§ 23a EStG 1988 sieht eine - zu § 2 Abs. 2a EStG 1988 hinzutretende - weitere Wartetastenregelung für Verluste von sogenannten "kapitalistischen Mitunternehmern" vor. Die Eckpunkte dieser Bestimmung sind:
- Betroffen sind nur natürliche Personen als Mitunternehmer (§ 23a Abs. 1 EStG 1988).
- Eine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kann die Wartetastenregelung trotz Haftungsbeschränkung ausschließen (§ 23a Abs. 2 EStG 1988).
- Maßgeblich sind nur Haftungsbeschränkungen gegenüber Dritten (§ 23a Abs. 2 EStG 1988). Interne Haftungsbeschränkungen oder Regressvereinbarungen sind unschädlich.
- Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind nicht zu berücksichtigen (§ 23a Abs. 3 EStG 1988).
- Verluste aus Sonderbetriebsausgaben sind jedenfalls ausgleichs- und vortragsfähig (§ 23a Abs. 1 EStG 1988).
- Das Ergebnis aus Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben wirkt sich auf das steuerliche Kapitalkonto nicht aus (§ 23a Abs. 3 EStG 1988).
1. Zweck der Regelung, grundsätzliche Vorgangsweise und Inkrafttreten
Zugewiesene Verluste aus Mitunternehmerschaften konnten bisher grundsätzlich unbeschränkt mit positiven anderen Einkünften ausgeglichen werden und, soweit dies nicht möglich ist, auch vorgetragen werden. Steht diesen Verlusten aber keine unbeschränkte Haftung des Mitunternehmers gegenüber Gläubigern gegenüber, werden sie wirtschaftlich nicht getragen.
Mit Wirksamkeit ab dem ersten im Jahr 2016 beginnenden Wirtschaftsjahr können Verluste von kapitalistischen Mitunternehmern, wenn sie natürliche Personen sind, nur bis zur Höhe des steuerlichen Kapitalkontos mit anderen Einkünften ausgeglichen oder vorgetragen werden. Übersteigende Verluste sind aber nicht verloren, sie werden auf eine sogenannte "Wartetaste" gelegt und sind entweder
- analog zur Regelung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 mit künftigen Gewinnen zu verrechnen oder
- werden durch weitere Einlagen des Gesellschafters ins Gesellschaftsvermögen zu ausgleichs- und vortragsfähigen Verlusten.
Ungeachtet des Begriffes "Kapitalkonto" ist die Regelung nicht auf bilanzierende Mitunternehmerschaften beschränkt, sondern auch bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen anzuwenden. Sofern nicht alle Mitunternehmer unbeschränkt haften oder Mitunternehmerinitiative entfalten, ist das für § 23a EStG 1988 maßgebende Kapitalkonto (siehe Punkt 4.) dabei unter Berücksichtigung von Einlagen und Entnahmen wie bei bilanzierenden Mitunternehmerschaften erstmals für in 2016 beginnende Wirtschaftsjahre zu erstellen (siehe Punkt 8.) und fortzuentwickeln (siehe dazu die Beispiele in Punkt 6. und 7.).
2. Verhältnis zu § 2 Abs. 2a EStG 1988
Bereits bisher waren in § 2 Abs. 2a insbesondere für Mitunternehmer geltende Wartetastenregelungen verankert. Diese bleiben über 2015 hinaus bestehen und sind gegenüber § 23a vorrangig anzuwenden.
3. Was sind kapitalistische Mitunternehmer?
Betroffen sind nur kapitalistische Mitunternehmer, das sind solche,
- deren Haftung eingeschränkt ist, wie insbesondere bei Kommanditisten (siehe 3.1.) und
- die keine "ausgeprägte Unternehmerinitiative" entfalten (siehe 3.2.).
3.1. Haftungseinschränkung
Nach § 171 UGB haftet ein Kommanditist mit der im Firmenbuch eingetragenen Haftsumme, wobei seine Haftung ausgeschlossen ist, soweit die Einlage geleistet ist.
Neben dem Kommanditisten betroffen ist der atypisch stille Gesellschafter, der gegenüber Dritten überhaupt nicht in Erscheinung tritt und daher auch diesen gegenüber nicht haftet. Er riskiert auch im Innenverhältnis idR nur seine Einlage.
Die Anwendung des § 23a EStG 1988 auf Gesellschafter einer GesbR hängt davon ab, ob es sich um eine Innengesellschaft (dann wie atypisch Stille) oder um eine Außengesellschaft handelt, bei der die Haftung gegenüber Dritten maßgeblich ist.
3.2. Ausgeprägte Mitunternehmerinitiative
Das Entfalten einer ausgeprägten Mitunternehmerinitiative schaltet gemäß § 23a Abs. 2 EStG 1988 die Wartetastenregelung aus, weil eine solche ein nur schwächer ausgeprägtes Unternehmerrisiko aufwiegt.
Es muss dabei eine aktive unternehmerische Mitarbeit für das Unternehmen erfolgen, die deutlich über die bloße Wahrnehmung von Kontrollrechten hinausgeht. Dies wird jedenfalls dann erfüllt sein, wenn der nicht oder beschränkt haftende Mitunternehmer die laufende Geschäftsführung der Mitunternehmerschaft besorgt. Zwar ist der Kommanditist von der Geschäftsführung nach § 164 UGB ausgeschlossen, die Wahrnehmung einer Prokura oder eine regelmäßige Tätigkeit in anderen Bereichen sind aber möglich. Hingegen reicht zB eine bloße sporadische Teilnahme an strategischen Besprechungen und unternehmensinternen Sitzungen oder eine Mitwirkung an der Geschäftsführung in bloßen Ausnahmefällen oder bei außerordentlichen Geschäften nicht aus. Eine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative verlangt somit eine auf Dauer angelegte kontinuierliche Partizipation in einer nicht bloß Kontrollbefugnisse wahrnehmenden Funktion. Eine nachweisliche durchschnittliche Mitarbeit im Ausmaß von mindestens 10 Wochenstunden begründet in der Regel eine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative. Die arbeitsrechtliche Einstufung der Tätigkeit spielt keine Rolle, das Vorliegen einer Pflichtversicherung nach ASVG (zB Kommanditist bis 25%) oder GSVG aus dieser Beteiligung ist allerdings ein Indiz für das Vorliegen einer ausgeprägten Mitunternehmerinitiative. Arbeitet der Mitunternehmer nicht aktiv mit, ist das Vorliegen einer Pflichtversicherung nach GSVG nicht ausreichend. Eine Tätigkeit, die dem eigenen Betrieb des beschränkt haftenden Mitunternehmers zuzurechnen ist, stellt keine ausgeprägte Mitunternehmerinitiative dar, selbst wenn es sich zB um umfangreiche Beratungsleistungen eines Unternehmensberaters oder Rechtsanwalts handelt.
Wird der Kommanditist (oder ein atypisch stiller Gesellschafter) gleichzeitig als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & CoKG tätig und führt in dieser Funktion auch die Geschäfte der KG, reicht dies als indirekte Mitunternehmerinitiative aus.
4. Welches Kapitalkonto ist maßgeblich?
Das Verlustausgleichspotenzial ist begrenzt durch das steuerliche Kapitalkonto des kapitalistischen Mitunternehmers (kap. MU) vor Verlustzuweisung, das sich aus folgenden Werten zusammensetzt:
1. Gesellschaftseinlage, soweit diese einbezahlt ist,
2. allfälliges Ergänzungskapital bei nachträglichem Gesellschafterbeitritt,
3. stehengelassene laufende steuerliche Gewinne abzüglich Verluste,
4. weitere Einlagen (siehe Punkt 10.) in das Gesellschaftsvermögen abzüglich Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen.
Im Folgenden wird das für § 23a EStG 1988 relevante Kapitalkonto als KapK I bezeichnet.
Nicht zu berücksichtigen ist hingegen aktives oder passives Sonderbetriebsvermögen.
Als aktives Sonderbetriebsvermögen kommen zB Grundstücke des kap. MU in Betracht, die von der Mitunternehmerschaft betrieblich genutzt werden, Darlehensforderungen an die Mitunternehmerschaft, weiters vom kap. MU angeschaffte begünstigte Wertpapiere iSd § 10 EStG 1988 zur Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrages. Unter passives Sonderbetriebsvermögen fallen insbesondere Verbindlichkeiten zur Einlagenfinanzierung oder zur Finanzierung von aktivem Sonderbetriebsvermögen.
Jene Teile des steuerlichen Kapitalkontos, die für § 23a EStG 1988 nicht relevant sind, werden im Folgenden als KapK II bezeichnet.
Die Summe aus KapK I und KapK II ergibt das steuerliche Eigenkapital.
4.1. Gewinn- und Verlustanteile ohne Auswirkung auf das KapK I
Ergebnisse aus dem Sonderbetriebsvermögen verändern das steuerliche Kapitalkonto iSd § 23a EStG 1988 (KapK I) nicht:
- Sonderbetriebsausgaben wegen Vorliegens von Sonderbetriebsvermögen (zB AfA, Teilwertabschreibung und Zuschreibung, Finanzierungskosten der Einlage oder der Anschaffungskosten des MU-Anteils).
- Sonderbetriebseinnahmen, insbesondere Vergütungen iSd § 23 Z 2 EStG 1988 (zB Mietentgelte für an die MU vermietetes Sonderbetriebsvermögen, Darlehenszinsen für an die MU gewährte Darlehen des Mitunternehmers) sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit derartigen Vergütungen wie zB Beiträge des kap. MU zur gesetzlichen Sozialversicherung. Dies gilt unabhängig davon, ob die entsprechenden Beträge "stehengelassen" oder tatsächlich entnommen werden (zum Verzicht siehe aber Punkt 10.).
- Substanzgewinne aus der Veräußerung oder der Entnahme von Sonderbetriebsvermögen.
4.2. Sondersteuersatzbegünstigte Gewinne
Sondersteuersatzbegünstigte Gewinne und Verluste erhöhen bzw. vermindern das für § 23a EStG 1988 maßgebende KapK I.
Gemäß § 23a Abs. 4 Z 1 sind Wartetastenverluste mit Gewinnen späterer Wirtschaftsjahre zu verrechnen. Einen Bestandteil dieser Gewinne stellen auch sondersteuersatzbegünstigte Gewinne dar. Solche Gewinne werden daher auch ohne Ausübung der Regelbesteuerungsoption mit den Wartetastenverlusten ehestmöglich verrechnet. § 23a Abs. 4 Z 1 EStG 1988 stellt dahingehend eine lex specialis dar. Verluste aus sondersteuersatzbegünstigten Wirtschaftsgütern werden nach den allgemeinen Vorschriften zunächst gekürzt (55% oder 60%); dieser gekürzte Betrag mindert dann das KapK I.
Beispiele:
1. Funktionsweise § 23a ohne sondersteuersatzbegünstigte Gewinne:
AB-KG Schlussbilanz 31.12.2015 (Kapitalkonto= KapK I)
= Eröffnungsbilanz 1.1.2016
Aktiva | 200 | Kapital A | 100 |
Kapital B | 100 |
B ist kapitalistischer Mitunternehmer zu 50% und hat seine Einlage (Pflicht = Hafteinlage) von 100 im Jahr 2015 einbezahlt. Sein steuerliches Kapitalkonto iSd § 23a EStG 1988 beträgt daher 100.
Varianten:
a) 2016 erleidet die AB-KG einen steuerlichen Verlust von -240. Bei B ist sein anteiliger Verlust von -120 nur zu -100 ausgleichs- und vortragsfähig, -20 werden auf Wartetaste gelegt. KapK I von B beträgt -20.
b) 2016 erzielt die AB-KG einen steuerlichen Gewinn von 240. Bei B erhöht sein anteiliger Gewinn von 120 automatisch sein KapK I (für einen allfälligen Verlustanteil 2017).
2. Sondersteuersatzbesteuerte Gewinne/Verluste:
a) Die AB-KG hat ein KapK I in Höhe von Null. Im Jahr 2017 erleidet die AB-KG einen Verlust in Höhe von 160. Da das KapK I Null ist, kann der Verlust vom kap. MU nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden, sondern wird auf die Wartetaste gelegt.
Im Jahr 2018 ist der laufende Gewinn/Verlust der AB-KG Null, sie erzielt aber Einkünfte zum besonderen Steuersatz von insgesamt 60.
Unabhängig von der Ausübung einer Regelbesteuerungsoption kommt es zu einer Verrechnung mit den Wartetastenverlusten; damit stehen in der Folge nur noch 100 für eine Verrechnung zur Verfügung.
b) Der laufende Gewinn/Verlust 2016 der XY-KG ist 2016 Null, sie erhielt aber Einkünfte zum besonderen Steuersatz von insgesamt 100. Das steuerliche Kapitalkonto (KapK I) steigt um diese 100.
4.3. Berücksichtigung von steuerfreien Einnahmen/nicht abzugsfähigen Ausgaben
Grundsätzlich ist der steuerliche und nicht der unternehmensrechtliche Gewinn für das KapK I maßgeblich. Allerdings stellt § 23a EStG 1988 auf sämtliche Änderungen des steuerlichen Eigenkapitales ab; deshalb sind auch steuerneutrale Minderungen und Erhöhung des steuerlichen Eigenkapitalstandes zu berücksichtigen. Dies betrifft in erster Linie sogenannte permanente Differenzen zwischen Unternehmens- und Steuerrecht. Insbesondere gilt:
- Nicht abzugsfähige Ausgaben (zB Repräsentationsaufwendungen) stellen Entnahmen dar, die das KapK I mindern.
- Steuerfreie Gewinnanteile (zB steuerfreie Prämien) stellen Einlagen dar, die zum Bilanzstichtag das KapK I erhöhen. Zur Entnahme von Einlagen nach dem Bilanzstichtag siehe Punkt 9.
4.4. Praktische Vorgangsweise
Aus praktischer Sicht bestehen keine Bedenken, wenn das KapK I nicht im Wege einer laufenden, dynamischen Betrachtung entwickelt wird, sondern durch Gegenüberstellung der Eigenkapitalbestände zum Bilanzstichtag.
Dabei kann auf die unternehmensrechtlichen Bilanzen zurückgegriffen werden, wobei temporäre Differenzen zum Steuerrecht (zB unterschiedliche Abschreibungsdauern und -methoden, Unterschiede im Sozialkapital) entsprechend zu korrigieren sind. Permanente Differenzen sind nicht zu korrigieren, da sich diese ohnedies über Einlagen oder Entnahmen auf dem KapK I auswirken (siehe dazu Punkt 4.3.).
Beispiel:
UGB-Schlussbilanz AB-KG 31.12.2015
= Eröffnungsbilanz 1.1.2016
Aktiva | 200 | Kapital A | 100 |
Kapital B | 100 |
B ist kapitalistischer Mitunternehmer zu 50% und hat seine Einlage (Pflicht = Hafteinlage) von 100 im Jahr 2015 einbezahlt. Sein steuerliches Kapitalkonto iSd § 23a EStG 1988 beträgt daher 100.
Bis zum 31.12.2015 bestanden bei der AB-KG keine Unterschiede zwischen UGB und Steuerrecht.
Anfang des Jahres 2016 erwirbt die AB-KG einen PKW, mit AK von 60 und schätzt die ND auf 5 Jahre.
Steuerlich können lediglich AK von 40 berücksichtigt werden, und es ist eine ND von 8 Jahren maßgeblich. Die Abschreibung des PKW lt. UGB ist daher 12, lt. EStG 1988 sind lediglich 5 abzugsfähig.
Der Gewinn lt. UGB beträgt 50, lt. EStG 1988 57.
Bei der Ermittlung des KapK I zum 31.12.2016 kann wie folgt vorgegangen werden:
a) dynamisch: | KapK I (B) 31.12.2015 | = 100,0 |
+ anteiliger steuerlicher Gewinn | + 28,5 | |
- anteilige permanente Differenz | - 2,0 | |
KapK I (B) 31.12.2016 | = 126,5 | |
b) statisch: | anteiliges UGB-EK (B) 31.12.2016 = | 125,0 |
+ anteilige temporäre Differenz | + 1,5 | |
KapK I (B) 31.12.2016 | = 126,5 |
5. Beispiel für die Kapitalkonten KapK I und KapK II bei Ergänzungskapital und Sonderbetriebsvermögen
UGB-Schlussbilanz AB-KG 31.12.2015
AB-KG Schlussbilanz 31.12.2015 (Kapitalkonto=KapK I)= Eröffnungsbilanz 1.1.2016
Aktiva | 200 | Kapital A | 100 |
Kapital B (später C) | 100 |
Der laufende Verlust der MU beträgt -120 (vor Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben sowie Ergebnissen aus der Ergänzungsbilanz).
C ist kapitalistischer Mitunternehmer und hat seinen Anteil im Jahr 2016 um 140 von B (Schlusskapital KapK I für B 100, Haftkapital C ebenso 100) angeschafft und zur Gänze fremdfinanziert; dafür sind Zinsen iHv 7 angefallen, die 2016 noch nicht entrichtet wurden.
Ergänzungskapital C (KapK I) vor Ergebnisverrechnung
Mehrwert Aktiva C | 40 | Kapital C | 40 |
Der Mehrwert Aktiva wird von C mit jährlich 5 abgeschrieben.
Daraus ergibt sich folgendes KapK I für C vor der Ergebnisverrechnung des Jahres 2016:
KapK I C konsolidiert vor Ergebnisverrechnung
Anteilige Aktiva C | 100 | ||
Mehrwert Aktiva C | 40 | Kapital KapK I C | 140 |
Das für § 23a EStG 1988 maßgebliche KapK I für den Verlustausgleich für C beträgt somit 140.
Der steuerliche Verlustanteil beträgt für A -60 und für C -65; der Verlust des C findet im KapK I von 140 Deckung und ist daher ausgleichs- und vortragsfähig.
Das KapK I entwickelt sich wie folgt:
Stand 1.1.2016 | 140 |
Verlusttangente 2016 (inkl. Ergänzungsbilanz, ohne SBV) | -65 |
Stand 31.12.2016 | 75 |
C hat der KG 2016 ein Gebäude vermietet, Einlagewert 400, Miete 20 (Forderung offen), AfA 10
Sonderbilanz C (KapK II) 31.12.2016 = 1.1.2017 konsolidiert
Grundstück | 390* | Kapital KapK II C | 263 |
Mietforderung | 20 | Verbindlichkeit C Darlehen | 140 |
Verbindlichkeit C Zinsen | 7 | ||
Summe | 410 | Summe | 410 |
*(= 400 - AfA 10)
Unter Berücksichtigung von § 23 Z 2 EStG 1988, dem Ergebnis aus der Ergänzungsbilanz und von Sonderbetriebsausgaben beträgt der steuerliche Verlustanteil von C insgesamt -62:
KapK I | KapK II | ||
Verlustanteil | -60 | -60 | |
AfA aus Ergänzungsbilanz | -5 | -5 | |
Miete | 20 | 20 | |
AfA Gebäude | -10 | -10 | |
Zinsen | -7 | -7 | |
Summe (steuerlicher Verlustanteil C) | -62 | -65 | 3 |
Fortsetzung des Beispiels für 2017:
Der steuerliche Gewinn der MU (ohne Berücksichtigung des SBV) 2017 beträgt 100, auf A und C entfallen daher je 50; C hat zusätzlich aus der Ergänzungsbilanz -5 anzusetzen.
Um den Einlagestand zu erhöhen, verzichtet C auf die noch offene Mietforderung von 20.
Das KapK I entwickelt sich wie folgt: | |
Stand 1.1.2017 | 75 |
Gewinntangente 2017 (inkl. Ergänzungsbilanz, ohne SBV) | +45 |
Einlage der Mietforderung | +20 |
Stand 31.12.2017 | 140,0 |
KapK I | KapK II | ||
Gewinnanteil | 50,0 | 50,0 | |
AfA aus Ergänzungsbilanz | -5,0 | -5,0 | |
Miete | 20,0 | 20,0 | 0 |
AfA Gebäude | -5,0 | -5,0 | |
Zinsen | -7,0 | -7,0 | |
Summe (steuerlicher Gewinnanteil C inkl. sondersteuersatzbesteuertem Gewinnanteil) | 53,0 | 65,0 | -12,0 |
6. Wie ist der Anfangsstand des für § 23a EStG 1988 relevanten Kapitalkontos KapK I zu ermitteln?
Zum Bilanzstichtag 2016 ist für § 23a EStG 1988 der Anfangsstand als steuerlicher Kapitalkontenstand KapK I darzustellen. Ist der Stand des KapK I nicht unmittelbar bekannt, kann dieser vom unternehmensrechtlichen Kapitalkontenstand zum Eröffnungsbilanzstichtag 2016 abgeleitet werden, indem dieser um die temporären Differenzen zwischen UGB- und Steuerbilanz adaptiert wird (insbesondere unterschiedliche Abschreibungsdauern, Unterschiede bei der Bewertung von Personalrückstellung). Darüber hinaus ist allfälliges Ergänzungskapital zu berücksichtigen.
7. Wie ist das für § 23a EStG 1988 relevante Kapitalkonto KapK I weiterzuführen?
Gemäß § 23a Abs. 6 EStG 1988 ist für jeden kapitalistischen Mitunternehmer die Entwicklung des steuerlichen Kapitalkontos und der Wartetastenverluste in der Einkünftefeststellungserklärung jeden Wirtschaftsjahres darzustellen. Dafür ist grundsätzlich der Anfangsstand um Gewinne und Einlagen zu erhöhen sowie um Verluste und Entnahmen zu vermindern.
Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn das Kapitalkonto jährlich durch eine Ableitung vom unternehmensrechtlichen Kapitalkontenstand zum Bilanzstichtag erfolgt, indem dieser um die temporären Differenzen zwischen UGB- und Steuerbilanz adaptiert wird (insbesondere unterschiedliche Abschreibungsdauern, Unterschiede bei der Bewertung von Personalrückstellung). Darüber hinaus ist allfälliges Ergänzungskapital zu berücksichtigen. Eine Darstellung der Entwicklung des Kapitalkontos hat auch in diesen Fällen zu erfolgen.
8. Verrechnung (Aktivierung) von Wartetastenverlusten
Wartetastenverluste können auf zwei Arten genutzt werden, nämlich durch Verrechnung
- mit Gewinnanteilen und
- Einlagen (Einlageüberhängen) ins Gesellschaftsvermögen.
Die Verrechnung mit späteren Gewinnen bewirkt, dass diese im Umfang der Wartetastenverluste nicht steuerpflichtig sind. Da der Saldo aus Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben schon bei der Entstehung des Wartetastenverlustes ausgeblendet wird, ist er auch hier nicht zu berücksichtigen.
Durch Einlagen(überhänge) ins Gesellschaftsvermögen werden Wartetastenverluste im Einlagenjahr "aktiviert", das heißt, sie werden mit anderen Einkünften ausgleichs- und - soweit dies nicht möglich ist - vortragsfähig und zwar auch dann, wenn in diesem Jahr weitere Verlustanteile auf Wartetaste zu legen sind. Zum Begriff der Einlagen siehe unten Pkt. 10.
Die Verrechnung erfolgt ehestmöglich. Liegen in einem Jahr sowohl ein Gewinnanteil als auch ein Einlagenüberhang vor, ist der Gewinnanteil vorrangig mit Wartetastenverlusten zu verrechnen.
Beispiel:
Es besteht ein Wartetastenverlust aus 2016 von -5.000.
Ergebnisanteil aus der Mitunternehmerschaft (Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben liegen nicht vor) für 2017: +3.000
Dieser Gewinnanteil ist (unabhängig vom Kapitalkontenstand) mit dem Wartetastenverlust zu verrechnen und ist daher nicht steuerpflichtig. Es verbleibt ein Verlust von -2.000 auf Wartetaste.
Leistet der Mitunternehmer im Jahr 2018 Einlagen (Nachschüsse) von 3.000 (=Einlagenüberhang), werden 2018 auch die restlichen -2.000 ausgleichs- und vortragsfähig. Die zur Wartetastenaktivierung nicht mehr benötigten 1.000 füllen das Kapitalkonto auf, bei positivem Kapitalstand erhöhen sie das Verlustausgleichspotenzial für 2018.
9. Was sind für § 23a EStG 1988 relevante Einlagen?
Einlagen sind nur insoweit relevant, als sie ins Gesellschaftsvermögen (Gesamthandvermögen der KG) erfolgen und tatsächlich geleistet werden. Ausstehende Einlagen erweitern den Stand des KapK I und damit des Verlustausgleichspotenzials von kapitalistischen Mitunternehmern nicht.
Gleichgültig ist, ob und wann Gewinnanteile oder Vergütungen iSd § 23 Z 2 EStG 1988 vom Gesellschafter entnommen werden. Entnahmen sind vielmehr nur dann iSd § 23a Abs. 3 EStG 1988 kapitalkontenrelevant, wenn sie außerhalb solcher Vergütungen Gesellschaftsvermögen (also KapK I) betreffen. Gleiches gilt - wie im vorstehenden Absatz gesagt - für Einlagen.
Für Zwecke des § 23a EStG 1988 ist vom unternehmensrechtlichen Einlagetatbestand auszugehen; das bedeutet, dass Forderungen aus Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft nur dann das KapK I erhöhen, wenn auf diese ausdrücklich verzichtet wird (und damit auch gesellschaftsrechtlich eine Einlage vorliegt).
Beispiel:
Der kap. MU C überlässt der AC KG einen im SBV befindlichen G+B für jährlich 10. In der Regel werden die 10 tatsächlich geleistet, im Jahr 2016 wird jedoch bloß eine Forderung eingestellt.
Im Jahr 2017 verzichtet C auf diese Forderung.
Im Jahr 2016 liegt unternehmensrechtlich eine Forderung vor; steuerlich wird aufgrund § 23 Z 2 EStG 1988 die Leistungsbeziehung negiert und dementsprechend ist die Forderung von 10 Teil des steuerlichen Eigenkapitals. Da Sonderbetriebseinnahmen gemäß § 23a Abs. 3 Z 2 EStG 1988 nicht zu berücksichtigen sind, sind die 10 im KapK II zu erfassen.
Der Verzicht bewirkt im Jahr 2017 unternehmensrechtlich eine Einlage; es erhöht sich damit auch der Haftungsfonds. Dementsprechend sind sie aus dem KapK II auszuscheiden und erhöhen die 10 das KapK I.
Wird eine Einlage lediglich vor dem Bilanzstichtag offenkundig deshalb geleistet, um die Ausgleichsfähigkeit von Verlusten zu erreichen, und bald darauf wieder entnommen, gilt sie nicht als dem Betriebsvermögen zugeführt, zumal sie auch nur kurzfristig die Haftung des kapitalistischen Mitunternehmers ganz oder teilweise ausschließt. Die Rechtsprechung des VwGH zu § 11 EStG 1972 und zu § 11a EStG 1988 (VwGH 11.05.1983, 82/13/0239; VwGH 09.11.1994, 92/13/0305; VwGH 24.06.2010, 2007/15/0261) ist sinngemäß anzuwenden.
Als Einlage gilt auch eine tatsächliche Haftungsinanspruchnahme des Gesellschafters. Bloße Haftungszusagen oder ähnliche interne und auch externe Haftungsverpflichtungen reichen für eine Erweiterung des KapK I (oder für eine Aktivierung von bestehenden Wartetastenverlusten) nicht aus.
10. Änderung der Rechtsstellung des Mitunternehmers
Wird der kapitalistische Mitunternehmer zu einem unbeschränkt haftenden Mitunternehmer nach § 128 UGB (Komplementär, Offener Gesellschafter), löst dies eine Verrechenbarkeit der Wartetastenverluste aus, weil nunmehr eine unbeschränkte Haftung auch für Altschulden eintritt. Maßgebend ist die Stellung zum Schluss des Wirtschaftsjahres.
Wandelt sich die Stellung bloß auf Grund einer erhöhten Mitunternehmerinitiative, löst dies hingegen keine Verrechenbarkeit von bisherigen Wartetastenverlusten aus. Lediglich die ab diesem Zeitpunkt neu entstehenden Verluste unterliegen nicht mehr dem § 23a. Maßgeblich ist das Überwiegen im Wirtschaftsjahr.
11. Ausscheiden des Mitunternehmers
Bei der entgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils kommt es zu einer Verrechnung des restlichen Wartetastenverlustes mit dem Veräußerungsgewinn, der jedenfalls in Höhe des negativen Kapitalkontos, das nicht aufgefüllt werden muss (§ 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988), anzusetzen ist. In der Regel werden damit die Wartetastenverluste aufgebraucht sein.
Sollten noch Wartetastenverluste verbleiben, wandeln sich diese - anders als bei § 2 Abs. 2a EStG 1988 - nicht in ausgleichs- oder vortragsfähige Verluste. Eine Aktivierung durch bspw. eine spätere Haftungsinanspruchnahme ist möglich.
Wird der Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen, gehen die Wartetastenverluste auf den Übernehmer über und können vom Rechtsnachfolger weiterhin im Regime des § 23a EStG 1988 verrechnet werden.
Bundesministerium für Finanzen, 7. Juli 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 23a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Kapitalkonto, natürliche Personen, Mitunternehmer, Mitunternehmerinitiative, Wartetastenregelung, Haftungsbeschränkung, Regressvereinbarungen, Wirtschaftsgüter, Sonderbetriebsvermögen, Sonderbetriebsausgaben, Sonderbetriebseinnahmen, Wirksamkeit |
Verweise: | VwGH 11.05.1983, 82/13/0239 |