EAS 1028
Errichtet ein in der Rechtsform einer GMBH geführtes österreichisches Produktionsunternehmen in Deutschland eine Tochtergesellschaft, dann unterliegt diese Tochtergesellschaft mit den von ihr nach dem "Fremdverhaltensgrundsatz" erwirtschafteten Gewinnen der deutschen Besteuerung. Im allgemeinen wird sie nicht als Betriebstätte der österreichischen Muttergesellschaft eingestuft werden dürfen; und zwar auch dann nicht, wenn ihr tatsächlich ausgeübter Betriebsgegenstand das "Handelsvertretergewerbe" ist und sie hiebei bloß als Geschäftsvermittler tätig wird.
Es ist zwar richtig, dass auch eine Tochtergesellschaft dann betriebstättenbegründend für ihre Muttergesellschaft wirken kann, wenn sie als "ständige Vertretung" der Muttergesellschaft auftritt; doch setzt dies voraus, dass sie Geschäftsabschlüsse - namens der Muttergesellschaft - zu tätigen berechtigt ist; wenn sie sonach Abschlussvollmacht im Sinn der Z 10 des Schlussprotokolls zu Art. 4 DBA-Deutschland besitzt. Denn in einem solchen Fall, in dem der deutschen Kunde seine Einkäufe unmittelbar bei der deutschen Tochtergesellschaft tätigen kann, muss sichergestellt werden, dass der deutsche Besteuerungsanspruch nicht bloß auf Abgeltung einer Vertreterdienstleistung beschränkt wird, sondern dass ein der grenzüberschreitenden Funktionsaufteilung entsprechender Teil der erzielten Warenvertriebsgewinne dem deutschen Besteuerungszugriff überlassen wird.
Sollte der Tochtergesellschaft die Funktion eines unabhängigen Kommissionärs oder Maklers zukommen (dies wird nach Auffassung des BM für Finanzen aber nur dann denkbar sein, wenn sie auch für Fremdunternehmen die Vertretung besorgt), dann würde die deutsche Tochtergesellschaft für die österreichische Muttergesellschaft nur in einem einzigen Fall als "Vertreterbetriebstätte" zu beurteilen sein, nämlich dann, wenn sie "über den Rahmen ihrer ordentlichen Geschäftstätigkeit hinausgeht"; d.h. wenn sie mehr für die Muttergesellschaft macht, als dem branchenüblichen Berufsbild eines unabhängigen Vertreters entspricht; oder noch anders ausgedrückt : wenn durch eine bloß branchenübliche Abgeltung ihrer Leistungen (ohne zusätzlicher steuerlicher Heranziehung der österreichischen Muttergesellschaft zur deutschen beschränkten Steuerpflicht) der deutsche Besteuerungsanspruch ungebührlich geschmälert würde.
28. Februar 1997 Für den Bundesminister: Dr. Loukota
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955 |
Schlagworte: | Betriebstätte, Kapitalgesellschaft, Fremdverhaltenskonformität, Vermittler, ständiger Vertreter, Vollmacht, Funktionsanalyse |