Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Beschwerdevorentscheidung, Zurückweisung, Gegenstandsloserklärung, inhaltliche Mängel, Formmängel, Mängelbehebungsauftrag, Änderungsbefugnis in Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag, Rechtsfolgen des Vorlageantrages, Verjährung |
Verweise: | BMF 06.07.2006, BMF-010103/0056-VI/2006, AÖF Nr. 216/2006 |
4.5. Befugnis, Form
Der Rechtsbehelf gegen eine Beschwerdevorentscheidung ist der Vorlageantrag.
Zur Stellung eines Vorlageantrages befugt sind
- der Beschwerdeführer,
- jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt (§ 264 Abs. 2 lit. b BAO),
- ferner derjenige, der einer Beschwerde beigetreten ist (VwGH 28.6.1995, 93/16/0030).
Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO (Feststellung von Einkünften) wirken grundsätzlich allen Beteiligten gegenüber. Daher kann beispielsweise ein Kommanditist auch dann einen Vorlageantrag stellen, wenn der Komplementär die Bescheidbeschwerde eingebracht hat.
Der Vorlageantrag ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinn des § 85 Abs. 1 BAO. Er ist somit grundsätzlich schriftlich einzubringen.
Nach Maßgabe des § 85 Abs. 3 BAO kann der Antrag mündlich (nicht jedoch telefonisch) gestellt werden. Nach § 86a BAO in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 kann er auch unter Verwendung eines Telekopierers eingebracht werden. Die Stellung im Wege von FinanzOnline ist nach Maßgabe der hiefür geltenden Bestimmungen zulässig.
Die BAO enthält für den Vorlageantrag keine speziellen Inhaltserfordernisse. Er muss somit nicht begründet werden (vgl. zB VwGH 28.11.2000, 97/14/0032).
Wegen der "Vorhaltswirkung" von Beschwerdevorentscheidungen (vgl. zB VwGH 23.9.2005, 2003/15/0147) wird es jedoch vielfach für die Partei (§ 78 BAO) zweckmäßig sein, auf in der Beschwerdevorentscheidung erfolgte Sachverhaltsannahmen zu reagieren.
Nicht zuletzt wegen § 270 BAO (kein Neuerungsverbot) können Bescheidbeschwerden in Vorlageanträgen erweitert oder eingeschränkt werden.
Im Vorlageantrag kann gestellt werden
- der Antrag auf Entscheidung durch den Senat (§ 272 Abs. 2 Z 1 lit. b BAO),
- der Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO).
Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (zB VwGH 28.10.1997, 93/14/0146). Wird ein Vorlageantrag vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gestellt, so ist er wirkungslos (zB VwGH 25.11.1999, 99/15/0136; er ist nach diesem Erkenntnis diesfalls nur dann wirksam, wenn er nach Zustellung der separaten Begründung der Beschwerdevorentscheidung eingebracht wird).
4.6. Rechtswirkungen, Erledigung des Vorlageantrages
Durch einen zulässigen (wirksamen) und fristgerechten Vorlageantrag wird die Beschwerde wieder unerledigt. Der Vorlageantrag beseitigt jedoch nicht die Beschwerdevorentscheidung aus dem Rechtsbestand.
Erst die abschließende Erledigung der Bescheidbeschwerde verdrängt die Beschwerdevorentscheidung.
Vorlageanträge sind zurückzuweisen, wenn sie
- unzulässig sind (zB bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters, bei Einbringung vor Ergehen der Berufungsvorentscheidung, bei Verzicht auf die Stellung eines Vorlageantrags) oder
- nicht fristgerecht eingebracht sind.
Die Zurückweisung obliegt dem Verwaltungsgericht. Sie hat mit Beschluss zu erfolgen.
4.7. Weitere Rechtsfolgen des Vorlageantrages (§ 300 BAO)
4.7.1. Unzuständigkeit der Abgabenbehörde
Ab Stellung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben (§ 300 Abs. 1 erster Satz BAO).
Solche Abänderungen oder Aufhebungen sind beispielsweise
- Berichtigungen gemäß § 293 BAO (zB Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern),
- Berichtigungen gemäß § 293b BAO (Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen),
- Änderungen gemäß § 295 Abs. 1 BAO (zB Anpassung eines Einkommensteuerbescheides an nachträglich geänderten Bescheid über die Feststellung von Einkünften),
- Abänderung nach § 295a BAO (Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses),
- Aufhebungen und neue Sachbescheide gemäß § 299 BAO,
- Wiederaufnahmen von Verfahren (und neue Sachbescheide) nach § 303 BAO,
- Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibungen (§ 193 BAO),
- endgültige bzw. endgültig erklärende Bescheide (§ 200 Abs. 2 BAO),
- Herabsetzungen von Säumniszuschlägen nach § 217 Abs. 7, 8 oder 9 BAO.
Eine solche Maßnahme ist auch die Erlassung eines Umsatzsteuerveranlagungsbescheides (§ 21 Abs. 4 UStG 1994) trotz eines mit Beschwerde angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides (§ 21 Abs. 3 UStG 1994). Dies deshalb, weil durch die Veranlagung der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid aufgehoben würde (vgl. zB VwGH 30.5.2001, 2000/13/0011).
Diese vorübergehende Unzuständigkeit der Abgabenbehörde dauert nur solange, als Bescheide beim Verwaltungsgericht angefochten sind. Sie endet daher vor allem durch Erlassung des Erkenntnisses (§ 279 BAO).
4.7.2. Aufhebung gemäß § 300 BAO
In § 300 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 BAO ist eine Ausnahme der vorübergehenden Unzuständigkeit der Abgabenbehörde vorgesehen.
Mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide (und allfällige Beschwerdevorentscheidungen), deren Spruch sich als nicht richtig erweist, können (nach dem zweiten Satz des § 300 Abs. 1 BAO) von der Abgabenbehörde nur dann aufgehoben werden,
a) wenn der Beschwerdeführer einer solchen Aufhebung gegenüber dem Verwaltungsgericht nach Vorlage der Beschwerde zugestimmt hat und
b) wenn das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Zustimmungserklärung an die Abgabenbehörde unter Setzung einer angemessenen Frist zur Aufhebung weitergeleitet hat und
c) wenn die Frist (lit. b) noch nicht abgelaufen ist.
Die Zustimmungserklärung (§ 300 Abs. 1 lit. a BAO) unterliegt nicht der Entscheidungspflicht. Sie begründet keinen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Weiterleitung durch das Verwaltungsgericht bzw. auf Aufhebung durch die Abgabenbehörde.
Die Frist des § 300 Abs. 1 lit. c BAO ist eine behördliche Frist im Sinn des § 110 Abs. 2 BAO (somit verlängerbar). Ein diesbezügliches Antragsrecht hat weder die Abgabenbehörde noch der Beschwerdeführer. Anregungen auf Fristverlängerung haben keine fristhemmende Wirkung.
Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden (§ 300 Abs. 3 BAO). Beide Bescheide sind mit Bescheidbeschwerde anfechtbar. Der neue Sachbescheid (§ 300 Abs. 3 BAO) ist ein Bescheid im Sinn des § 253 BAO.
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betroffene Normen: | § 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Beschwerdevorentscheidung, Zurückweisung, Gegenstandsloserklärung, inhaltliche Mängel, Formmängel, Mängelbehebungsauftrag, Änderungsbefugnis in Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag, Rechtsfolgen des Vorlageantrages, Verjährung |
Verweise: | BMF 06.07.2006, BMF-010103/0056-VI/2006, AÖF Nr. 216/2006 |