Die Beweggründe für eine Umschulung können durch äußere Umstände (zB wirtschaftlich bedingte Umstrukturierungen des Arbeitgebers oder sogar Betriebsschließungen) hervorgerufen werden, in einer Unzufriedenheit im bisherigen Beruf gelegen sein oder einem Interesse an einer beruflichen Neuorientierung entspringen. Der Steuerpflichtige muss aber nachweisen oder glaubhaft machen, dass er tatsächlich auf die Ausübung eines anderen Berufs
Der Zweck der Umschulung muss darin bestehen, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich ausüben zu wollen. Ob dies der Fall ist oder andere Motive der Bildungsmaßnahme des Steuerpflichtigen zu Grunde liegen (zB hobbymäßiges Verwerten), ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Spricht das Gesamtbild für das Vorliegen dieser Absicht, liegen Werbungskosten vor, und zwar auch dann, wenn die tatsächliche Ausübung des angestrebten Berufes letztlich scheitert, zB weil der Steuerpflichtige tatsächlich keinen Arbeitsplatz findet. Das "Abzielen" ist somit veranlagungsjahrbezogen nach Art einer Liebhabereibeurteilung zu prüfen, eine spätere Änderung des zunächst vorhandenen Willensentschlusses hat keine schädliche Wirkung für die Vergangenheit.
Beispiele:
- Eine Arbeitnehmerin aus dem Druckereibereich lässt sich zur Krankenpflegerin umschulen. Im zweiten Jahr ihrer Umschulung bekommt sie eine Stelle in eine Druckerei und bricht daher die Umschulung ab. Die bisher angefallenen Umschulungskosten sind als Werbungskosten anzuerkennen.
- Ein Medizinstudent, der sich das Studium als Taxifahrer finanziert, bricht sein Studium ab. Die bisher angefallenen Umschulungskosten sind als Werbungskosten anzuerkennen.
Randzahl 360a: entfällt
5.9.14.4 Umschulungskosten - vorweggenommene Werbungskosten
Da Umschulungskosten auf eine künftige, noch nicht ausgeübte Tätigkeit abzielen, stellen sie begrifflich vorweggenommene Werbungskosten dar (VwGH 15.09.2011, 2008/15/0321). Es müssen grundsätzlich Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen (vgl. VwGH 16.12.1999, 97/15/0148, VwGH 25.06.2000, 95/14/0134, VwGH 15.09.2011, 2008/15/0321, und Rz 230).Diese sind jedenfalls dann gegeben wenn,
- die Einkunftserzielung im früher ausgeübten Beruf auf Grund von Arbeitslosigkeit nicht mehr gegeben ist oder
- die weitere Einkunftserzielung im bisherigen Beruf gefährdet ist oder
- die Berufschancen oder Verdienstmöglichkeiten durch die Umschulung verbessert werden.
Die Intensität der Nachweisführung oder Glaubhaftmachung muss umso höher sein, je mehr sich eine Umschulung nach der Verkehrsauffassung auch zur Befriedigung privater Interessen bzw. Neigungen eignet.
Eine derartige besondere Nachweisführung wird daher vor allem bei folgenden Sachverhalten notwendig sein:
- Die derzeitige Einkünfteerzielung ist nicht gefährdet oder
- die Umschulung lässt aus dem neuen Beruf keine höheren Einkünfte erwarten.
Beispiel:
Ein gutverdienender Informatiker lässt sich zum Hubschrauberpiloten umschulen.
Ein Werbungskostenabzug ist nicht zulässig, wenn
- eine Einkünfteerzielung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse von vornherein nicht zu erwarten ist.
Beispiel:
Ein Arzt mit einer gut gehenden Praxis als Internist studiert Ägyptologie.