Ein Forderungsverzicht der Körperschaft gegenüber dem Anteilsinhaber ohne betrieblichen Anlass begründet eine verdeckte Ausschüttung (siehe auch das Stichwort "Verzicht", Rz 977). Der Verzicht auf eine objektiv nicht vorhandene, aber angenommene Forderung, reicht für eine verdeckte Ausschüttung aus. Ein Ertragsverzicht gegenüber einer Schwestergesellschaft kann zwar eine verdeckte Ausschüttung (der Tochter an die gemeinsame Mutter) darstellen, allerdings ist ein Forderungsverzicht nur insoweit eine gesellschaftlich veranlasste Maßnahme, als der Betrag dem Tageswert der Forderung im Zeitpunkt des Verzichtes entspricht. Zu prüfen ist, inwieweit die Forderung bei Annahme von Eintreibungsmaßnahmen, wie sie von fremden Gläubigern gesetzt worden wären, hätte eingebracht werden können. Nicht gesetzeskonform wäre es, im Falle eines dem Fremdvergleich nicht standhaltenden Unterlassens von Eintreibungsschritten, in jedem Fall den Forderungsausfall als zur Gänze durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen (VwGH 26.5.1998,
94/14/0042).
Hinsichtlich des Forderungsverzichtes eines Anteilsinhabers unter einer Besserungsklausel siehe das Stichwort "Besserungsverpflichtungen", Rz 705.
Liegt ein bedingter Forderungsverzicht des Anteilsinhabers vor, darf eine Teilwertabschreibung nicht vorgenommen werden. Der Widerruf des Forderungsverzichtes kann daher nicht zu einer verdeckten Ausschüttung infolge einer Gewinnminderung führen, wenn die Körperschaft den Nichteintritt der Bedingung verschuldet hat (VwGH 31.5.2000, 97/13/0240). Zum Forderungsverzicht des Anteilsinhabers mit Widerruf als verdeckte Ausschüttung (wenn keine betriebliche Veranlassung für die Rückzahlung gegeben ist) siehe VwGH 22.3.1991, 90/13/0252.
Das Unterbleiben der Verzinsung einer (Verrechnungs-)Forderung der Körperschaft gegenüber einer KG, an welcher der Alleingesellschafter zu 80% beteiligt ist, kann als verdeckte Ausschüttung gewertet werden, wenn eindeutige Vereinbarungen fehlen, auch wenn beide Gesellschaften Gewinne ausweisen (
VwGH 26.5.1999, 99/13/0039, 99/13/0072).
Die Gründung einer Gesellschaft, an der das Land und Gemeinden beteiligt sind und deren Geschäftsgegenstand in der Vergabe niedrig verzinster Darlehen (hauptsächlich) an Tourismusbetriebe besteht, würde nur dann zu verdeckten Ausschüttungen an die Anteilsinhaber führen, wenn diese Vergabe eine Aufgabenerfüllung wäre, zu deren Inangriffnahme der Anteilsinhaber rechtlich verpflichtet ist, oder der er sich nicht entziehen kann. Dies wäre nur der Fall, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Förderung von Gewerbetreibenden oder von Tourismusbetrieben im Wege einer Darlehensvergabe existierte. Nur in diesem Fall würde die Körperschaft den Anteilsinhaber von verpflichtenden Aufwendungen entlasten. Eine allgemeine gesetzliche Regelung, den Tourismus in einer Region zu fördern und das daran bestehende Interesse der Gebietskörperschaften, reicht für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung an das Land oder die Gemeinden noch nicht aus. Zudem stehen Tourismusbetriebe mit einer Gebietskörperschaft finanziell und wirtschaftlich nicht in einer solchen Beziehung, dass sie generell als nahe stehende Personen zu kennzeichnen wären und eine verdeckte Ausschüttung an sie fingiert werden könnte.
Der Fremdvergleich ist grundsätzlich bei jedem konkreten Geschäft durchzuführen und bezieht sich auf ein durchschnittliches (idealtypisches) Verhalten. Dabei ist von einer gewissen Bandbreite von (Leistungs-) Entgelten auszugehen. Auch wenn ein Fremdvergleich nicht durchführbar ist (Vorteilsgewährung nur zwischen Körperschaft und Anteilsinhaber möglich), kann trotzdem eine verdeckte Ausschüttung vorliegen, wenn die Ursache der Vorteilsgewährung in der Eigentümerstellung liegt. Die Rechtsfigur des "gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsführers" ist ergänzend heranzuziehen. Siehe auch Rz 570 bis 572.
Wird ein Fruchtgenuss an einem Gesellschaftsanteil vereinbart, können verdeckte Ausschüttungen sowohl beim Fruchtnießer als auch beim Fruchtgenussbesteller vorliegen. Die Zurechnung orientiert sich daran, wem der Vorteil zugekommen ist.
Mietet die Körperschaft ein Grundstück mit Gebäude vom Anteilsinhaber oder einer ihm nahe stehenden Person, liegt eine verdeckte Ausschüttung zunächst nicht vor, wenn die Körperschaft einen Anbau errichtet, aktiviert und abschreibt und sich der Mietzins nach Fertigstellung geringfügig (im angemessenen Ausmaß) erhöht. Insoweit ein zivilrechtlicher Anspruch der Körperschaft gegen den Vermieter entsteht (vgl. dazu
§ 418 ABGB), hat die Körperschaft eine Forderung. Verzichtet sie nach dem Ende der Nutzungsbefugnis darauf, liegt eine verdeckte Ausschüttung in Höhe des aufgegebenen Anspruches vor.
Die Zahlung eines Geburtenzuschusses an den Anteilsinhaber ist eine verdeckte Ausschüttung, wenn derartige Leistungen an andere Angestellte nicht erbracht werden.
Die Zahlung der Aufwendungen für eine Geburtstagsfeier des Anteilsinhabers stellen verdeckte Ausschüttungen dar, auch wenn Geschäftsfreunde und leitende Angestellte des Unternehmens dazu eingeladen werden und gleichzeitig dessen Firmenjubiläum gefeiert wird.