EAS 3380
Erhält ein in Russland ansässiger Steuerpflichtiger Gewinnanteile aus der Beteiligung als echter stiller Gesellschafter an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, so sind die Einkünfte aufgrund von § 98 Abs. 1 Z 5 lit. c iVm § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 - somit als Einkünfte aus Kapitalvermögen - im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zu erfassen. Dabei besteht für den beschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 102 Abs. 1 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 Veranlagungspflicht, wobei die von den Gewinnanteilen einbehaltene Abzugsteuer iSd § 99 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 auf die veranlagte Steuer entsprechend anzurechnen ist.
Nach abkommensrechtlicher Sicht führt eine Beteiligung als echter stiller Gesellschafter grundsätzlich zwar zu Zinsen, wonach Art. 11 des Doppelbesteuerungsabkommens einschlägig wäre (Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht I/1 Z 11 Rz 93). Das DBA Russland enthält jedoch eine gesonderte Protokollbestimmung zu Art. 7, der zufolge "Einvernehmen darüber [besteht], dass der in Artikel 7 verwendete Ausdruck "Unternehmensgewinne" auch Gewinne eines Gesellschafters aus seiner Beteiligung an einer Personengesellschaft jeglicher Art umfasst". Dabei setzt die Anwendung des Artikels für Unternehmensgewinne auf Personengesellschaften grundsätzlich voraus, dass diese in der Lage sind, grenzüberschreitend durch Betriebsstätten Einkünfte zu erzielen. Dies ist dann der Fall, wenn sie als "Mitunternehmerschaft" anzusehen sind (vgl. Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht I/1 Z 7 Rz 101). Beteiligen sich Personen an einem österreichischen Unternehmen als atypisch stille Gesellschafter, dann gilt als Grundsatz, dass die inländische Betriebsstätte des Unternehmens auch Betriebsstätten der ausländischen stillen Gesellschafter darstellt, wodurch die Anwendung des Art. 7 offensteht. Liegt hingegen eine Beteiligung als echter stiller Gesellschafter vor, dann knüpft die inländische beschränkte Steuerpflicht nicht an den Bestand einer inländischen Betriebsstätte an, sondern an die Steuerabzugspflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 5 lit. c iVm § 99 Abs. 1 Z 7 EStG 1988. Im Zusammenhang mit der Besteuerung von Einkünften aus Beteiligungen an Personengesellschaften könnte daher grundsätzlich vermutet werden, dass nur solche Gesellschaften für Art. 7 in Betracht kommen, die als Mitunternehmerschaften behandelt werden, was wiederum im Bereich der stillen Gesellschaften eine Einschränkung auf atypische stille Beteiligungen zur Folge haben müsste. Für Zwecke des DBA Russland steht dieser Auslegung nach Ansicht des BMF jedoch die Protokollbestimmung zu Art. 7 DBA Russland entgegen, wonach sich der Verweis auf Personengesellschaften ausdrücklich auf Personengesellschaften "jeglicher Art" bezieht und somit auch echte stille Gesellschaften umfasst. Nach Ansicht des BMF wird das Besteuerungsrecht Österreichs im Falle der Gewinnanteile des echten stillen Gesellschafters durch das DBA Russland daher nicht eingeschränkt, wobei Russland aufgrund von Art. 23 Abs. 2 DBA Russland die österreichische Steuer anzurechnen hätte.
Bemerkt wird jedoch, dass diese Rechtsansicht mit der russischen Seite bislang nicht abgestimmt wurde. Sollte daher bei der Anwendung dieser Bestimmung entsprechend der hier geäußerten Rechtsansicht ein Steuerkonflikt mit der russischen Finanzverwaltung entstehen, wäre eine einheitliche Interpretation dieser Vertragsbestimmung im Wege eines Verständigungsverfahrens nach Art. 25 DBA Russland anzustreben.
Bundesministerium für Finanzen, 1. Juni 2017
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | stille Gesellschaft, Unternehmensgewinne, Personengesellschaft, Beteiligung, Mitunternehmerschaft |