Beispiel 1:
Im August 01 wird ein Geschäftslokal angemietet und noch 01 hiefür Miete bezahlt. Der Betrieb wird im April 02 eröffnet. Der Anlaufzeitraum beginnt mit dem Jahr 01 und endet mit dem Jahr 04.
Beispiel 2:
Im Juni 01 wird mit der Herstellung eines Hotelgebäudes begonnen. Es fallen ab dieser Zeit Aufwendungen an. Der Hotelbetrieb wird in der Sommersaison 04 eröffnet. Der Anlaufzeitraum beginnt mit dem Jahr 01 und endet mit dem Jahr 05.
Mit dem entgeltlichen Erwerb der Einkunftsquelle beginnt für den Erwerber auch ein neuer Anlaufzeitraum zu laufen. In derartigen Fällen kann für den Erwerber die Eignung, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, nur unter Einbeziehung der durch den entgeltlichen Erwerb neu geschaffenen Bedingungen beurteilt werden. Dieser Fall ist im Hinblick auf die Zielsetzung des Anlaufzeitraumes (vgl. Rz 37) der Eröffnung eines noch nicht existierenden Betriebes gleichzuhalten.
Wird hingegen die Einkunftsquelle unentgeltlich übertragen und wird die Betätigung vom Erwerber im Wesentlichen unverändert fortgeführt, bleiben die Bedingungen der Bewirtschaftung unverändert; die neuerliche Berücksichtigung eines Anlaufzeitraumes in derartigen Fällen würde die Zielsetzung des § 2 Abs. 2 LVO verfehlen (siehe Rz 37). Für derartige Fälle sieht daher § 2 Abs. 2 LVO vor, dass der Anlaufzeitraum weiterläuft. Wird die Betätigung vom Erwerber hingegen in völlig veränderter Form (Rz 38) fortgesetzt, beginnt auch in solchen Fällen ein neuer Anlaufzeitraum zu laufen.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger übernimmt im Jahr 02 unentgeltlich einen 01 eröffneten Gastwirtschaftsbetrieb mit traditioneller Küche. Führt der Erwerber den Betrieb (mit oder ohne bauliche Veränderungen) weiter, läuft auch der Anlaufzeitraum weiter und endet daher 03. Wandelt der Erwerber die Gastwirtschaft hingegen unter völliger Änderung der äußeren Ausstattung in ein Chinarestaurant um, beginnt mit dem Erwerb ein (neuer) Anlaufzeitraum.
Die Fortsetzung einer Betätigung in völlig veränderter Form wird jedenfalls bei einem Branchenwechsel vorliegen.
Ein Anlaufzeitraum darf nach § 2 Abs. 2 LVO nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass eine Betätigung bereits vor dem Anfallen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet werden wird. Dies bedeutet, dass anhand der zu Betätigungsbeginn bestehenden Umstände von vornherein erkennbar sein muss, dass mit der Betätigung in der geführten Art und Weise ein Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) nicht erzielt werden kann.Beispiele aus der Judikatur zu Privatgeschäftsvermittlern:
- Machen die erzielten Verluste eines Privatgeschäftsvermittlers in mehreren Jahren mindestens das Zehnfache der Umsätze aus, wobei allein die Kfz-Kosten die Umsätze in jedem Jahr bei weitem übersteigen, und hat der Vermittler keine Möglichkeit, die Vertriebsorganisation und das System der Gewinnung von Subvertretern zu beeinflussen, ist diese Tätigkeit in der Art und Weise, wie sie betrieben wird, voraussichtlich nicht geeignet, Gewinne zu erzielen (VwGH 12.8.1994, 94/14/0025).
- Bei keinen Gebietsschutz genießenden und im Schneeballsystem Subvertreter werbenden Privatgeschäftsvermittlern, die Schulungen sowie Vorführmaterial auf eigene Kosten erwerben und überdies hohe Reiseaufwendungen tätigen müssen, ist schon systembedingt damit zu rechnen, dass die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird (VwGH 22.2.2000, 96/14/0038; VwGH 23.11.2011, 2008/13/0052).
- Bei Vertretern kann allerdings nicht generell, sondern nur in besonderen Fällen (zB Gesamtverlust übersteigt Umsätze aus drei Jahren um ein Vielfaches, Umsätze sind geringer als Reiseaufwendungen) davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird. Liegen entsprechende Umstände nicht vor, sind die Verluste während des Anlaufzeitraumes grundsätzlich anzuerkennen (VwGH 2.3.2006, 2006/15/0018; VwGH 28.4.2011, 2008/15/0198).
Die Beendigung einer Tätigkeit allein spricht nicht dafür, dass die Betätigung von vornherein nur auf einen begrenzten Zeitraum angelegt ist.
Bei zeitlich begrenzten Beteiligungen ist die Prüfung bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO auch für den Anlaufzeitraum (siehe Rz 37 ff) vorzunehmen. Siehe auch Rz 121 ff.Fallen nach Ablauf des Anlaufzeitraumes weiterhin Verluste an, ist anhand der Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO (siehe Rz 48 ff) zu untersuchen, ob auch über den Anlaufzeitraum hinaus vom Vorliegen einer Einkunftsquelle auszugehen ist.Bei dieser Kriterienprüfung ist das Schwergewicht auf die bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr eingetretene Entwicklung (einschließlich jener im Anlaufzeitraum) zu legen. Allerdings kommt der nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungsjahres eingetretenen Entwicklung sehr wohl Bedeutung zu. Eine gewisse Indizwirkung auf das subjektive Streben des Steuerpflichtigen kann daher auch später in Erscheinung getretenen Umständen zukommen (VwGH 28.5.2009, 2007/15/0299).
Die Kriterienprüfung kann ergeben:- Es ist bereits ab dem ersten Jahr nach dem Anlaufzeitraum Liebhaberei anzunehmen; in diesem Fall liegt mit Ablauf des Anlaufzeitraumes ein Wandel zur Liebhaberei vor (siehe Rz 34).
- Das Gesamtbild der Verhältnisse in Bezug auf die Einordnung der Betätigung unter § 1 Abs. 1 LVO oder § 1 Abs. 2 LVO kann noch nicht endgültig beurteilt werden; in diesem Fall ist eine vorläufige Veranlagung (siehe Rz 192) vorzunehmen.
- Es ist auf Grund der Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt, für einen weiteren Zeitraum eine Einkunftsquelle anzunehmen. Stellt sich in diesem Fall bei Anfallen fortgesetzter Verluste heraus, dass die weitere Annahme einer Einkunftsquelle im Hinblick auf die Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO ab einem bestimmten Jahr nicht mehr gerechtfertigt ist, ist ab diesem Jahr von Liebhaberei auszugehen (Wandel zur Liebhaberei, siehe Rz 34). Die bis zum Zeitpunkt dieser Feststellung steuerlich anerkannten Verluste werden davon nicht berührt; die bisherige steuerliche Anerkennung bleibt also aufrecht.
Beispiel:
Eine Betätigung wirft im Anlaufzeitraum (drei Jahre) nur Verluste ab. Bei der sich daran anschließenden jährlichen Prüfung anhand der Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 6 LVO ergibt sich, dass auch noch vier weitere Jahre hindurch von einer Einkunftsquelle auszugehen ist. Für das achte Verlustjahr ergibt sich, dass ein weiteres Anbieten der vom Markt nicht ausreichend akzeptierten Leistungen nicht mehr marktgerecht ist. Beginnend mit dem achten Jahr ist Liebhaberei anzunehmen (Wandel zu Liebhaberei, siehe Rz 34). Die Verluste der ersten sieben Jahre sind steuerlich anzuerkennen.