 kann eine Befreiung für Dividenden als schädliche Befreiung iSd § 188 Abs. 1 Z 3 lit. c InvFG 2011 eingestuft werden. Dies gilt jedoch nur, wenn diese gemeinsam mit anderen Befreiungen insgesamt zu einer umfassenden sachlichen Befreiung führt.

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