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Österreichische Ausbildnerin für Versicherungsvertreter einer deutschen Versicherungsgesellschaft

BMFN 172/1-IV/4/0017.1.20002000

EAS 1587

Ist eine in Österreich ansässige Versicherungsexpertin von einer deutschen Versicherungsgesellschaft vertraglich beauftragt, eine Organisationsstruktur aufzubauen, in der selbständig tätige und von ihr ausgebildete Versicherungsvertreter für das deutsche Versicherungsunternehmen in Deutschland und in Österreich tätig werden, und hat sie zu diesem Zweck einen deutschen Gewerbeschein mit einer deutschen Betriebsanschrift erworben (formeller Betriebsgegenstand : Vermitteln von Versicherungen und Bausparverträgen), dann ist für die steuerliche Erfassung ihrer Einkünfte zunächst auf die tatsächlich ausgeübte unternehmerische Tätigkeit abzustellen.

Besteht ihre Tätigkeit

a) in des Schulung der Versicherungsvertreter am gewerberechtlichen Standort in Deutschland und

b) in einer Betreuung der Versicherungsvertreter bei Geschäftsabschlüssen vor Ort (in Österreich und in Deutschland)

und wird sie hiebei überwiegend auf österreichischem Staatsgebiet tätig, dann werden die Besteuerungsrechte an ihren Einkünften (vorrangig Provisionen aus den vom ausgebildeten Vertreterstab tatsächlich getätigten Geschäftsabschlüssen) nach Auffassung des BM für Finanzen zwischen Deutschland und Österreich aufzuteilen sein.

Dabei wird allerdings zu beachten sein, daß es gemäß Artikel 4 DBA-Deutschland nicht darauf ankommt, ob sich in Österreich eine Betriebstätte befindet. Denn da der Wohnsitz im Sinn des Abkommens in Österreich gegeben ist, da sonach Österreich der Wohnsitzstaat im Sinne des Abkommens ist, steht Österreich grundsätzlich an sämtlichen gewerblichen Einkünften das Besteuerungsrecht zu; auch an solchen, die auf Tätigkeiten auf deutschem Staatsgebiet entfallen; z.B. Beratung anläßlich eines Geschäftsabschlusses bei einem deutschen Kunden (wenn die Mitwirkung bei dem Geschäftsabschluß funktionell nicht mehr der deutschen Ausbildungsstätte zuzurechnen ist). Nur soweit Einkünfte funktionell einer auf deutschem Staatsgebiet unterhaltenen Betriebstätte zuzurechnen sind, erlangt Deutschland daran Besteuerungsrechte und ist Österreich zur Steuerfreistellung verpflichtet.

In Fällen der vorliegenden Art, also in Fällen in denen die Einkünfte durch den persönlichen Arbeitseinsatz der Steuerpflichtigen erzielt werden, erscheint es vorstellbar, die erzielten Provisionseinnahmen zwischen Österreich und Deutschland nach Maßgabe der geschätzten Arbeitsdauer in der Ausbildungsstätte in Deutschland einerseits und der übrigen Arbeitszeit andererseits aufzuteilen. Die Entscheidung über die Aufteilung kann allerdings nicht im ministeriellen EAS-Verfahren getroffen werden, da diese in erster Linie von der Sachverhaltseinschätzung abhängt. Wesentlich ist, daß auf österreichischer Seite nur der Einkünfteteil aus der Besteuerungsgrundlage ausgeschieden wird, der auf deutscher Seite als Betriebstätteneinkünfte der deutschen Besteuerung zugeführt wird. Die Veranlagung auf österreichischer Seite wird daher erst dann auf endgültiger Basis vorgenommen werden können, bis Klarheit über diese steuerliche Erfassung auf deutscher Seite besteht.

Sollte auf deutscher Seite keine Besteuerung vorgenommen werden, weil der bloßen Ausbildungstätigkeit in der deutschen Ausbildungsstätte kein einkünfteerzielender Charakter zugemessen wird, dann werden die Gesamteinkünfte in Österreich der Besteuerung unterliegen.

17. Jänner 2000 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955

Schlagworte:

Betriebstätte

Stichworte