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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 |
1.3. Besonderer Steuersatz
1.3.1. Allgemeines
Mit dem BBG 2011 wurde die Anwendung des besonderen Steuersatzes von 25% auf Kapitaleinkünfte, unabhängig davon, ob im Abzugsweg oder im Zuge der Veranlagung erhoben, vorgesehen. Dies machte die bis dahin geltenden entsprechenden Regelungen des § 37 Abs. 8 und des § 93 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011 obsolet. Ausnahmen vom besonderen Steuersatz enthält § 27a Abs. 2 EStG 1988 (siehe Abschnitt 1.3.3. ).
Der zweite Halbsatz des § 27a Abs. 1 EStG 1988 übernahm den Inhalt des bis zum BBG 2011 geltenden § 97 Abs. 3 EStG 1988: Mit dem besonderen Steuersatz besteuerte Einkünfte sind weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte, noch beim Einkommen zu berücksichtigen, das bedeutet, dass es - unabhängig von der Erhebungsform - bei der Besteuerung mit 25% bleibt. Diese "Abgeltungswirkung" der 25%-Besteuerung ergibt sich daher schon direkt aus § 27a EStG 1988; die in § 97 EStG 1988 vorgesehene "Steuerabgeltung" hat daher gegenüber der Rechtslage vor dem BBG 2011 nur mehr für die Frage Bedeutung, ob Kapitaleinkünfte, bei denen Kapitalertragsteuer abgezogen wurde, in die Veranlagung (zum besonderen Steuersatz) aufzunehmen sind (siehe Abschnitt 2.8.1.). Die Formulierung wurde insoweit präzisiert, als nun im Falle der Regelbesteuerung ausdrücklich auch die an sich endbesteuerungsfähigen Kapitalerträge zum Gesamtbetrag der Einkünfte und zum Einkommen zählen. Dies entspricht einerseits der tatsächlichen Steuerberechnung unter Einbeziehung dieser Einkünfte und stellt andererseits ein klares Bescheidbild sicher.
1.3.2. Verhältnis von § 27a zu anderen Bestimmungen
Dem besonderen Steuersatz unterliegende Kapitaleinkünfte sind, außer bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption, insbesondere auszuscheiden
- bei der Ermittlung des Höchstbetrages für den Spendenabzug im Rahmen der Sonderausgaben (§ 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988),
- bei der Bemessungsgrundlage für die Tarifierung (§ 33 Abs. 1 EStG 1988),
- bei der Ermittlung des ermäßigten Durchschnittssteuersatzes (§ 37 Abs. 1 und 5, § 38 Abs. 1 EStG 1988), des Progressionsvorbehaltes und des besonderen Progressionsvorbehaltes (§ 3 Abs. 2 und 3 EStG 1988)
- bei der Berechnung des Erstattungsbetrages für Alleinverdiener sowie für Alleinerzieher (§ 33 Abs. 8 bzw. § 40 EStG 1988),
- bei der Ermittlung des Selbstbehalts für außergewöhnliche Belastungen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).
Beim Gewinnfreibetrag ist dagegen nach § 10 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zu unterscheiden:
- Betriebliche Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, die dem besonderen Steuersatz unterliegen, zählen nicht zur Bemessungsgrundlage, außer es wird die Regelbesteuerungsoption ausgeübt.
- Betriebliche Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen und Derivaten, die dem besonderen Steuersatz unterliegen, zählen zur Bemessungsgrundlage.
Bei folgenden Regelungen sind dem besonderen Steuersatz unterliegende Kapitaleinkünfte nur dann auszuscheiden, wenn Kapitalertragsteuer abgezogen wurde und die Steuerpflicht mit dem Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 abgegolten ist (siehe dazu Abschnitt 2.7.):
- für die Anwendung und das Ausmaß eines Veranlagungsfreibetrages (§ 41 Abs. 3 EStG 1988),
- für den Eintritt der Steuererklärungspflicht (§ 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988).
Die Beurteilung des Vorliegens einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle bzw. steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei ist von § 27a und § 97 EStG 1988 unberührt. Kapitalerträge, die im Rahmen einer bestimmten Betätigung anfallen, sind daher für die Beurteilung dieser Frage - ungeachtet der im Übrigen eintretenden Abgeltungswirkungen - anzusetzen.
Zum besonderen Steuersatz besteuerte Kapitaleinkünfte zählen nur beim Steuerpflichtigen selbst und bei der Berechnung seiner Einkommensteuer nicht zum Gesamtbetrag der Einkünfte und zum Einkommen. Dies bedeutet Folgendes:
- Zum besonderen Steuersatz besteuerte Kapitaleinkünfte des (Ehe-)Partners dürfen bei Beurteilung des Anspruchs auf den Alleinverdienerabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988) bzw. des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages (§ 33 Abs. 6 Z 1 EStG 1988) beim anderen (Ehe-)Partner nicht außer Ansatz bleiben. Auch zum besonderen Steuersatz besteuerte Kapitaleinkünfte fallen dabei wie die übrigen Einkünfte unter die allgemeine Einkunftsgrenze von 6 000 bzw. 2 200 Euro.
- In jenen Fällen, in denen die abgegoltenen Kapitalerträge nicht für die Berechnung der Einkommensteuer, sondern für andere Zwecke von Bedeutung sind (Ermittlung des wirtschaftlichen Einkommens im Bereich der Mietzinsbeihilfe, Einkommensermittlung für außersteuerliche Förderungsgesetze), bleiben die zum besonderen Steuersatz besteuerten Kapitaleinkünfte ebenfalls beachtlich.
§ 27a Abs. 6 EStG 1988 sieht vor, dass die Bestimmungen des § 27a Abs. 1 bis 5 EStG 1988 auch für die von natürlichen Personen im betrieblichen Bereich (oder im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) erzielten Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, aus realisierten Wertsteigerungen aus Kapitalvermögen und aus Derivaten Anwendung finden. Damit kommt der 25-prozentige Steuersatz für die genannten Einkünfte auch im betrieblichen Bereich zur Anwendung. (Der in § 27a Abs. 4 Z 2 EStG 1988 enthaltene Ausschluss von Anschaffungsnebenkosten kommt dessen ungeachtet gemäß dem zweiten Satz dieser Vorschrift im betrieblichen Bereich nicht zur Anwendung; die Bewertungsbestimmungen des § 6 EStG 1988 gehen somit vor; siehe Abschnitt 3.2.) Auch im betrieblichen Bereich bleibt es (ausgenommen bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption) bei der 25-prozentigen Besteuerung; ob aber bereits der Kapitalertragsteuerabzug Abgeltungswirkung entfaltet, oder die Einkünfte in die Einkommensteuererklärung aufzunehmen und zum besonderen Steuersatz zu veranlagen sind, ergibt sich aus § 97 EStG 1988 (siehe Abschnitt 2.7.).
1.3.3. Ausnahmen vom besonderen Steuersatz
Der Rechtslage vor dem BBG 2011 entsprechend soll nur für bestimmte Einkünfte keine 25-prozentige Endbesteuerung greifen. Aufgrund der Anknüpfung von § 93 EStG 1988 an die Anwendung des besonderen Steuersatzes kommt es im Gegensatz zur früheren Rechtslage aber nur dann zum Abzug von Kapitalertragsteuer, wenn damit auch die Abgeltungswirkung verbunden ist (eine Ausnahme bilden Fälle, in denen zu Unrecht bzw. aufgrund einer nicht den tatsächlichen Umständen entsprechenden Fiktion gemäß § 93 Abs. 5 EStG 1988 Kapitalertragsteuer abgezogen wurde; siehe Abschnitt 2.5.2.). Die vom besonderen Steuersatz ausgenommenen Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen somit grundsätzlich keinem Kapitalertragsteuerabzug.
Die Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht dem besonderen Steuersatz von 25%, sondern dem normalen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuertarif unterliegen, sind in § 27a Abs. 2 EStG 1988 abschließend aufgezählt:
- Einkünfte aus Darlehen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen, denen kein Bankgeschäft zu Grunde liegt (Z 1)Darunter fallen insbesondere Privatdarlehen und sonstige nicht verbriefte private Forderungen, wie zB nicht verbriefte obligationenähnliche Genussrechte.
- Einkünfte aus nicht öffentlich begebenen Forderungswertpapieren und Immofondsanteilen (Z 2)Wertpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen, einschließlich verbriefte Derivate (insbesondere Indexzertifikate), sowie Anteilscheine an einem Immobilienfonds im Sinne des Immobilien-Investmentfondsgesetzes sowie an einem ausländischen Immobilienfonds (§ 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes), einschließlich der als ausgeschüttet geltenden Erträge, unterliegen nicht dem besonderen Steuersatz, wenn diese bei ihrer Begebung in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht keinem unbestimmten Personenkreis angeboten werden (=öffentliches Angebot). Bei nicht öffentlich begebenen Forderungswertpapieren bzw. Immofondsanteilen kommt es somit im Anwendungsbereich des BBG 2011 zum Entfall des Kapitalertragsteuerabzugs; allerdings ist bei ausländischen Wertpapieren im Zweifel davon auszugehen, dass ein solches öffentliches Angebot gegeben ist und KESt einzubehalten (siehe Abschnitt 2.5.2.2.). Der bjedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Bedingungen eines Angebots (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren oder Veranlagungen und über die anzubietenden Wertpapiere oder Veranlagungen enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere oder Veranlagungen zu entscheiden. Es handelt sich dabei um ein Angebot im Sinne des § 861 ABGB, das an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet wird. Von Publikum bzw. einer sich nicht an bestimmte Personen wendenden Willenserklärung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Anbieter die namentliche Identität jener Personen, an die sich ein Angebot richtet, nicht vor der Abgabe seiner Willenserklärung festgelegt hat. Richtet sich die Willenserklärung an einen Personenkreis von mehr als 100 Personen, so gilt das Angebot als öffentlich. Der Anbieter kann diese Annahme widerlegen. Einem solchen Angebot ist eine sich nicht an bestimmte Personen wendende Aufforderung, auf den Erwerb von Wertpapieren oder Veranlagungen gerichtete Angebote zu stellen, gleichzuhalten.Von einem öffentlichen Angebot ist auszugehen,
- wenn die betroffenen Wertpapiere der Prospektpflicht gemäß § 2 KMG unterliegen oder
- bereits an geregelten Märkten gehandelt werden (siehe dazu die Übersicht über die geregelten Märkte und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der entsprechenden Anforderungen der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. C 348 vom 21.12.2010 S. 9), oder
- es sich um allgemein angebotene Kassenobligationen handelt.
Eine bei der Ausgabe des Forderungswertpapiers vereinbarte Nachrangigkeit in der Bedeckung des Forderungskapitals hat für sich auf das Vorliegen eines öffentlichen Angebots keinen Einfluss. Für die Vermutung eines öffentlichen Angebotes spricht, wenn die Forderungswertpapiere
- von einem oder mehreren in- oder ausländischen Kreditinstituten übernommen und vertrieben werden oder
- über Medien allgemein zur Zeichnung angeboten werden (APA, Fachpresse) oder
- über ein anerkanntes Handelssystem (zB Reuters, Bloomberg usw.) zur Zeichnung angeboten werden.
Als Beweismittel für das Vorliegen eines öffentlichen Angebotes eignen sich insbesondere
- Übernahme- oder Syndikatsverträge,
- Informationsschreiben der Kreditinstitute an ihre Vertriebsorganisationen oder allgemeine Kundeninformationen (zB Zusendung von Zeichnungsprospekten an den präsumtiven Kundenkreis),
- Mitteilungen an Presseagenturen, Belegexemplare der Veröffentlichung,
- Eingabeprotokolle und -journale oder Ausdrucke anerkannter Handelssysteme.
Eine Überprüfung des Vorliegens eines öffentlichen Angebots entfällt, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein Forderungswertpapier innerhalb von sechs Monaten nach seiner Emission von mehr als 100 verschiedenen Käufern erworben wurde. Der Nachweis des Erwerbes der erforderlichen Anzahl der Käufer ist folgendermaßen zu erbringen:
- Bei Forderungswertpapieren, die bei Kreditinstituten hinterlegt sind, durch die Vorlage der Bestätigung des die Emission führenden Kreditinstitutes, dass die erforderliche Käuferanzahl innerhalb von 6 Monaten erreicht worden ist.
- Bei Forderungswertpapieren die nicht bei Kreditinstituten hinterlegt sind, durch die Vorlage einer notariellen Bestätigung, dass die erforderliche Käuferanzahl innerhalb von sechs Monaten erreicht worden ist.
- Einkünfte aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters (Z 3)Dies umfasst sowohl Gewinnanteile als auch Abschichtungsüberschüsse und Veräußerungsgewinne. Im Anwendungsbereich des BBG 2011 kommt es somit zu einem Entfall des Kapitalertragsteuerabzugs bei stillen Beteiligungen. Allerdings wurde für beschränkt Steuerpflichtige stille Beteiligte eine Abzugsteuer in § 99 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 vorgesehen.
- Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen (Z 4)
- Ausgleichszahlungen und Leihgebühren, wenn es sich beim Entleiher (Pensionsnehmer) weder um ein Kreditinstitut noch um eine Zweigstelle im Sinne des § 95 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 handelt (Z 5). Zusätzliches Erfordernis für die Anwendbarkeit des besonderen Steuersatzes ist, dass die weitergeleiteten Kapitalerträge bei direktem Bezug durch den Pensionsgeber/Verleiher dem besonderen Steuersatz unterliegen würden (siehe Abschnitt 1.2.1.11.).
- Steuerpflichtige Versicherungsleistungen (Z 6)Unterschiedsbeträge zwischen der eingezahlten Versicherungsprämie und der Versicherungsleistung im Sinne des § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 oder die realisierte Wertsteigerung aus der Veräußerung des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag, unterliegen - sofern sie steuerpflichtig sind (siehe Abschnitt 1.2.1.10.1.) - dem progressiven Tarif.
- Einkünfte aus nicht verbrieften Derivaten im Sinne des § 27 Abs. 4 EStG 1988 (Z 7)Zusätzlich ist bei verbrieften Derivaten ein öffentliches Angebot erforderlich (siehe oben, § 27a Abs. 2 Z 2 EStG 1988).
Bei über Investmentfonds im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 30 InvFG 2011 sowie Immobilieninvestmentfonds im Sinne des ImmoInvFG bezogenen Zinsen aus verbrieften Forderungen bzw. Einkünften aus Derivaten kann die Prüfung des öffentlichen Angebots bzw. der Verbriefung unterbleiben.
1.3.4. Regelbesteuerungsoption
1.3.4.1. Verhältnis von Regelbesteuerungsoption und Verlustausgleichsoption
§ 27a Abs. 5 EStG 1988 enthält die bis zum BBG 2011 in § 97 Abs. 4 EStG 1988 verankerte Möglichkeit des Steuerpflichtigen, seine KESt-pflichtigen bzw. dem besonderen Steuersatz unterliegenden Einkünfte im Wege der Veranlagung zum Tarif besteuern zu lassen. Da nach dem BBG 2011 jedoch die Veranlagung von Kapitaleinkünften nicht mehr automatisch mit der Anwendung des progressiven Tarifs einhergeht, wird die in § 27a Abs. 5 EStG 1988 1) nicht mehr "Veranlagungsoption", sondern "Regelbesteuerungsoption" genannt. Zur Geltendmachung eines Verlustausgleichs bloß innerhalb der 25%-Schedule ist die Ausübung der Regelbesteuerungsoption daher nicht nötig; wünscht der Steuerpflichtige nur einen Verlustausgleich innerhalb der mit 25% besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen, kann er - isoliert von der in § 27a Abs. 5 EStG 1988 1) enthaltenen Regelbesteuerungsoption - die Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 ausüben (siehe Abschnitt 2.8.2.). Dasselbe gilt in Fällen, in denen Entlastungsverpflichtungen aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen wahrzunehmen sind; auch diese können im Wege der Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 geltend gemacht werden (siehe Abschnitt 2.8.2.).
1) Redaktionelle Anmerkung: Das Zitat "§ 27 Abs. 5 EStG 1988" wurde im Rahmen einer Korrektur am 12. April 2012 auf "§ 27a Abs. 5 EStG 1988" berichtigt.
1.3.4.2. Voraussetzungen zur Ausübung der Regelbesteuerungsoption
Wie schon vor dem BBG 2011 kann die Regelbesteuerungsoption nur für sämtliche Kapitaleinkünfte des Steuerpflichtigen, dh. alle in- und ausländischen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und Derivaten ausgeübt werden; sie umfasst auch die aufgrund des Subsidiaritätsprinzips unter den Haupteinkunftsarten zu erfassenden Kapitaleinkünfte.
Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem BBG 2011 kann die Regelbesteuerungsoption unabhängig davon ausgeübt werden, ob die Anwendung des allgemeinen Steuertarifes zu einer geringeren Steuerbelastung führt als der besondere Steuersatz von 25%. Zu beachten ist, dass mit dem BBG 2011 § 37 Abs. 4 EStG 1988 entfallen ist, sodass ab 1.4.2012 sämtliche Kapitaleinkünfte (einschließlich Gewinnanteile und Einkünfte aus Beteiligungsveräußerungen außerhalb der Jahresfrist) im Falle der Regelbesteuerung dem Normalsteuersatz unterliegen. Ergibt sich aus der Veranlagung zum allgemeinen Steuertarif eine höhere Besteuerung als bei Beibehaltung des besonderen Steuersatzes (allenfalls auch bei Ausübung der Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988, siehe Abschnitt 2.8.2.), kann der Steuerpflichtige die Ausübung der Regelbesteuerungsoption auch noch im Rechtsmittelverfahren zurückziehen.
1.3.4.3. Rechtsfolgen der Ausübung der Regelbesteuerungsoption
Die Ausübung der Regelbesteuerungsoption führt zu einer Veranlagung nach den allgemeinen Veranlagungstiteln der §§ 39 und 41 EStG 1988 unter Anrechnung der entrichteten Kapitalertragsteuer, wobei sämtliche in- und ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen, auch wenn sie den Haupteinkunftsarten zugerechnet werden, dem Normalsteuersatz unterliegen. Es handelt sich daher um eine - durch die Bestimmungen des § 27a Abs. 5 EStG 1988 ergänzte - Veranlagung nach den §§ 39 oder 41 EStG 1988. Der Veranlagungsfreibetrag von 730 Euro gilt nicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz anwendbar ist (§ 41 Abs. 3 EStG 1988). Zu beachten ist weiters, dass die in § 27 Abs. 8 enthaltenen Einschränkungen des Verlustausgleichs (siehe Abschnitt 1.4.) sowie das Abzugsverbot des § 20 Abs. 2 EStG 1988 auch bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption gelten.
Die Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer unterbleibt insoweit, als der Steuerpflichtige einem Dritten den Anspruch auf einen Alleinverdienerabsetzbetrag oder einen Kinderabsetzbetrag vermittelt. Übersteigen die vermittelten Absetzbeträge die anzurechnende Kapitalertragsteuer, kommt es daher zu keiner Erstattung.
Beispiele:
1. Ein Kind, für das ganzjährig Familienbeihilfe bezogen worden ist, hat im Jahr 01 Sparbuchzinsen von 3 000 Euro. Die Kapitalertragsteuer beträgt daher 750 Euro; der Kinderabsetzbetrag im Jahr 01 beträgt 58,40 Euro. Weitere Einkünfte liegen nicht vor. Es kommt 01 zu einer Erstattung von 49 Euro (750-12*58,40=49,20; Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988 ).
2. Ein Kind, für das ganzjährig Familienbeihilfe bezogen worden ist, hat im Jahr 01 Sparbuchzinsen von 2 000 Euro. Die Kapitalertragsteuer beträgt daher 500 Euro; der Kinderabsetzbetrag im Jahr 01 beträgt 58,40 Euro. Weitere Einkünfte liegen nicht vor. Es kommt 01 zu keiner Erstattung der KESt, weil diese niedriger ist, als der für das Kind ganzjährig bezogene Kinderabsetzbetrag.
3. Der Ehepartner eines Alleinverdieners mit zwei Kindern bezog im Jahr 01 Sparbuchzinsen von 2 000 Euro. Die KESt beträgt daher 500 Euro. Weitere Einkünfte liegen nicht vor. Eine KESt-Erstattung für 01 unterbleibt, da die KESt niedriger ist, als der dem Ehepartner zustehende Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe von 669 Euro.
Für das Unterbleiben der Anrechnung ist ohne Belang, ob der Dritte den jeweiligen Absetzbetrag tatsächlich beantragt hat bzw. in Anspruch nimmt.
Beispiel:
Der Ehepartner A eines (potenziellen) Alleinverdieners B mit zwei Kindern erzielte im Jahr 01 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5 000 Euro und bezog überdies Sparbuchzinsen von 2 000 Euro. Die KESt beträgt daher 500 Euro. Weitere Einkünfte liegen nicht vor. Da auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, die unter § 27a Abs. 1 EStG 1988 fallen, für die Einkunftsgrenze der Alleinverdienerabsetzbetrages von 6.000 Euro unabhängig davon relevant sind, ob eine Regelbesteuerung beantragt wird oder nicht, steht B hier jedenfalls kein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. A erhält daher im Fall der Regelbesteuerungsoption die gesamte KESt von 500 Euro erstattet.
1.3.4.4. Mindestbesteuerung bei ausländischen Kapitaleinkünften bei Kinderabsetzbetrag oder Alleinverdienerabsetzbetrag
Zu beachten ist, dass im Interesse der Herstellung eines gleichen Besteuerungsergebnisses wie bei KESt-pflichtigen Inlandserträgen bei Vorliegen von KESt-freien (insbesondere ausländischen) Kapitaleinkünften bei Kindern oder (Ehe)Partnern von Alleinverdienern zu einer Mindestbesteuerung kommt. § 42 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 sieht hier eine Steuererklärungspflicht und § 41 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 einen Pflichtveranlagungstitel bei gleichzeitigem Bezug von (idR geringfügigen) lohnsteuerpflichtigen Einkünften vor.
Beispiel (Variante des Beispiels 1 in 1.3.4.3.):
Ein Kind, für das ganzjährig Familienbeihilfe bezogen worden ist, hat im Jahr 01 ausländische Sparbuchzinsen von 3 000 Euro. Ein Kapitalertragsteuerabzug erfolgte daher nicht. Es besteht Erklärungspflicht nach § 42 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, bei der Veranlagung wird eine Mindeststeuer iHv 12*58,40 Euro = 700,80 Euro festgesetzt, weil in dieser Höhe auch bei inländischen Kapitalerträgen die KESt eine endgültige Besteuerung darstellen würde.
Beipiel 2 (Variante des Beispiels 2 in 1.3.4.3.):
Ein Kind, für das ganzjährig Familienbeihilfe bezogen worden ist, hat im Jahr 01 ausländische Sparbuchzinsen von 2 000 Euro. Es besteht Erklärungspflicht nach § 42 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, bei der Veranlagung wird eine Mindeststeuer iHv 500 Euro Euro festgesetzt, weil auch bei inländischen Kapitalerträgen die gesamte KESt von 500 Euro eine endgültige Besteuerung darstellen würde.
1.3.5. Übergangsfragen
Die Neuordnung der Besteuerung von Kapitalvermögen tritt grundsätzlich mit 1. April 2012 in Kraft; auf Kapitalvermögen, das § 27 EStG 1988 idF BBG 2011 bzw. AbgÄG 2011 unterliegt, ist auch § 27a EStG 1988 anwendbar. Hinsichtlich der Besteuerung von realisierten Wertsteigerungen (§ 27 Abs. 3 EStG 1988) und Derivaten (§ 27 Abs. 4 EStG 1988) ist daher zwischen Alt- und Neuvermögen zu unterscheiden (siehe Abschnitt 1.1.1.3.). Grundsätzlich ist § 27a EStG 1988 nur auf dem neuen Besteuerungsregime unterliegendes Neuvermögen anzuwenden. Davon bestehen folgende Ausnahmen:
- Auf betrieblich gehaltenes Kapitalvermögen ist der besondere Steuersatz von 25% auch auf Altvermögen anzuwenden, sofern die Veräußerung (Realisierung) nach dem 31.3.2012 erfolgt (§ 124b Z 192 EStG 1988).
- Beteiligungen im Sinne des § 31 EStG 1988 werden in § 27 Abs. 3 überführt (§ 124b Z 185 lit. a 1. TS EStG 1988). Auf sie ist bei Veräußerung nach dem 31.3.2012 daher bereits der besondere Steuersatz anwendbar.
- Auf nach dem 30.9.2011 und vor dem 1.4.2012 entgeltlich erworbene Wirtschaftsgüter (ausgenommen Anteile an Körperschaften und Fondsanteile) und Derivate im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988, deren Veräußerung bzw. Abwicklung stets als Spekulationsgeschäft gelten, ist bei Veräußerung bzw. Abwicklung nach dem 31.3.2012 bereits der besondere Steuersatz anzuwenden (§ 124b Z 184 2. TS letzter Satz EStG 1988) und Werbungskosten dürfen nicht berücksichtigt werden. Nicht vom besonderen Steuersatz sowie dem Werbungskostenabzugsverbot umfasst sind vor dem 1.10.2011 angeschaffte Wirtschaftsgüter und Derivate, auch wenn sie nach dem 31.3.2012 veräußert bzw. abgewickelt werden.
Anmerkungen:
In EStR 2000 eingearbeitet.
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 |