Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 |
1.2.3. Einkünfte aus Derivaten
1.2.3.1. Allgemeines
Der Ausdruck Derivate umfasst
- sämtliche Termingeschäfte (zB Optionen, Futures, Forwards, Swaps usw.) sowie
- andere derivative Finanzinstrumente
unabhängig davon, ob deren Underlying Finanzvermögen, Rohstoffe oder zB sonstige Wirtschaftsgüter darstellt.
Damit werden auch sämtliche Arten von Zertifikaten (zB Index, Alpha, Hebel, Sport) als sonstige derivative Finanzinstrumente erfasst.
1.2.3.2. Steuerpflichtige Vorgänge
Einkünfte gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 liegen nur vor, wenn
- ein Differenzausgleich erfolgt,
- eine Stillhalterprämie geleistet wird,
- das Derivat selbst veräußert wird oder
- eine sonstige Abwicklung (Glattstellen) erfolgt.
Die reine Ausübung einer Option bzw. die tatsächliche Lieferung des Underlying als solche führen - der Rechtslage vor dem BBG 2011 entsprechend - (noch) zu keiner Besteuerung nach § 27 Abs. 4 EStG 1988, sondern wirken sich allenfalls in Form höherer Anschaffungskosten, niedrigerer Veräußerungserlöse bzw. eines niedrigeren Zinses aus. Zahlungen aus einem Zinsswap im Zusammenhang mit einem steuerpflichtigen Grundgeschäft führen daher nicht zu Einkünften aus Derivaten, sondern allenfalls zu höheren bzw. niedrigeren Einkünften aus der Überlassung von Kapital. Entsprechendes gilt auch für Währungsswaps.
Beispiele:
1. A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 130, A übt die Option aus.
Die Ausübung der Option bei A führt nicht zu Einkünften; die Anschaffungskosten der Aktie betragen 100+10=110. Erst bei einem allfälligen Verkauf der Aktie kommt es zur Realisierung der Wertsteigerung; zu versteuern wären diesfalls 20 (=130-110).
B erzielt zunächst durch die Einräumung der Option Einkünfte iHv 10. Inwieweit sich darüber hinaus die Lieferung der Aktie an A bei B steuerlich auswirkt, hängt von seinen Anschaffungskosten dieser Aktie ab.
2. A zahlt B 10 für eine Option, ihm eine Aktie um 100 zu verkaufen. Der Wert der Aktie sinkt, A übt die Option aus.
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes des A ist die geleistete Stillhalterprämie als Minderung des Veräußerungserlöses zu berücksichtigen. Sind die Anschaffungskosten des A nicht bekannt, ist bei der Ermittlung der Anschaffungskosten gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988 zunächst die Stillhalterprämie vom Veräußerungserlös abzuziehen und sodann der Saldo zu halbieren, dh. (100-10)/2=45.
B hat die empfangene Stillhalterprämie als Minderung seiner Anschaffungskosten zu berücksichtigen.
3. A tauscht die variable Verzinsung einer Anleihe mittels Zins-Swap gegen eine fixe Verzinsung von 4%.
Wenn A tatsächlich Zinsen in Höhe von 4% erhält (also tatsächlich die Zinszahlungsströme getauscht werden), liegen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital in Höhe der 4-prozentigen Zinszahlung vor.
Derivate unterliegen dem besonderen Steuersatz von 25% gemäß § 27a EStG 1988 und somit auch dem Kapitalertragsteuerabzug nur, wenn sie verbrieft sind (siehe Abschnitt 1.3.3.).
1.2.3.2.1. Differenzausgleich
Beim Differenzausgleich wird das Underlying nicht tatsächlich geliefert, sondern die Wertdifferenz zwischen aktuellem Preis und Ausübungspreis bezahlt. Der Differenzausgleich entspricht somit wirtschaftlich der Ausübung einer Option samt nachfolgender Veräußerung des Underlyings und soll daher zu Einkünften aus Derivaten führen. Als praktisch besonders bedeutsamer Fall wird der Differenzausgleich auch als erster Tatbestand in § 27 Abs. 4 EStG 1988 genannt.
§ 27a Abs. 3 Z 3 lit. a EStG 1988 regelt die Bemessungsgrundlage beim Differenzausgleich:
- Der erste Teilstrich richtet sich an denjenigen, der den Differenzausgleich erhält, also zB bei einem bedingten Termingeschäft (Option) den Anleger, der das Gestaltungsrecht ausüben kann (long position). Dieser hat den empfangenen Differenzausgleich abzüglich den Anschaffungskosten des Derivats zu versteuern.
- Der zweite Teilstrich stellt dagegen auf denjenigen ab, der den Differenzausgleich leistet. Im Falle eines bedingten Termingeschäfts (Option) hat dieser eine "Stillhalterprämie" erhalten (er befindet sich in der "short position"), im Falle eines unbedingten Termingeschäfts (Future, Forward) erhält dieser Anleger "Einschüsse" bzw. "Margins". Für diesen Steuerpflichtigen ergibt sich nun ein Verlust in Höhe der Differenz der erhaltenen Stillhalterprämie oder Einschüsse und des geleisteten Differenzausgleichs.
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 130, A und B vereinbaren einen Differenzausgleich, dh. B zahlt A 30 (=Differenz zwischen aktuellem Preis und Ausübungspreis).
Bei A liegen Einkünfte aus Derivaten in Höhe von 20 (=30-10) vor (gemäß § 27a Abs. 3 Z 3 lit. a 1. TS).
B erleidet einen Verlust von 20 (siehe unten Abschnitt 1.2.3.2.2. ).
1.2.3.2.2. Stillhalterprämie
Empfangene Stillhalterprämien sind aufgrund § 27a Abs. 3 Z 3 lit. a 2. TS EStG 1988 bzw. § 27a Abs. 3 Z 3 lit. b EStG 1988 erst in jenem Zeitpunkt zu versteuern, in dem der wirtschaftliche Erfolg aus dem Geschäft feststeht, dh. sobald die Option ausgeübt wird, ein Differenzausgleich geleistet wird oder die Option verfällt.
Wird eine Call-Option ausgeübt, stellt die empfangene Stillhalterprämie eine Erhöhung des Veräußerungserlöses dar. Wird eine Put-Option ausgeübt, senkt die empfangene Stillhalterprämie die Anschaffungskosten des Underlying.
Wird ein Differenzausgleich geleistet, ist die Differenz zwischen empfangener Stillhalterprämie und geleistetem Differenzausgleich als Einkünfte aus Derivaten anzusetzen (siehe Beispiel in Abschnitt 1.2.3.2.1. ).
Kommt es bei einem bedingten Termingeschäft (Option) weder zur Lieferung des Underlying (durch Ausübung der Option), noch zu einem Differenzausgleich, verfällt die Option und der Stillhalter hat die empfangene Stillhalterprämie in voller Höhe zu versteuern (§ 27a Abs. 3 Z 3 lit. b EStG 1988).
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 80, A lässt die Option verfallen.
Bei B liegen Einkünfte aus Derivaten in Höhe von 10 vor (gemäß § 27a Abs. 3 Z 3 lit. a 1. TS EStG 1988).
B hat positive Einkünfte aus Derivaten aus der erhaltenen Stillhalterprämie in Höhe von 10, A negative Einkünfte in selber Höhe.
1.2.3.2.3. Veräußerung und sonstige Abwicklung
Der Veräußerung des Derivats selbst ist die sonstige Abwicklung gleichzuhalten: Dafür kommt insbesondere die Glattstellung in Frage, bei der durch Abschließen eines gegenläufigen Geschäfts wirtschaftlich die bisherigen Wertsteigerungen realisiert und künftige Wertschwankungen abgesichert werden.
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option, eine Aktie um 100 zu erwerben. Der Wert der Aktie beträgt 130.
a) A verkauft die Option um 29.
b) A räumt eine Option ein, in der er sich zur Lieferung der Aktie um 100 verpflichtet und erhält dafür 29.
In beiden Fällen hat A den inneren Wert der Option realisiert und sich in eine risikolose Position begeben (weil er im Fall b, sollte er tatsächlich um 100 liefern müssen, seinerseits die Call-Option gegenüber B ausüben und um 100 erwerben kann).
Im Fall der Veräußerung des Derivats ist - der Bemessungsgrundlage bei realisierten Wertsteigerungen entsprechend - gemäß § 27a Abs. 3 Z 3 lit. c EStG 1988 beim Veräußerer der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten steuerpflichtig. Im Fall der sonstigen Abwicklung gilt die erhaltene Stillhalterprämie als Veräußerungserlös.
Beispiel:
A zahlt B 10 für eine Option mit einjähriger Laufzeit, ein Wirtschaftsgut um 100 zu erwerben. Nach 6 Monaten hat das Wirtschaftsgut einen Wert von a) 150 b) 50. Nach 6 Monaten wollen A bzw. B ihren Gewinn aus dem Geschäft mittels Glattstellung der Option sichern.
Lösung a)
A schließt eine gegenläufige Option ab, bei der er als Stillhalter das Wirtschaftsgut um 100 liefern muss. Dafür erhält er eine - angesichts des aktuellen Marktwerts iHv 150 hohe - Stillhalterprämie von 48.
Diese Stillhalterprämie gilt als Veräußerungserlös, dem A nun die Anschaffungskosten der ursprünglichen Option gegenüberzustellen hat. Seine Einkünfte aus diesem Derivatgeschäft betragen somit 38.
Lösung b)
B schließt eine gegenläufige Option ab, bei der er das Recht erhält, das Wirtschaftsgut um 100 zu kaufen. Dafür leistet er eine - angesichts des aktuellen Marktwerts von 50 niedrige - Stillhalterprämie von 1. Die ursprünglich empfangene Stillhalterprämie von 10 gilt als Veräußerungserlös, dem B nun die Anschaffungskosten der von ihm zur Glattstellung erworbenen Option gegenüberzustellen hat. Seine Einkünfte aus diesem Derivatgeschäft betragen somit 9.
1.2.3.3. Private Zinssicherungsgeschäfte
Die tatsächliche Lieferung des Underlyings führt isoliert zu keiner Steuerpflicht, ein Zins-Swap auf den Zins einer Anleihe wirkt sich jedoch im Rahmen der Einkünfte aus der Überlassung von Kapital steuerlich aus (vgl. Abschnitt 1.2.3.2. ). Daraus folgt, dass grundsätzlich Zins-Swap-Vereinbarungen, solange tatsächlich nur ein Austausch der Zinszahlungen stattfindet, nur zu - positiven oder negativen - Einkünften führen, wenn sie im Zusammenhang mit Einkünften stehen, wie mit dem (steuerpflichtigen) Zins einer Anleihe. Steht dagegen ein Zins-Swap im Zusammenhang mit einem nicht steuerrelevanten Darlehen (zB privates Wohnbaudarlehen), ist der bloße Austausch der Zinszahlungen nicht von § 27 Abs. 4 EStG 1988 erfasst.
Dagegen führt die Veräußerung oder Glattstellung des Derivats selbst zu Einkünften aus Derivaten. Diese Grundsätze gelten für sämtliche Derivate, die im Zusammenhang mit nicht steuerrelevanten Grundgeschäften stehen und lediglich zur Zinssicherung verwendet werden (zB Zins-Cap). Stehen sie im Zusammenhang mit steuerrelevanten Grundgeschäften (zB im Rahmen eines Gewerbebetriebes, bei Vermietung und Verpachtung) oder wird das Derivat selbst verkauft bzw. geschlossen, liegen steuerpflichtige Einkünfte vor. Ändert sich der Verwendungszweck, sind die steuerneutralen von den steuerrelevanten Zeiträumen entsprechend abzugrenzen.
Beispiele:
1. A tauscht die variable Verzinsung einer Anleihe mittels Zins-Swap gegen eine fixe Verzinsung von 4%. Da sich die variable Verzinsung sehr schlecht entwickelt, steigt der Wert der Zins-Swap-Vereinbarung.
Realisiert A diesen Wertzuwachs, liegen Einkünfte aus Derivaten vor. Behält A den Zins-Swap, sind die Zahlungen aus dem Zinsswap als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital zu erfassen.
2. B erwirbt ein Einfamilienhaus und nimmt dazu ein Darlehen in Höhe von 100 000 Euro auf, das variabel verzinst wird. Um sich gegen steigende Zinsen abzusichern, erwirbt B zusätzlich einen Zins-Cap.
Reduziert der Zins-Cap die von B zu zahlenden Zinsen, liegen keine Einkünfte aus Derivaten vor.
3. C hält einen Zins-Cap ohne dazugehöriges Darlehen. Zahlungen aus dem Zins-Cap stellen Einkünfte aus Derivaten dar.
Anmerkungen:
In EStR 2000 eingearbeitet.
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 |