EAS 2027
Hat eine in Österreich ansässige Abgabepflichtige von ihren in Deutschland ansässigen Eltern einen 20-prozentigen Anteil an einer deutschen Bau-GmbH im Schenkungsweg erhalten und wurde dieser Anteil in der Folge von der Geschenknehmerin veräußert, wobei laut erklärungsgemäßer Veranlagung in Österreich der Veräußerungserlös insgesamt (ohne Abzug von Anschaffungskosten) als Veräußerungsgewinn (mit dem Hälftesteuersatz) versteuert wurde, dann dürfte auf österreichischer Seite ein Besteuerungsfehler unterlaufen sein.
Zunächst ist allgemein festzuhalten, dass im Fall der Veräußerung einer unentgeltlich erworbenen Beteiligung die abzugsfähigen Anschaffungskosten nicht mit Null, sondern mit jenen der Geschenkgeber anzusetzen sind (VwGH 22.4.1986, 85/14/0167 und EStR 2000 Rz 6669).
Im vorliegenden Fall ist aber zusätzlich noch mitzubedenken, dass gemäß § 31 Abs. 3 EStG 1988 im Fall des "Eintrittes in das Besteuerungsrecht der Republik Österreich .... der gemeine Wert als Anschaffungskosten" maßgebend ist. Dieser Begriff des "Eintritts in das inländische Besteuerungsrecht" ist das Gegenstück zum "Verlust" des Besteuerungsrechtes im Wegzugsfall (Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Tz 154 zu § 31).
In einem reziproken Fall (in Österreich ansässige Eltern schenken einen GmbH-Anteil ihrer in Deutschland lebenden Tochter) läge jedenfalls ein Anwendungsfall der Wegzugsbesteuerung vor, da diese Schenkung eine Maßnahme der Eltern darstellt, wodurch in einem nachfolgenden Veräußerungsfall gemäß Art. 7 (bzw. Art. 13 Abs. 1) DBA-Deutschland das inländische Besteuerungsrecht an den stillen Reserven der Beteiligung verloren geht (siehe auch EStR 2000 Rz 6677).
Daraus folgt für den zu beurteilenden Besteuerungsfall, dass bei der inländischen Veräußerung nicht der seinerzeitige Anschaffungswert, sondern der um die mittlerweile angewachsenen stillen Reserven erhöhte gemeine Wert im Zeitpunkt der schenkungsweisen Übertragung anzusetzen gewesen wäre.
Angesichts des Umstandes, dass die schenkungsweise Übertragung auf deutscher Seite nunmehr nachträglich in den Händen der Eltern einer deutschen Wegzugsbesteuerung unterworfen wurde, wobei ein deutscher fiktiver Veräußerungserlös von 950.000 DM zum Ansatz kam, wird zu prüfen sein, ob auf österreichischer Seite dieser Bewertung gefolgt werden kann und dieser Betrag als gemeiner Wert aus Anlass des "Eintrittes in das österreichische Besteuerungsrecht" angesehen werden kann. Zutreffendenfalls erübrigt es sich, im vorliegenden Fall zu untersuchen, ob der nachträglichen deutschen Besteuerung im Wege einer auf § 48 BAO gestützten Maßnahme die Wirkung einer Doppelbesteuerung genommen werden kann.
18. April 2002 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 31 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Beteiligungsveräußerung, Veräußerung einer Beteiligung, Wegzugsbesteuerung, Schenkung, gemeiner Wert, stille Reserven |
Verweise: | VwGH 22.04.1986, 85/14/0167 |