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3.6. Anlaufzeitraum (§ 2 Abs. 2 LVO)

BMFBMF-010203/0599-VI/6/20111.1.2012

Rz 37
Bei Beginn einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO sind die in den ersten drei bis fünf Kalenderjahren bzw. Wirtschaftsjahren (siehe Rz 40) anfallenden Verluste steuerlich anzuerkennen. Dies gilt auch für Verluste nach dem Beginn einer Betätigung im Rahmen eines Teilbetriebes (einer außerbetrieblichen Betätigung). Mit der Berücksichtigung von Verlusten im Anlaufzeitraum trägt die Verordnung typisierend dem Gesichtspunkt Rechnung, dass das Anfallen von Verlusten in den ersten Jahren einer Betätigung nicht ungewöhnlich ist und im Interesse der Gesamtrentabilität in Kauf genommen werden muss. Der Anlaufzeitraum gilt jedoch nicht für den Bereich der entgeltlichen Überlassung von Gebäuden (siehe Rz 60) und bei einer Betätigung, bei der von vornherein damit zu rechnen ist, dass sie bereits vor dem Anfallen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet werden wird (siehe Rz 18).

Rz 38
Beginn einer Betätigung im Sinne des § 2 Abs. 2 LVO ist die Eröffnung eines noch nicht existierenden oder entgeltlich übernommenen Betriebes (Teilbetriebes, einer außerbetrieblichen Betätigung). Die Eröffnung eines unentgeltlich übernommenen Betriebes (Teilbetriebes, einer außerbetrieblichen Betätigung) gilt nur dann als Beginn der Betätigung, wenn die Betätigung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Übernahme völlig verändert wird (siehe auch Rz 41).

Rz 39
Für den Anlaufzeitraum sind die Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO nicht zu prüfen. Die steuerliche Anerkennung der Verluste der ersten drei Jahre bleibt auch dann aufrecht, wenn sich nach Ablauf des Anlaufzeitraumes ergibt, dass auf Grund der - auch den Anlaufzeitraum umfassenden - Prüfung anhand der Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO keine Einkunftsquelle vorliegt (siehe Rz 45 ff). Das Jahr des Beginns der Betätigung sowie allgemein Rumpfwirtschaftsjahre zählen jeweils als ein Kalenderjahr bzw. Wirtschaftsjahr.

Rz 40
Der dreijährige Anlaufzeitraum läuft grundsätzlich ab dem Beginn der Betätigung. Fallen vorher Aufwendungen (Ausgaben) im Zusammenhang mit der zielstrebigen Vorbereitung der Betriebseröffnung bzw. des Beginns einer außerbetrieblichen Betätigung an, beginnt der Anlaufzeitraum mit dem Kalenderjahr des erstmaligen Anfallens derartiger Aufwendungen (Ausgaben) zu laufen. In diesem Fall verlängert sich der Dreijahreszeitraum um die Zeit der Vorbereitung auf einen Zeitraum bis zu maximal fünf Jahren.

Beispiel 1:

Im August 01 wird ein Geschäftslokal angemietet und noch 01 hiefür Miete bezahlt. Der Betrieb wird im April 02 eröffnet. Der Anlaufzeitraum beginnt mit dem Jahr 01 und endet mit dem Jahr 04.

Beispiel 2:

Im Juni 01 wird mit der Herstellung eines Hotelgebäudes begonnen. Es fallen ab dieser Zeit Aufwendungen an. Der Hotelbetrieb wird in der Sommersaison 04 eröffnet. Der Anlaufzeitraum beginnt mit dem Jahr 01 und endet mit dem Jahr 05.

Rz 41
§ 2 Abs. 2 zweiter Satz LVO sieht vor, dass der Anlaufzeitraum durch die Übertragung der Grundlagen der Betätigung auf Dritte nicht unterbrochen wird. Diese Bestimmung ist teleologisch auf Fälle der unentgeltlichen Übertragung der Einkunftsquelle zu reduzieren.

Mit dem entgeltlichen Erwerb der Einkunftsquelle beginnt für den Erwerber auch ein neuer Anlaufzeitraum zu laufen. In derartigen Fällen kann für den Erwerber die Eignung, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, nur unter Einbeziehung der durch den entgeltlichen Erwerb neu geschaffenen Bedingungen beurteilt werden. Dieser Fall ist im Hinblick auf die Zielsetzung des Anlaufzeitraumes (vgl. Rz 37) der Eröffnung eines noch nicht existierenden Betriebes gleichzuhalten.

Wird hingegen die Einkunftsquelle unentgeltlich übertragen und wird die Betätigung vom Erwerber im Wesentlichen unverändert fortgeführt, bleiben die Bedingungen der Bewirtschaftung unverändert; die neuerliche Berücksichtigung eines Anlaufzeitraumes in derartigen Fällen würde die Zielsetzung des § 2 Abs. 2 LVO verfehlen (siehe Rz 37). Für derartige Fälle sieht daher § 2 Abs. 2 LVO vor, dass der Anlaufzeitraum weiterläuft. Wird die Betätigung vom Erwerber hingegen in völlig veränderter Form (Rz 38) fortgesetzt, beginnt auch in solchen Fällen ein neuer Anlaufzeitraum zu laufen.

Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger übernimmt im Jahr 02 unentgeltlich einen 01 eröffneten Gastwirtschaftsbetrieb mit traditioneller Küche. Führt der Erwerber den Betrieb (mit oder ohne bauliche Veränderungen) weiter, läuft auch der Anlaufzeitraum weiter und endet daher 03. Wandelt der Erwerber die Gastwirtschaft hingegen unter völliger Änderung der äußeren Ausstattung in ein Chinarestaurant um, beginnt mit dem Erwerb ein (neuer) Anlaufzeitraum.

Die Fortsetzung einer Betätigung in völlig veränderter Form wird jedenfalls bei einem Branchenwechsel vorliegen.

Rz 42
Ein Anlaufzeitraum darf nach § 2 Abs. 2 LVO nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass eine Betätigung bereits vor dem Anfallen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet werden wird. Dies bedeutet, dass anhand der zu Betätigungsbeginn bestehenden Umstände von vornherein erkennbar sein muss, dass mit der Betätigung in der geführten Art und Weise ein Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) nicht erzielt werden kann.

Beispiele aus der Judikatur zu Privatgeschäftsvermittlern:

Rz 43
Ist die Betätigung auf Grund der konkreten Ausgestaltung nicht von vornherein als aussichtslos erkennbar, steht der Anlaufzeitraum zu (VwGH 28.11.2007, 2006/14/0062).

Die Beendigung einer Tätigkeit allein spricht nicht dafür, dass die Betätigung von vornherein nur auf einen begrenzten Zeitraum angelegt ist.

Rz 44
Bei zeitlich begrenzten Beteiligungen ist die Prüfung bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO auch für den Anlaufzeitraum (siehe Rz 37 ff) vorzunehmen. Siehe auch Rz 121 ff.

Rz 45
Fallen nach Ablauf des Anlaufzeitraumes weiterhin Verluste an, ist anhand der Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO (siehe Rz 48 ff) zu untersuchen, ob auch über den Anlaufzeitraum hinaus vom Vorliegen einer Einkunftsquelle auszugehen ist.

Bei dieser Kriterienprüfung ist das Schwergewicht auf die bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr eingetretene Entwicklung (einschließlich jener im Anlaufzeitraum) zu legen. Allerdings kommt der nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungsjahres eingetretenen Entwicklung sehr wohl Bedeutung zu. Eine gewisse Indizwirkung auf das subjektive Streben des Steuerpflichtigen kann daher auch später in Erscheinung getretenen Umständen zukommen (VwGH 28.5.2009, 2007/15/0299).

Rz 46
Die Kriterienprüfung kann ergeben:

Beispiel:

Eine Betätigung wirft im Anlaufzeitraum (drei Jahre) nur Verluste ab. Bei der sich daran anschließenden jährlichen Prüfung anhand der Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO ergibt sich, dass auch noch vier weitere Jahre hindurch von einer Einkunftsquelle auszugehen ist. Für das achte Verlustjahr ergibt sich, dass ein weiteres Anbieten der vom Markt nicht ausreichend akzeptierten Leistungen nicht mehr marktgerecht ist. Beginnend mit dem achten Jahr ist Liebhaberei anzunehmen (Wandel zu Liebhaberei, siehe Rz 34). Die Verluste der ersten sieben Jahre sind steuerlich anzuerkennen.

Rz 47
Wurde eine Betätigung (nach Ablauf des Anlaufzeitraumes und allenfalls weiterer Jahre) endgültig als Liebhaberei eingestuft und wird sodann die Bewirtschaftung geändert, gilt dies als Beginn einer neuen Betätigung. Maßgebend ist, dass durch Änderungen in der Wirtschaftsführung die Tätigkeit in weiterer Folge so betrieben wird, dass sie nunmehr geeignet ist, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen. Es beginnt daher bei Einstufung als Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO ein (neuer) Anlaufzeitraum zu laufen.

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