Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Organisation |
betroffene Normen: | § 1 AuskG, Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987 |
Schlagworte: | Treu und Glauben, Rechtsauskunft, Auskunftserteilung |
Verweise: | BMF 02.03.2011, BMF-010103/0035-VI/2011 |
1. Präambel
Auskünfte, die darin bestehen, Gesetzestexte, Verordnungen, höchstgerichtliche Judikatur, Erlässe oder andere veröffentlichte Informationen ohne Beurteilung eines konkreten Sachverhaltes wiederzugeben, sind davon nicht umfasst. Ebenfalls nicht umfasst sind Auskunftsersuchen, die keine ausreichend konkretisierten individuellen Sachverhalte betreffen. Solche Anfragen sind wie bisher entsprechend zu beantworten.
Der Erlass gilt weiters nicht für Auskunftsbescheide nach § 118 BAO (vgl. dazu die Richtlinien zu Advance Ruling - Auskunftsbescheid gemäß § 118 BAO vom 2. März 2011, BMF-010103/0035-VI/2011) und Forschungsbestätigungen nach § 118a BAO.
2. Rechtliche Rahmenbedingungen
2.1. Bundesministeriengesetz 1986
Nach § 4 Abs. 3 des Bundesministeriengesetzes 1986 haben die Bundesminister in geeigneter Weise dafür Sorge zu tragen, dass die ihren Bundesministerien nachgeordneten Verwaltungsbehörden, Ämter und Einrichtungen des Bundes innerhalb ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Auskünfte erteilen, soweit eine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit dem nicht entgegensteht.
2.2. Auskunftspflichtgesetz
Gemäß § 1 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, haben unter anderem die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Auskünfte sind ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsbegehrens zu erteilen. Kann aus besonderen Gründen diese Frist nicht eingehalten werden, so ist der Auskunftswerber jedenfalls zu verständigen.
Auskünfte nach dem Auskunftspflichtgesetz sind Wissenserklärungen und keine Willenserklärungen. Gegenstand einer Auskunft kann nur gesichertes Wissen sein, nicht jedoch beispielsweise Umstände eines noch nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses.
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Auskunftspflichtgesetzes sind Gegenstand der Auskünfte ausschließlich solche Informationen, die zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekannt sind und nicht erst von der ersuchten Verwaltungseinheit zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen.
Unter das Auskunftspflichtgesetz fallen sowohl Tatsachenauskünfte (zB über die Höhe des Abgabenrückstandes) als auch Rechtsauskünfte.
2.3. § 90 EStG 1988
Gemäß § 90 EStG 1988 hat das Finanzamt der Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) auf Anfrage einer Partei tunlichst innerhalb von 14 Tagen darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind.
Nach dieser Gesetzesbestimmung können sowohl der Arbeitgeber als auch - zu dem ihn konkret betreffenden Lohnsteuerabzug - der Arbeitnehmer eine Auskunft begehren.
Diese Auskunftspflicht betrifft auch noch nicht verwirklichte Sachverhalte.
2.4. Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Einbehaltung von Kapitalertragsteuer und deren Erstattung bei Mutter- und Tochtergesellschaften im Sinne der Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. 56/1995
Im Falle eines berechtigten Interesses des zum Abzug der Kapitalertragsteuer Verpflichteten kann das für die Erhebung der Kapitalertragsteuer zuständige Finanzamt über dessen Anfrage Auskunft geben, welche Wirkungen sich für seine Stellung als Haftungspflichtiger im Sinne der Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes ergeben werden.
2.5. Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die steuerliche Entlastung von Erträgen aus der internationalen Schachtelbeteiligung, BGBl. II 295/2004
Im Falle eines berechtigten Interesses der inländischen Körperschaft, kann das für die Erhebung der Körperschaftsteuer zuständige Finanzamt Auskünfte hinsichtlich der Auswirkungen des § 10 Abs. 4 KStG 1988 erteilen. Daraus lassen sich keine unmittelbaren materiellen Folgen ableiten. Die Auskunftserteilung zum konkreten Sachverhalt ist jedoch Grundlage für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben.
2.6. Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005
Nach § 3 der Verordnung liegt eine sachliche Unbilligkeit bei der Einhebung von Abgaben unter anderem dann vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde erster Instanz geäußert wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.
2.7. Richtlinien zum Grundsatz von Treu und Glauben vom 6.4.2006, BMF-010103/0023-VI/2006
Gemäß Punkt 3.1. dieser Richtlinien setzt die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben insbesondere voraus:
- Die Auskunft wird von der zuständigen Abgabenbehörde erteilt.
- Die Auskunft ist nicht offensichtlich unrichtig.
- Die Unrichtigkeit der Auskunft war für die Partei nicht leicht erkennbar.
- Die Partei hat im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen, die sie bei Kenntnis der Unrichtigkeit der Auskunft nicht oder anders getroffen hätte.
- Schaden ("Vertrauensschaden") für die Partei, wenn die Besteuerung entgegen der Auskunft vorgenommen würde.
Für die Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist nicht entscheidend, ob die Auskunft aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung (Lohnsteuerauskunft gemäß § 90 EStG 1988 oder nach dem Auskunftspflichtgesetz) oder ohne Verpflichtung erteilt wurde.
Bei Rechtsauskünften, denen (geplante) künftige, vom Auskunftswerber im Auskunftsersuchen dargestellte Sachverhalte zugrunde gelegt wurden, ist der Grundsatz von Treu und Glauben nicht anwendbar, wenn der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt in wesentlichen Punkten von dem der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalt abweicht oder wenn für die rechtliche Beurteilung wesentliche Sachverhaltselemente verschwiegen worden sind.
3. Grundsätze
3.1. Allgemeines zur Auskunftserteilung
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzämter stehen den Bürgerinnen und Bürgern sowie deren steuerlichen Vertretungen zur Verfügung, um diese bei materiellrechtlichen Fragen zu unterstützen. Eine Form der Unterstützung stellt die Beantwortung von Anfragen dar, die entweder
- auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung (gemäß § 1 des Auskunftspflichtgesetzes, oder gemäß § 90 EStG 1988) oder
- ohne ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung erfolgt.
Um den Finanzämtern eine effiziente Auskunftsbeantwortung zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass die Abgabepflichtigen und deren steuerliche Vertretungen die formalen und inhaltlichen Rahmenbedingungen (siehe Punkt 4) beachten.
Auskünfte, gleichgültig, ob sie verpflichtend oder freiwillig erfolgen, haben nicht den Charakter eines Bescheides und können daher weder den Steuerpflichtigen noch die Abgabenbehörde binden. Eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben tritt nur unter den in Punkt 2.7 genannten Bedingungen ein.
3.2. Grenzen der Auskunftserteilung
Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt. Es besteht keine Verpflichtung zu umfangreichen Ausarbeitungen (zB durch Auskünfte betreffend Feststellung von Unternehmenswerten) oder zur Erstellung von (Rechts-)Gutachten.
Auskünfte sind auch über Erlässe zu geben, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Auskünfte sind nicht zu erteilen, wenn sie offenkundig mutwillig verlangt werden.
Ein Auskunftsbegehren ist insbesondere dann mutwillig, wenn
- es allgemein offenkundige Fakten betrifft,
- vom selben Auskunftswerber eine große Anzahl gleich lautender Auskunftsbegehren gestellt wird, oder
- sich jemand im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit bzw. der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet.
Weiters besteht kein Anspruch auf Rechtsauskunft, wenn ein Verfahren, in dem die angefragte Rechtsfrage zu entscheiden ist, bereits anhängig ist. (Subsidiarität des Auskunftsrechtes).
Eine Auskunft ist nicht zu erteilen, wenn sich das Auskunftsersuchen auf einen nicht hinreichend konkretisierten zukünftigen Sachverhalt (zB mehrere vage Gestaltungsvarianten) bezieht.
In den oben genannten Fällen ist jedenfalls die/der Anfragende mittels formloser kurz begründeter Mitteilung zu informieren.
Wird die Auskunft nicht erteilt, ist über Antrag der Partei bescheidmäßig abzusprechen (vgl. § 4 Auskunftspflichtgesetz).
4. Formale Voraussetzungen
Anfragen sind in Schriftform beim zuständigen Finanzamt einzubringen. Die Einbringung ist auch mittels Fax oder über FinanzOnline (Menü: "Eingaben - Anträge - sonstige Anträge - Ersuchen Rechtsauskünfte") möglich.
4.1. Inhalt der Anfrage
Die Anfrage hat zweckmäßigerweise zu enthalten:
- den Namen und die Steuernummer des Steuerpflichtigen,
- eine vollständige und eindeutige Darstellung des Sachverhaltes mit dem Hinweis, ob dieser bereits verwirklicht worden ist,
- die Formulierung konkreter Rechtsfragen, die sich aus diesem Sachverhalt ergeben,
- allenfalls Lösungsvorschläge zu den Rechtsfragen (jedenfalls bei Anfragen von berufsmäßigen Parteienvertretern zumutbar).
4.2. Zuständigkeit
Die Erteilung einer Auskunft erfolgt durch das sachlich und örtlich zuständige Finanzamt. Das Finanzamt, bei dem die Anfrage eingelangt ist, hat im Falle seiner Nichtzuständigkeit die Anfrage an das zuständige Finanzamt weiterzuleiten, gegebenenfalls nach Rücksprache mit der/dem Anfragenden bzw. deren/dessen steuerlichen Vertretung.
Wenn Anfragen bei Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenbereich einlangen und als Adressat ein anderes Finanzamt angeführt ist, sind diese an das in der Anfrage bezeichnete Finanzamt unverzüglich weiterzuleiten (§ 13 Abs. 2 AVOG 2010).
Ist zum Zeitpunkt des Einbringens der Anfrage eine konkrete Finanzamtszuständigkeit noch nicht feststellbar (zB bei beabsichtigten Neugründungen ohne Standortwahl), ist das Finanzamt zuständig, das als erstes von der Anfrage erfährt.
5. Form und Inhalt der Antwort
Die vom zuständigen Finanzamt schriftlich erteilte Auskunft hat zu beinhalten:
- die Bezeichnung der Anfrage mit dem Datum der Einbringung,
- eine Wiederholung des relevanten Sachverhaltes,
- die rechtliche Beurteilung mit Begründung,
- den Hinweis, dass diese Auskunft nicht in Bescheidform ergeht,
- den Hinweis, dass der Schutz des Vertrauens auf die Auskunft (nach dem Grundsatz von Treu und Glauben) ua. voraussetzt, dass der Sachverhalt, welcher der Auskunft zugrunde gelegt ist, im Auskunftsersuchen richtig und vollständig dargestellt ist und tatsächlich verwirklicht wird.
Rechtsauskünfte dürfen keinen Vorbehalt betreffend sich ändernder Rechtsprechung oder später ergehender Erlässe oder Weisungen der Oberbehörde beinhalten.
Auskünfte nach dem Auskunftspflichtgesetz sind ohne unnötigen Aufschub, grundsätzlich spätestens aber binnen acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsbegehrens zu erteilen (§ 3 Auskunftspflichtgesetz). Lohnsteuerauskünfte gemäß § 90 EStG 1988 sind tunlichst innerhalb von 14 Tagen zu beantworten. Andere Rechtsauskünfte sollen möglichst innerhalb von acht Wochen erfolgen; kann diese Frist nicht eingehalten werden, ist die/der Anfragende jedenfalls zu informieren.
Bundesministerium für Finanzen, 17. Dezember 2012
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