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Entsendung von Leiharbeitskräften zur Arbeitsausübung nach Deutschland

BMFBMF-010221/0691-VI/8/201519.11.20152015

EAS 3368

Überlässt ein in Österreich ansässiges gewerbliches Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen in Österreich ansässige Arbeitskräfte an ein ebenfalls in Österreich ansässiges Unternehmen, welches das entliehene Personal auf einer Betriebsstätte iSd Art. 5 Abs. 3 DBA Deutschland in Deutschland einsetzt, ist für die Beurteilung der Frage, ob Deutschland hinsichtlich der Löhne der entsandten Leiharbeitskräfte auf Grund des DBA Deutschland ein Besteuerungsrecht zusteht, zunächst zu beachten, dass die Arbeitskräfteüberlassung im vorliegenden Fall nicht zwischen einem inländischen und einem ausländischen Unternehmen stattfindet, sondern zwischen zwei inländischen Unternehmen. Da bei der Überlassung (Gestellung) von Arbeitskräften im Inland an Dritte derjenige als Arbeitgeber anzusehen ist, der die Arbeitnehmer dem Dritten überlassen hat und sie entlohnt (Überlasser), und nicht jener (Beschäftiger), der diese Arbeitskräfte in seinem Betrieb zur Arbeitsleistung einsetzt (VwGH 20.12.1972, 2340/71), ist als Arbeitgeber der vom Beschäftiger nach Deutschland entsandten Arbeitskräfte nicht der Beschäftiger, sondern das Überlassungsunternehmen anzusehen (vgl. LStR 2002 Rz 923). Der Erlass des BMF vom 12. Juni 2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014 betreffend grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassungen, der für Zwecke der Abkommensanwendung unter den in diesem Erlass näher genannten Voraussetzungen vom ausländischen Beschäftiger als wirtschaftlichen Arbeitgeber ausgeht, ist im Verhältnis zu Deutschland gemäß Abs. 5 dieses Erlasses nur auf Fälle konzerninterner Personalgestellung und nicht auf eine gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes anzuwenden.

Im vorliegenden Fall findet daher nicht der Erlass, sondern Art. 15 Abs. 3 DBA Deutschland Anwendung. Auf Grund dieser Sonderbestimmung ist in den Fällen von Arbeitskräfteüberlassungen für Zwecke der Anwendung von Art. 15 Abs. 2 DBA Deutschland Buchstabe b nicht anwendbar, wenn sich der Arbeitnehmer im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufhält. Absatz 6 des Protokolls zum DBA Deutschland stellt ausdrücklich klar, dass bei der in Art. 15 Abs. 3 erwähnten Arbeitnehmerüberlassung die "183-Tage-Klausel" zur Anwendung kommt. Die Wirkung der "183-Tage-Regelung" geht nur dann verloren, wenn das in einem Vertragsstaat ansässige arbeitnehmerüberlassende Unternehmen im anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte unterhält, die die Vergütungen trägt. Das arbeitnehmerüberlassende Unternehmen hält jedoch keine Betriebsstätte in Deutschland, diese wird vielmehr vom Beschäftigerunternehmen gehalten. Unter der Voraussetzung, dass sich die entliehenen Arbeitskräfte in Deutschland weniger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhalten, wird demnach das Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 2 DBA Deutschland ausschließlich Österreich zugeteilt.

Bundesministerium für Finanzen, 19. November 2015

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 5 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Leiharbeitskräfte, wirtschaftlicher Arbeitgeber, Betriebsstätte, Personalgestellung Deutschland, Arbeitskräfteüberlassung, 183-Tage-Frist

Verweise:

VwGH 20.12.1972, 2340/71
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 923
BMF 12.06.2014, BMF-010221/0362-VI/8/2014
AÜG, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. Nr. 196/1988
Anlage 1 Abs. 6 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

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