EAS 3304
Ist ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger an einer vermögensverwaltenden ungarischen Kommanditgesellschaft ("betéti társaság" B.T.) beteiligt, sind die von der B.T. erwirtschafteten Einkünfte dem österreichischen Gesellschafter anteilig zuzurechnen und sind - in Anwendung des Transparenzprinzips - in seinen Händen steuerpflichtig. Der Umstand, dass die B.T. in Ungarn nach dem Intransparenzprinzip als Körperschaft besteuert wird und dass daher nach ungarischem Recht die Einkünfte nicht dem österreichischen Gesellschafter, sondern der ungarischen Gesellschaft steuerlich zugerechnet werden, führt zu einem Zurechnungskonflikt, vermag aber nicht die Anwendung des im österreichischen Recht verankerten Transparenzprinzips zu unterbinden (EAS 3303).
Räumlichkeiten der ungarischen B.T., in denen lediglich vermögensverwaltende Funktionen ausgeübt werden, begründen für den Gesellschafter keine Betriebstätten (VPR 2010 Rz 299). Bezieht daher die ungarische Personengesellschaft Drittstaatseinkünfte aus der Überlassung von Kapitalvermögen oder von Immaterialgütern, sind die Einkünfte unter Beachtung der mit den Drittstaaten geschlossenen DBA der österreichischen Einkommensbesteuerung zuzuführen.
Ungarn ist durch das DBA-Ö/H nicht gehindert, den nach seinem Recht in seinem Staatsgebiet ansässigen Einkünfteempfänger (die in Ungarn als Kapitalgesellschaft zu besteuernde B.T.) mit den Kapitalerträgen und Lizenzgebühren zu besteuern. Diese Auffassung stützt sich auf Beispiel 17 und Abs. 131 des OECD-Partnership-Reports. Die dadurch eintretende Doppelbesteuerung ist auf der Grundlage des Methodenartikels (Artikel 22 DBA-Ö/Ungarn) im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters zu beseitigen. Da im DBA-Ö/Ungarn die Befreiungsmethode für die Beseitigung der Doppelbesteuerung in allen Fällen angewendet wird, in denen Einkünfte nach dem Abkommen in Ungarn besteuert werden dürfen, sind die aus der Vermögensverwaltung erzielten Einkünfte - soweit dies zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung erforderlich ist - von der Besteuerung freizustellen (Z 133 des Partnership-Reports und die dort enthaltene indirekte Verweisung auf Z 32.1 ff des OECD-Kommentars zu Artikel 23 OECD-MA).
Das erwähnte Beispiel 17 des Partnership-Reports befasst sich zwar nur mit Inlandseinkünften der Gesellschaft. Nach Auffassung des BMF wird diese Abkommensauslegung aber auch für Drittstaatseinkünfte der Gesellschaft gelten müssen, da sonst das Abkommen mit Ungarn in einer Art ausgelegt würde, dass es nicht mehr in der Lage ist, die Doppelbesteuerung zu beseitigen. Da Ungarn durch das DBA-Ö/Ungarn sonach nicht daran gehindert ist, die nach seinem Recht in Ungarn ansässige Gesellschaft auch mit den Drittstaatseinkünften zu besteuern, wird insoweit, als dies zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erforderlich ist, in Österreich Steuerfreiheit unter Progressionsvorbehalt zustehen.
EAS 3018 steht mit diesem Auslegungskonzept nicht im Widerspruch. Denn die aus Z 32.1 ff des OECD-Kommentars zu Art. 23 OECD-MA ableitbaren Auslegungsregeln dienen der Vermeidung der Doppelbesteuerung (Z 32.3 letzter Satz) nicht aber der Herbeiführung einer Doppelnichtbesteuerung. Im Fall der EAS 3018 lag hinsichtlich der aus Österreich stammenden Gewinnausschüttungen keine Doppelbesteuerung vor, sodass damit die Grenze für eine extensive Auslegung von Artikel 23 überschritten würde, wenn sie der Herbeiführung einer Keinmalbesteuerung dienlich gemacht werden sollte.
Bundesministerium für Finanzen, 23. November 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976 |
Schlagworte: | hybride Personengesellschaften, vermögensverwaltende Personengesellschaften, Transparenzprinzip, Intransparenzprinzip, Auslandssteueranrechnung, Zurechnungskonflikt |
Verweise: | VPR 2010, Verrechnungspreisrichtlinien 2010 Rz 299 |