1.8.1. Atypisch stille Beteiligung an der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft
An der Maßgeblichkeit einer im Firmenbuch eingetragenen Verschmelzung als Anwendungsfall des Art. I UmgrStG ändert sich auch dann nichts, wenn jemand gemäß § 179 UGB am Unternehmen der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft (Inhaber des Handelsgewerbes) als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist und in steuerlicher Sicht eine Mitunternehmerschaft besteht.Für den Fall, dass der Verschmelzungsstichtag vom Bilanzstichtag der Mitunternehmerschaft abweicht, ist - vorgelagert zur Erstellung der Verschmelzungsbilanz - im Interesse einer genauen Erfolgsabgrenzung zwischen der übertragenden und übernehmenden Körperschaft eine Bilanzerstellung und Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft erforderlich. Unterbleibt die Bilanzierung bei der Mitunternehmerschaft, ist der bis zum Verschmelzungsstichtag entstandene Gewinn- oder Verlustanteil im Schätzungsweg zu ermitteln.Ob die atypisch stille Gesellschaft auf Grund der Verschmelzung beendet wird oder nicht, ist eine Vertragsfrage. Ist ein Weiterbestand der Mitunternehmerschaft beabsichtigt, bedarf es einer Fortsetzungsklausel, die entweder bereits im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag enthalten sein muss, oder spätestens bis zur Beschlussfassung der Verschmelzung im Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird.Auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge und der Buchwertfortführung tritt die übernehmende Körperschaft ohne Gewinnrealisierung und grundsätzlich mit gleichen Rechten und Pflichten in das stille Gesellschaftsverhältnis ein. Durch die Einbeziehung der stillen Beteiligung in den Verschmelzungsvorgang wird allerdings idR das Ausmaß der Beteiligung an der Nachfolgekörperschaft (übernehmenden Körperschaft) vertraglich neu zu definieren sein.Bei Konzentrationsverschmelzungen sind zwei grundsätzliche Erscheinungsformen möglich (unabhängig davon, ob am Unternehmen der übertragenden oder der übernehmenden Körperschaft eine atypische stille Gesellschaft besteht):- Der atypisch Stille wird an dem durch die Verschmelzung veränderten Gesamtvermögen der übernehmenden Körperschaft beteiligt, was einen Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG bewirkt (weil die übernehmende Körperschaft in die weiter bestehende Mitunternehmerschaft ihr eigenes Vermögen überträgt), wenn der Inhaber des Unternehmens für seine Einlage als Gegenleistung erhöhte Gesellschafterrechte erhält.
- Der atypisch Stille bleibt (unverändert) am bisher der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft gehörenden Vermögen beteiligt. Steuerlich liegt in diesem Fall kein Zusammenschluss nach Art. IV UmgrStG sondern nur ein steuerneutraler Gesellschafterwechsel vor, allerdings muss in der Folge für diesen (Teil-)Betrieb zwecks Ergebnisverteilung mit dem Stillen eine eigene Ergebnisabrechnung (auf Grund eines gesonderten Rechnungskreises) erstellt werden.
Bei Konzernverschmelzungen hängt die Rechtsfolge von der Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters ab:
- Ist der atypisch Stille am Unternehmen der Mutter-Körperschaft beteiligt, liegt in ertragsteuerlicher Betrachtung eine von der Mutter-Körperschaft und dem atypisch Stillen gebildete Mitunternehmerschaft vor, der das Vermögen und damit idR auch die Beteiligung an der Tochter-Körperschaft zuzurechnen ist. Ungeachtet dieser steuerlichen Betrachtung liegt ein Up-stream-merger oder Down-stream-merger und damit eine Verschmelzung nach Art. I UmgrStG und keine Umwandlung im Sinne des Art. II UmgrStG vor. Die Wirkungen der Verschmelzung sind allerdings der stillen Mitunternehmerschaft zuzurechnen, wenn diese verschmelzungsbedingt bestehen bleibt. Bei einem Up-stream-merger wird die Beteiligung an der Tochter-Körperschaft durch das Vermögen derselben ersetzt, ohne dass sich bei den beiden Gesellschaftern der stillen Mitunternehmerschaft - abgesehen von einem steuerneutralen Buchgewinn oder Buchverlust - etwas ändert. Bei einem Down-stream-merger ist der atypisch Stille - bei Vorliegen einer Fortsetzungsklausel - in der Folge an der Tochter-Körperschaft und damit am vereinigten Unternehmen beteiligt. In der stillen Mitunternehmerschaft kommt es nur zu einem steuerneutralen Gesellschafterwechsel.
- Ist der atypisch Stille am Unternehmen der Tochter-Körperschaft beteiligt, berührt eine Konzernverschmelzung die stille Mitunternehmerschaft nicht, solange der atypisch Stille unverändert am Unternehmen der Tochter-Körperschaft beteiligt bleibt. Bei einem Down-stream-merger könnte die Beteiligung des atypisch Stillen am vereinigten Unternehmen vereinbart werden, was in steuerlicher Betrachtungsweise einen Zusammenschluss gemäß Art. IV UmgrStG bewirkt, wenn der Inhaber des Unternehmens für seine Einlage als Gegenleistung erhöhte Gesellschafterrechte erhält. Bei einem Up-stream-merger kommt es entweder nur zu einem Gesellschafterwechsel in der stillen Mitunternehmerschaft oder im Falle der Beteiligung des atypisch Stillen am vereinigten Unternehmen zu einem Zusammenschluss gemäß Art. IV UmgrStG, wenn der Inhaber des Unternehmens für seine Einlage als Gegenleistung erhöhte Gesellschafterrechte erhält.