EAS 2266
Hält eine in der Russischen Föderation ansässige Kapitalgesellschaft 100% der Geschäftsanteile an einer in Österreich ansässigen Tochterkapitalgesellschaft mit einem Stammkapital von ehemals 500.000 ATS (jetzt EUR 36.336,42) dann kann die Kapitalertragsteuer für Gewinnausschüttungen an die russische Muttergesellschaft nur dann auf 5% herabgesetzt werden, wenn "die Beteiligung am Kapital 100.000 US-Dollar oder den Gegenwert in anderer Währung übersteigt" (Art. 10 Abs. 2 lit. a DBA-Russland).
Auch wenn das Stammkapital der österreichischen Tochter-GmbH voll eingezahlt ist, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Wie aber bereits in EAS 1676 ausgeführt worden ist, wird für die Auslegung des Begriffs "Beteiligung am Kapital" auf Z 15 des OECD-Kommentars zu Art. 10 OECD-MA zurückzugreifen sein. Darnach ist unter dem Ausdruck "Kapital" wohl grundsätzlich das Kapital im gesellschaftsrechtlichen Sinne zu verstehen. Der Wert von Darlehen oder anderen Mitteln, die nach dem Gesellschaftsrecht nicht als Kapital gelten, deren Erträge aber nach innerstaatlichem Recht oder innerstaatlicher Praxis (Unterkapitalisierung, Gleichstellung von Darlehen und Gesellschaftskapital) nach Artikel 10 als Dividenden behandelt werden, sind allerdings nach OECD-Auffassung ebenfalls als "Kapital" anzusehen.
Wird daher von der russischen Muttergesellschaft Kapital außerhalb einer gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhöhung durch Zuschüsse der Muttergesellschaft dauerhaft in solcher Höhe zugeführt und als Kapitalrücklage ausgewiesen, dass das Stammkapital zuzüglich dieser Kapitalrücklage den Betrag von 100.000 US-Dollar übersteigt, ist nach Auffassung des BM für Finanzen die für den Konzernsteuersatz maßgebende Voraussetzung erfüllt. Nur dann, wenn der Mittelzufluss nur kurzfristig zwecks Erlangung der Steuerermäßigung erfolgt, wäre eine Gleichbehandlung mit dem gesellschaftsrechtlichen Kapital nicht vertretbar.
Was die Frage von Wechselkursschwankungen anlangt, so wird auf österreichischer Seite die Auffassung vertreten, dass dann, wenn einmal Mittel in ausreichender Höhe der Kapitalgesellschaft zugeführt worden sind, ein bloß nominelles Unterschreiten der 100.000 Dollar-Grenze infolge von Wechselkursänderungen nicht zum Verlust des ermäßigten Konzernsteuersatzes führt.
Vorsorglich wird aber darauf hingewiesen, dass die vorstehenden Auffassungen bislang nicht mit der russischen Seite abgesprochen worden sind, sodass derzeit keine Erfahrungen über die Behandlung reziproker Fälle in Russland vorliegen.
02. April 2003 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 10 OECD-MA, OECD-Musterabkommen |
Schlagworte: | Konzerndividenden, Stammkapital, Wechselkursschwankungen, Zuschüsse, Kapitalrücklage, kurzfristiger Mittelzufluss |
Verweise: |