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Erlass zur Besteuerung von Kapitalvermögen

BMFBMF-010203/0107-VI/6/20121.4.20122012Erlass zur Besteuerung von Kapitalvermögen

Es ist geplant, den Erlass im Zuge des EStR-Wartungserlasses 2012 in die EStR 2000 zu überführen, wobei Abschnitt 1 des Erlasses an Stelle des Abschnittes 20 und Abschnitt 2 an Stelle des Abschnittes 29 treten soll.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 94 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 96 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 97 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

2.5. Einzelfragen

2.5.1. Pauschale Wertermittlung

2.5.1.1. Pauschale Ermittlung nach § 93 Abs. 4 EStG 1988

2.5.1.1.1. Allgemeines

Die Pauschalbewertungsvorschrift des § 93 Abs. 4 EStG 1988 dient dazu, in jenen Fällen, in denen die für den Kapitalertragsteuerabzug notwendigen Daten - die Anschaffungskosten, der gemeine Wert und das Anschaffungsdatum - der abzugsverpflichteten depotführenden Stelle weder bekannt, noch mit zumutbaren Aufwand ermittelbar sind, den Kapitalertragsteuerabzug auf Basis fingierter Werte zu ermöglichen. Die Pauschalbewertungsvorschrift kann ausschließlich - ausgenommen im Fall der einmalig anzuwendenden Stichtagsbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 EStG 1988 - dann zur Anwendung kommen, wenn Wertpapiere erstmalig auf einem Depot zugehen, somit nur bei Depoteinlagen oder Depotübertragungen. Spätere pauschale Wertansätze sind auf Grundlage des § 93 Abs. 4 EStG 1988 unzulässig, es sei denn, es stellt sich nachträglich heraus, dass der Nachweis der tatsächlichen Anschaffungskosten unrichtig war (siehe Abschnitt 2.5.1.1.2. ).

Der Ansatz pauschaler Werte hat zwingend stattzufinden, wenn der Steuerpflichtige (Depotinhaber) die entsprechenden Daten nicht nachweisen kann. Sind der depotführenden Stelle die Daten bereits bekannt, müssen sie übernommen und einem späteren Kapitalertragsteuerabzug zugrunde gelegt werden, womit ein Nachweis durch den Depotinhaber nicht mehr erforderlich ist. Eine Ermittlungsverpflichtung der depotführenden Stellen ist aufgrund der Pauschalbewertungsvorschrift allerdings nicht gegeben.

Werden daher etwa im Fall einer Depotübertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer anderen inländischen depotführenden Stelle gemäß § 27 Abs. 6 Z 1 lit. a 2. Teilstrich EStG 1988 die relevanten Daten von der übertragenden der übernehmenden depotführenden Stelle mitgeteilt, sind sie grundsätzlich - sofern kein begründeter Zweifel an ihrer Richtigkeit besteht - zu übernehmen und einem späteren Kapitalertragsteuerabzug zugrunde zu legen. Die Pauschalbewertungsvorschrift des § 93 Abs. 4 EStG 1988 kommt damit nicht zur Anwendung. Wird die Übernahme der Daten hingegen verweigert, hat der Depotinhaber die Möglichkeit, die tatsächlichen Daten nachzuweisen. Erst wenn dieser Nachweis scheitert, hat der Ansatz pauschaler Werte stattzufinden.

2.5.1.1.2. Nachweis

Der Nachweis der für den Kapitalertragsteuerabzug notwendigen Daten kann durch entsprechende Unterlagen erfolgen, insbesondere durch zum Termin ausgestellte:

Werden von einer inländischen depotführenden Stelle ausgestellte Depotauszüge bzw. Abrechnungsbelege als Nachweis vorgelegt, allerdings keine Bescheinigung im Sinne des § 96 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 über eine vorangegangene steuerpflichtige Entnahme, gilt der Nachweis als nicht erbracht.

Vom Depotinhaber vorgelegte Unterlagen müssen von der übernehmenden depotführenden Stelle dem zivilrechtlich und regulatorisch vorgegebenen - bankrechtlichen - Sorgfaltsmaßstab entsprechend überprüft werden, um eine spätere Haftungsinanspruchnahme nach § 95 Abs. 1 EStG 1988 zu vermeiden. Ist ein später vorgenommener Kapitalertragsteuerabzug daher aufgrund - trotz entsprechender Prüfung durch die depotführende Stelle nicht aufgedeckter - unzutreffender Angaben oder unrichtiger Unterlagen des Depotinhabers zu niedrig bemessen, ist die Kapitalertragsteuer dem Steuerschuldner selbst vorzuschreiben.

2.5.1.1.3. Pauschaler Ansatz der Anschaffungskosten

2.5.1.1.3.1. Allgemeines

Die Bemessungsgrundlage für den KESt-Abzug bei Realisierungsvorgängen im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern und Derivaten im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 wird in § 27a Abs. 3 Z 2 und 3 EStG 1988 geregelt. Es handelt sich dabei immer um den Unterschiedsbetrag zwischen einem Wert im Zeitpunkt des Realisierungsvorganges (Realisierungswert) - etwa dem Veräußerungserlös oder dem gemeinen Wert bei Depotentnahme - und den Anschaffungskosten.

Um den Kapitalertragsteuerabzug korrekt durchführen zu können, sind daher immer zwei Werte notwendig, wobei der erste Wert - die Anschaffungskosten oder der nachgewiesene Wert einer früheren steuerpflichtigen Entnahme - im Zeitpunkt des Depotzugangs des entsprechenden Wertpapiers und der zweite Wert - der Realisierungswert - im Zeitpunkt, in dem das Wertpapier aus dem Depot ausscheidet, festgestellt werden muss.

Die Pauschalbewertungsvorschrift sieht daher vor, dass immer jener der beiden genannten Werte, der nicht vorhanden ist, vom vorhandenen Wert abgeleitet wird. Sind hingegen beide Werte nicht vorhanden, findet kein Kapitalertragsteuerabzug statt.

2.5.1.1.3.2. Ansatz im Zeitpunkt des Depotzugangs

Im Zeitpunkt des Depotzugangs des Wertpapiers hat die depotführende Stelle grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten zu erfassen. Sind die Anschaffungskosten nicht bekannt, weil weder - im Falle eines Anschaffungsvorganges - die depotführende Stelle als Kommissionär tätig geworden ist, noch - im Falle einer Depotübertragung - von der übertragenden depotführenden Stelle eine Datenweitergabe stattgefunden hat, sind sie durch den Depotinhaber der depotführenden Stelle nachzuweisen (siehe oben Abschnitt 1.2.2.4.3.1.2.). Gelingt ein solcher Nachweis nicht, kommt zunächst die Pauschalbewertungsvorschrift des § 93 Abs. 4 erster und zweiter Satz EStG 1988 zur Anwendung.

Danach ist "für Zwecke des Steuerabzugs davon auszugehen, dass die Anschaffungskosten dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Depoteinlage, vermindert um 0,5% für jeden seit der Anschaffung vergangenen Monat entsprechen", wobei zumindest "der halbe gemeine Wert zum Zeitpunkt der Depoteinlage anzusetzen" ist. Voraussetzung für diese Pauschalbewertung ist somit die Kenntnis eines gemeinen Wertes im Zeitpunkt des Depotzuganges sowie des Zeitpunktes der Anschaffung. Für solche im Zeitpunkt der Depoteinlage abgeleitete Anschaffungskosten hat eine Fortschreibung der Anschaffungskosten (zB Korrektur um ausschüttungsgleiche Erträge) zu erfolgen.

Bei Vorhandensein eines Kurs- oder Handelswertes ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der gemeine Wert diesem Kurs- oder Handelswert entspricht. Besteht hingegen zum Zeitpunkt des Depotzuganges kein Kurs- oder Handelswert und kann der gemeine Wert durch die depotführende Stelle auch nicht mit zumutbarem Aufwand auf sonstige Weise festgestellt werden, können die Anschaffungskosten zunächst nicht pauschal angesetzt werden. Die Ableitung der Anschaffungskosten erfolgt in diesem Fall erst im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot. In diesen Fällen kommt eine "rückwirkende" Fortschreibung der Anschaffungskosten (zB Korrektur um ausschüttungsgleiche Erträge) nicht in Frage.

Ist ein Kurs- oder Handelswert im Zeitpunkt des Depotzuganges lediglich vorübergehend nicht vorhanden - etwa aufgrund einer Handelsaussetzung oder weil faktisch kein Handel stattfindet - bestehen keine Bedenken, wenn der letzte vor dem Depotzugang gebildete Kurs- oder Handelswert als gemeiner Wert im Zeitpunkt des Depotzuganges angenommen wird. Im Falle der Handelsaussetzung gilt dies nur innerhalb der ersten sieben Kalendertage nach Aussetzung.

Ist zwar der gemeine Wert im Zeitpunkt des Depotzuganges bekannt, der Anschaffungszeitpunkt hingegen nicht, sieht die Pauschalbewertungsvorschrift zudem eine Anschaffungszeitpunktfiktion vor. Dem je nach Art der Kapitalanlage zeitlich abgestuften Inkrafttreten des neuen Kapitalbesteuerungssystems entsprechend (§ 124b Z 185 lit. a EStG 1988) wird dabei die Anschaffung von steuerverfangenem Neubestand fingiert:

Der Steuerpflichtige kann bei Anwendung dieser Fiktion den tatsächlichen Anschaffungszeitpunkt im Rahmen der Veranlagung zum besonderen Steuersatz gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 nachweisen.

Beispiel 1:

A legt am 15.10.2012 eine am 2.5.2011 erworbene Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage ist 100. Seit dem Anschaffungszeitpunkt sind bereits 18 Monate vergangen, daher werden die pauschalen Anschaffungskosten mit dem um 9% reduzierten gemeinen Wert von 100, somit 91 angesetzt.

Beispiel 2:

A legt am 15.10.2012 eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage ist 100. Da der Anschaffungszeitpunkt ebenfalls unbekannt ist, wird eine Anschaffung am 1.1.2011 fingiert. Seit dem fingierten Anschaffungszeitpunkt sind bereits 22 Monate vergangen, daher werden die pauschalen Anschaffungskosten mit dem um 11% reduzierten gemeinen Wert von 100, somit 89 angesetzt.

Beispiel 3:

A überträgt am 15.10.2025 ein Zertifikat mit unbekannten Anschaffungskosten von seinem ausländischen Depot auf sein inländisches Depot. Der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage ist 100. Da der Anschaffungszeitpunkt ebenfalls unbekannt ist, wird eine Anschaffung am 1.4.2012 fingiert. Seit dem fingierten Anschaffungszeitpunkt sind mehr als 100 Monate vergangen, womit der gemeine Wert um mehr als 50% reduziert werden müsste. Die pauschalen Anschaffungskosten werden daher mit dem um 50% reduzierten gemeinen Wert von 100, somit 50 angesetzt.

2.5.1.1.3.3. Ansatz im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot

Im Zeitpunkt eines realisierungsbedingten Ausscheides eines Wertpapiers aus dem Depot müssen für die Vornahme des Kapitalertragsteuerabzugs die Anschaffungskosten des Wertpapieres der depotführenden Stelle bekannt sein.

Zu diesem Zeitpunkt kommen die Pauschalbewertungsvorschriften des § 93 Abs. 4 dritter und vierter Satz EStG 1988 zur Anwendung. Die Bewertungsfiktion sieht vor, dass die Anschaffungskosten dem halben bzw. dem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot entsprechen. Dabei sind mehrere Fälle erfasst:

1. der Fall, in dem der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot bekannt ist, die Anschaffungskosten allerdings nicht;

2. der Fall, in dem die Anschaffungskosten bekannt sind, der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot allerdings nicht und

3. der Fall, in dem weder die Anschaffungskosten noch der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot bekannt sind.

2.5.1.1.3.3.1. Ableitung der Anschaffungskosten

Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot ein Wert - etwa der Veräußerungserlös oder der gemeiner Wert bei der Entnahme aus dem Depot - vorhanden, werden die nicht bekannten Anschaffungskosten aus dem vorhandenen Wert abgeleitet.

Dieser Fall tritt dann ein, wenn im Zeitpunkt des Depotzuganges weder die Anschaffungskosten bekannt, noch ein Kurs- oder Handelswert vorhanden war und der gemeine Wert durch die depotführende Stelle auch nicht mit zumutbarem Aufwand auf sonstige Weise festgestellt werden konnte, womit die Bewertungsvorschrift des § 93 Abs. 4 erster und zweiter Satz EStG 1988 nicht zur Anwendung gekommen ist (siehe oben Abschnitt 2.5.1.1.1. ).

Nach § 93 Abs. 4 dritter Satz EStG 1988 werden dabei die Anschaffungskosten mit dem halben gemeinen Wert im Zeitpunkt der Realisierung - dem Zeitpunkt, in dem das Wertpapier aus dem Depot ausscheidet - fingiert. Die Kapitalertragsteuer beträgt daher genau 25% des halben gemeinen Wertes im Zeitpunkt des Realisierungsvorganges.

Beispiel 4:

A legt am 15.10.2012 eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Die Aktie wird nicht gehandelt und der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage kann nicht festgestellt werden. Einige Jahre später wird die Aktie um 140 verkauft. Die für den KESt-Abzug notwendigen aber unbekannten Anschaffungskosten werden in Höhe des halben Veräußerungserlöses, somit 70 fingiert.

Beispiel 5:

A legt am 15.10.2012 eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Die Aktie wird nicht gehandelt und der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage kann nicht festgestellt werden. Einige Jahre später wird die Aktie aus dem Depot entnommen. Im Zeitpunkt der Depotentnahme wird die Aktie gehandelt und hat einen Kurswert von 140. Die für den KESt-Abzug notwendigen aber unbekannten Anschaffungskosten werden in Höhe des halben gemeinen Wertes im Zeitpunkt der Depotentnahme, der dem Kurswert entspricht, somit 70 fingiert.

2.5.1.1.3.3.2. Ableitung des gemeinen Wertes

Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot kein gemeiner Wert vorhanden, sind jedoch entweder die tatsächlichen oder die nach § 93 Abs. 4 erster und zweiter Satz EStG 1988 pauschal ermittelten (siehe dazu Abschnitt 2.5.1.1.3.2. ) Anschaffungskosten bekannt, wird der nicht vorhandene gemeine Wert von den bekannten Anschaffungskosten abgeleitet.

Nach § 93 Abs. 4 dritter Satz EStG 1988 wird der halbe gemeine Wert im Zeitpunkt der Realisierung den Anschaffungskosten gleichgesetzt, womit der gemeine Wert den doppelten Anschaffungskosten entspricht. Die Kapitalertragsteuer beträgt daher genau 25% der Anschaffungskosten.

Beispiel 6:

A legt am 15.10.2012 eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Da die Aktie börsennotiert ist, womit der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage festgestellt werden kann, werden die Anschaffungskosten pauschal mit 300 angesetzt. Einige Jahre später wird die Aktie aus dem Depot entnommen. Im Zeitpunkt der Depotentnahme wird die Aktie nicht mehr gehandelt und der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depotentnahme kann nicht festgestellt werden. Der für den KESt-Abzug notwendige aber unbekannte halbe gemeine Wert wird in Höhe der bekannten Anschaffungskosten, somit 300 fingiert. Der gemeine Wert beträgt daher 600.

2.5.1.1.3.3.3. Entfall des KESt-Abzugs

Sind schließlich weder

ist nach § 93 Abs. 4 vierter Satz EStG 1988 der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot in Höhe der Anschaffungskosten anzunehmen, womit die Bemessungsgrundlage Null beträgt und daher kein KESt-Abzug stattzufinden hat.

2.5.1.1.4. Ausschluss von der Steuerabgeltungswirkung und vom Verlustausgleich nach § 93 Abs. 6 EStG 1988

Wird der Kapitalertragsteuerabzug auf Basis von nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 abgeleiteten Werten - sowohl Anschaffungszeitpunkt als auch Anschaffungskosten - durchgeführt, bewirkt der Steuerabzug keine Steuerabgeltung nach § 97 EStG 1988 (§ 93 Abs. 4 vorletzter Satz EStG 1988).

Der Ausschluss von der Steuerabgeltung bewirkt in allen Fällen eine Veranlagungspflicht für jene Wertpapiere, bei denen der KESt-Abzug ausgehend von pauschal ermittelten Werten durchgeführt worden ist. Sofern der Depotinhaber im Rahmen der Veranlagung das Vorliegen von Altbestand - somit die Anschaffung vor dem 1.1.2011 beziehungsweise 1.4.2012 - nicht nachweisen kann, ist von Anschaffungen nach den genannten Terminen auszugehen. In weiterer Folge sind von Steuerpflichtigen "die tatsächlichen Anschaffungskosten" oder der "Wert einer vorangegangenen steuerpflichtigen Entnahme" nachzuweisen. Können die tatsächlichen Werte nicht nachgewiesen werden, sind diese gemäß § 184 BAO zu schätzen.

Weiters sind Einkünfte, bei denen der KESt-Abzug auf der Grundlage pauschaler Werte gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988 vorgenommen wurde, vom Verlustausgleich durch die depotführende Stelle (§ 93 Abs. 6 EStG 1988) ausgenommen.

2.5.1.2. Stichtagsbewertungsvorschrift nach § 124b Z 185 EStG 1988

Die Stichtagsbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 dient dazu, die depotführenden Stellen von Ermittlungs- und Aufzeichnungspflichten vor jenem Zeitpunkt, an dem der Kapitalertragsteuerabzug bei Neubestand - nach dem 31.12.2010 angeschaffte Anteile an Körperschaften und Anteilscheine an Investment- und Immobilienfonds - erstmalig vorgenommen werden muss, zu entlasten.

Dabei ist vorgesehen, dass wenn dem Abzugsverpflichteten die Anschaffungskosten der genannten Wertpapiere zum 1.4.2012 nicht bekannt sind, zwingend einen vom gemeinen Wert zum 1.4.2012 abgeleiteten Wert als Anschaffungskosten anzusetzen ist. Nach § 1 Wertpapier-Anschaffungskosten-VO gelten die tatsächlichen Anschaffungskosten auch dann als nicht bekannt, wenn sie von der depotführenden Stelle nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ermittelt werden können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die steuerlichen Anschaffungskosten nicht vollautomatisch ohne Adaptierungen verarbeitet werden können.

Die Stichtagsbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 EStG 1988 kommt somit

zur Anwendung.

Als Anschaffungskosten hat die depotführende Stelle den gemeinen Wert des Wertpapieres zum 1.4.2012 unter Berücksichtigung eines pauschalen Korrekturfaktors anzusetzen. Um auch jene Fälle zu erfassen, in denen der gemeine Wert zum 1.4.2012 nicht bekannt, allerdings im Zeitpunkt eines späteren Realisierungsvorganges ein Wert vorhanden ist, sind die Bestimmungen des § 93 Abs. 4 dritter und vierter Satz EStG 1988 sinngemäß anzuwenden, womit die Anschaffungskosten von einem im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot bekannten Wert abgeleitet werden können.

Beispiel 1:

A erwirbt am 1.6.2011 über seine depotführende Hausbank eine börsennotierte Aktie. Die Anschaffungskosten können von der Hausbank aus technischen Gründen noch nicht aufgezeichnet werden. Es kommt die Pauschalbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 zur Anwendung. Die Anschaffungskosten werden mit dem Kurswert am 1.4.2012, vermindert um den in der Wertpapier-Anschaffungskosten-Verordnung vorgesehenen Wert fingiert.

Beispiel 2:

A erwirbt am 1.6.2011 über seine depotführende Hausbank eine börsennotierte Aktie. Die Anschaffungskosten können von der Hausbank aus technischen Gründen noch nicht aufgezeichnet werden und A hebt die ihm übermittelte Transaktionsbestätigung nicht auf. Die Börsennotierung wird kurze Zeit nach dem Erwerb beendet.

Am 1.4.2012 sind der Hausbank die Anschaffungskosten nicht bekannt und können auch nicht von A nachgewiesen werden. Aufgrund der fehlenden Börsennotierung kann der gemeine Wert am 1.4.2012 ebenso nicht festgestellt werden, womit die Pauschalbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen kann. Die Anschaffungskosten werden daher gemäß § 93 Abs. 4 dritter und vierter Satz EStG 1988 erst im Zeitpunkt einer späteren Realisierung ermittelt werden können.

Die gemäß § 124b Z 185 EStG 1988 abgeleiteten Anschaffungskosten sind einem späteren Kapitalertragsteuerabzug zugrunde zu legen, wobei die Abgeltungswirkung gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 zum Tragen kommt. Der Nachweis der tatsächlichen Anschaffungskosten kann allerdings im Wege der Veranlagung erfolgen. Die gemäß § 124b Z 185 EStG 1988 abgeleiteten Anschaffungskosten gehen zudem in die Bildung des gleitenden Durchschnittspreises gemäß § 27 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ein.

Anmerkungen:
In EStR 2000 eingearbeitet.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 94 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 96 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 97 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

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