Gemäß
§ 10 Abs. 8 EStG 1988 ist ein Verlust, der durch einen gewinnmindernd geltend gemachten Investitionsfreibetrag entsteht oder erhöht wird, insoweit weder ausgleichsfähig noch vortragsfähig (so genannte "Verlustklausel").
Die Verlustklausel gilt für sämtliche Rechtsformen, also für Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Körperschaften. Die Anwendung der Verlustklausel ist eine Maßnahme der Einkommensermittlung. Die Gewinnermittlung bleibt hievon unberührt. Die Verlustklausel bezieht sich sowohl auf den horizontalen Verlustausgleich (Verlustausgleich zwischen mehreren Einkunftsquellen einer Einkunftsart) als auch auf den vertikalen Verlustausgleich (Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten).
Die Verlustklausel (einschließlich der Verlustverrechnung mit späteren Gewinnen) kommt auch beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner zum Zug.
Zum Ausgleich von Verlusten aus Beteiligungen an Personengesellschaften, die sich im Betriebsvermögen des Gesellschafters befinden, siehe Rz 5953.
Das Ausmaß des von der Verlustklausel betroffenen Verlustes ist in der Form zu errechnen, dass der gewinnmindernd geltend gemachte Investitionsfreibetrag "weggedacht" wird. Ergibt sich dabei ein positives Ergebnis, so ist der Teil des Investitionsfreibetrages, der den Verlust bewirkt (also der gesamte Verlust), nicht ausgleichsfähig bzw. vortragsfähig.
Beispiel:
Nach Abzug eines gewinnmindernd geltend gemachten Investitionsfreibetrages von 300.000 S ergibt sich ein Verlust von 175.000 S. Dieser Verlust ist zur Gänze weder ausgleichsfähig noch vortragsfähig.
Ergibt sich trotz "Wegdenkens" des Investitionsfreibetrages ein Verlust, so ist der Verlust im Ausmaß des darin enthaltenen Investitionsfreibetrages weder vortragsfähig noch ausgleichsfähig.
Beispiel:
Nach Abzug eines gewinnmindernd geltend gemachten Investitionsfreibetrages von 300.000 S ergibt sich ein Verlust von 320.000 S. Dieser Verlust ist in Höhe des Investitionsfreibetrages, also zu 300.000 S, weder ausgleichsfähig noch vortragsfähig.
Das Zusammenrechnen der Ergebnisse von zwei Wirtschaftsjahren, die in einem Veranlagungszeitraum enden, ist weder ein Fall des Verlustausgleiches noch des Verlustvortrags. Auf derartige Vorgänge findet die Verlustklausel daher keine Anwendung.
Beispiel:
Im Veranlagungszeitraum 1990 enden das Wirtschaftsjahr 1.4.1989 bis 31.3.1990 und das Rumpfwirtschaftsjahr 1.4.1990 bis 31.12.1990. Für das erste Wirtschaftsjahr ergibt sich ein Gewinn von 400.000 S, für das zweite Wirtschaftsjahr ein Verlust von 170.000 S; in diesem Verlust ist ein Investitionsfreibetrag von 120.000 S enthalten. Bei Ermittlung des Einkommens für das Jahr 1990 werden die Ergebnisse beider Wirtschaftsjahre zusammengerechnet. Der Verlust des Rumpfwirtschaftsjahres 1.4.1990 bis 31.12.1990 wird dabei zur Gänze steuerwirksam.
Die Verlustausgleichsverbote des
§ 2 Abs. 2a EStG 1988 (siehe Rz 156 ff) gehen jenem nach
§ 10 Abs. 8 EStG 1988 vor. Sollte das Verlustausgleichsverbot wegen Erzielens eines im Vordergrund stehenden Steuervorteils in Betracht kommen, ist zunächst zu prüfen, ob sich unter Einbeziehen der auf Investitionsfreibeträge zurückzuführenden Verluste eine Anwendung dieses Verlustausgleichsverbotes ergibt. Ist dies der Fall, geht das Verlustausgleichverbot des
§ 10 Abs. 8 EStG 1988 "automatisch" ins Leere. Andernfalls kommt
§ 10 Abs. 8 EStG 1988 subsidiär zum Tragen.
Beispiel 1:
Der Verlustanteil aus einer Beteiligung iSd § 2 Abs. 2a EStG 1988 für das Jahr 2000 beträgt 40.000 S. Auf diesen Ergebnisanteil entfällt ein gewinnmindernd geltend gemachter Investitionsfreibetrag in Höhe von S 10.000 S. Da sich unter Einbeziehen des Investitionsfreibetrages ein Verlust ergibt, unterliegt dieser zur Gänze (in Höhe von S 40.000 S) dem Verlustausgleichsverbot des § 2 Abs. 2a EStG 1988.
Beispiel 2:
Der Verlustanteil aus einer Beteiligung iSd § 2 Abs. 2a EStG 1988 für das Jahr 2000 beträgt 15.000 S. Auf diesen Ergebnisanteil entfällt ein gewinnmindernd geltend gemachter Investitionsfreibetrag in Höhe von S 45.000 S. Unter Einbeziehung der auf die Geltendmachung des Investitionsfreibetrag zurückzuführenden Verluste ergibt sich keine Anwendung des Verlustausgleichsverbotes nach § 2 Abs. 2a EStG 1988. § 10 Abs. 8 EStG 1988 kommt in diesem Fall (im Ausmaß von S 30.000 S) zur Anwendung.
Soweit der Verlust aus einem Investitionsfreibetrag nicht ausgleichsfähig bzw. vortragsfähig ist, ist er mit künftigen Gewinnen aus diesem Betrieb, also innerhalb der betreffenden Einkunftsquelle, zu verrechnen. Auch bei der Verrechnung handelt es sich nicht um eine Maßnahme der Gewinnermittlung, sondern der Einkommensermittlung.
Der Steuerpflichtige kann den Zeitpunkt der Verrechnung nicht nach seinem Belieben auswählen, die Verrechnung ist vielmehr ehestmöglich (aber zeitlich unbefristet) vorzunehmen. Zu verrechnen ist nicht nur mit laufenden Gewinnen, sondern auch mit Übergangsgewinnen, Veräußerungsgewinnen und Aufgabegewinnen. Treffen mehrere dieser Gewinnarten zusammen, so ist vorrangig mit dem laufenden Gewinn, sodann mit dem Übergangsgewinn und zuletzt mit dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu verrechnen. Die Verrechnung ist zeitlich nicht begrenzt und kommt auch beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner zum Zug. Für die Verrechnung ist das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Buchhaltung nicht Voraussetzung.
Die Möglichkeit einer Kollision mit anderen "Wartetastenverlusten" kann sich mit noch nicht verwerteten Verlusten iSd § 23a EStG 1972, weiters durch das Verlustausgleichsverbot nach
§ 2 Abs. 2a EStG 1988 ergeben.
Die Verrechnung von Verlusten nach
§ 2 Abs. 2a EStG 1988 geht der Verrechnung allfälliger Verluste nach
§ 10 Abs. 8 EStG 1988 vor. Hinsichtlich der vorrangigen Verrechnung bei einem Zusammentreffen mit einem § 23a EStG 1972-Verlust besteht für den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht.
Die Verrechnung von Verlusten geht als Maßnahme innerhalb einer konkreten Einkunftsquelle einem Verlustabzug im Sinne des
§ 18 Abs. 6 und
7 EStG 1988 vor. Für die Vergangenheit bedeutete das die Möglichkeit des Untergehens des Verlustabzuges infolge Ablaufs des Vortragszeitraumes.
Die Sistierung der Verlustvorträge in den Jahren 1996 und 1997 (
§ 117 Abs. 7 EStG 1988) hindert nicht die Verrechnung von Wartetastenverlusten in diesen beiden Jahren.
Wird eine Verrechnung innerhalb der Einkunftsquelle deshalb unmöglich, weil der Betrieb vor einer (vollständigen) Verrechnung veräußert oder aufgegeben wird, so wandelt sich die Verrechnungsposition in einen ausgleichsfähigen bzw. nach Maßgabe des
§ 18 Abs. 6 und
7 EStG 1988 (ab 1998 zeitlich unbegrenzt) vortragsfähigen Verlust. Als Jahr des Entstehens des Verlustes ist das Jahr der Veräußerung bzw. Aufgabe anzunehmen.
Bei Gewinnermittlung nach
§ 4 Abs. 3 EStG 1988 kommt eine Wandlung in einen vortragsfähigen Verlust nur dann in Betracht, wenn im Zeitpunkt des Investitionsfreibetrag-Verlustes die Voraussetzungen für den Verlustvortrag gegeben waren (als Anlaufverluste bzw. im Fall einer damals bestehenden Buchführung).
Im Falle der unentgeltlichen Übertragung des Betriebes geht die Verrechnungsposition auf den Erwerber über.
Bei Umgründungen nach dem UmgrStG geht bei Buchwertfortführung der Wartetastenverlust auf den (die) Rechtsnachfolger über. Im Rahmen des Art. IV und V UmgrStG ist der Wartetastenverlust weiterhin personenbezogen geltend zu machen (
UmgrStR 2002 Rz 1453,
1585).
Zur Verlustverrechnungsgrenze nach
§ 2 Abs. 2b Z 1 EStG 1988 siehe die Rz 157a bis 157d.