EAS 3117
Erhält ein in Österreich ansässiger Steuerpflichtiger für eine in den Jahren 1998 und 1999 stattgefundene Beschäftigung bei einem französischen Arbeitgeber nach Durchfechtung in Gerichtsverfahren eine bisher vorenthaltene Gewinnbeteiligung ("participation au bénéfice"), dann stellt dies einen nachträglich zugeflossenen Vorteil aus dem seinerzeitigen Dienstverhältnis dar, der nach österreichischem innerstaatlichem Recht im Zuflussjahr der österreichischen Besteuerung unterliegt.
Allerdings steht der Geltendmachung dieses Besteuerungsanspruches Artikel 15 Abs. 1 DBA Frankreich entgegen, der auf der Grundlage des "Kausalitätsprinzips" das Besteuerungsrecht an Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit jenem Staat zuteilt, in dem die die Einkünfte generierenden Arbeitsleistungen erbracht worden sind; dies ist im vorliegenden Fall Frankreich. Österreich ist als Ansässigkeitsstaat gemäß Artikel 23 Abs. 2 DBA F verpflichtet, diese Einkünfte - unter Progressionsvorbehalt - von der Besteuerung freizustellen.
Diese Freistellungsverpflichtung besteht unabhängig davon, ob Frankreich derartige Arbeitnehmergewinnbeteiligungen nach seinem inländischen Recht von der Besteuerung freistellt, da das Abkommen keine "subject to tax-Klausel" enthält. Es kann in diesem Fall sonach durchaus eine legale Keinmalbesteuerung eintreten.
Nur dann, wenn sich die Steuerfreistellung auf französischer Seite deshalb ergeben sollte, weil Frankreich diese Gewinnbeteiligung nicht dem Artikel 15, sondern Artikel 21 oder Artikel 10 DBA F zuordnet und weil Frankreich daher nicht auf Grund seines innerstaatlichen Rechts, sondern auf Grund des DBA die Besteuerung zur Gänze oder teilweise unterlassen muss, wäre auf österreichischer Seite durch das österreichisch-französische Doppelbesteuerungsabkommen keine Steuerfreistellungsverpflichtung gegeben; denn in diesem Fall dürften die nachträglichen Einkünfte "nach diesem Abkommen" nicht in Frankreich besteuert werden (bei französischer Zuordnung unter Artikel 21) oder es käme der in Artikel 23 Abs. 2 lit. a des Abkommens enthaltene Vorbehalt der lit. b zur Anwendung (bei französischer Zuordnung zu Artikel 10); in beiden Fällen wäre die in Artikel 23 Abs. 2 lit. a DBA F genannte Vorbedingung für die Steuerfreistellung auf österreichischer Seite nicht erfüllt.
Wenn vom Steuerpflichtigen im vorliegenden Fall die gesetzlichen Bestimmungen des französischen Rechts in Evidenz gehalten werden, aus denen sich die in der Anfrage mitgeteilte gesetzliche Steuerbefreiung der Mitarbeiter-Gewinnbeteiligung in Frankreich ergibt, ließe dies unter den gegebenen Umständen den Schluss zu, dass kein schädlicher Qualifikationskonflikt vorliegt, der die Steuerfreiheit auf französischer Seite ausgelöst hat, und dass daher Anrecht auf Steuerfreiheit - unter Progressionsvorbehalt - auf österreichischer Seite besteht.
Bundesministerium für Finanzen, 15. Jänner 2010
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 15 Abs. 1 DBA F (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Frankreich (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 613/1994 |
Schlagworte: | Mitarbeiter-Gewinnbeteiligung, Gewinnbeteiligung für Arbeitnehmer, Vorteil aus dem Dienstverhältnis, Kausalitätsprinzip Qualifikationskonflikt, subject to tax-Klausel, Keinmalbesteuerung |