EAS 869
Beachte:
Die Aussagen dieser EAS sind durch den Erlass des BMF vom 14.06.2023, 2023-0.418.865, überholt.
Nach allgemeinen Grundsätzen (Art. 3 Abs. 2 OECD-Musterabkommen) ist bei Anwendung des DBA-Deutschland auf österreichischer Seite österreichisches innerstaatliches Recht anzuwenden. Nach österreichischem innerstaatlichen Recht ist eine Zusammenfassung von Einkommen verschiedener Rechtspersonen grundsätzlich nur im Rahmen des § 9 KStG (Organschaft) möglich (sieht man von Einkünftezurechnungen im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nach § 21 ff BAO ab).
§ 9 KStG versteht sich als körperschaftsteuerliches Sonderrecht, das nur auf inländische Organschaften abstellt und damit im allgemeinen eine Einkünftezusammenfassung nach vergleichbaren ausländischen Rechtsvorschriften nicht zulässt (bei Anwendung der Verlustverwertungsbeschränkung für Steuerausländer ist allerdings auf die Einkommensentwicklung in einem ausländischen Organkreis dann zu achten, wenn sich sonst eine internationale Verlustdoppelverwertung ergeben würde; EAS 683).
Die Beurteilung, welche Rechtsperson im Ausland Empfänger einer Gewinnausschüttung einer österreichischen Kapitalgesellschaft ist, muss daher nach allgemeinem Steuerrecht (sonach außerhalb der Sondervorschrift des § 9 KStG und ohne Anwendungsberechtigung vergleichbarer ausländischer Rechtsvorschriften) erfolgen.
Ist daher eine deutsche Kapitalgesellschaft, die nach deutschem Recht Organgesellschaft einer in Deutschland ansässigen natürlichen Person ist, an einer österreichischen Kapitalgesellschaft als Gesellschafterin beteiligt, dann muss die an sie überwiesene Gewinnausschüttung ihr - und nicht der als Organträger dahinter stehenden natürlichen Person oder Personengesellschaft - zugerechnet werden, sodass nach den allgemeinen Grundsätzen Anspruch auf Entlastung von der österreichischen Quellenabzugsbesteuerung nach § 94a EStG besteht.
Nur in Sonderfällen, wenn beispielsweise einer deutschen Investmentpersonengesellschaft eine deutsche Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft nur deshalb vorgeschaltet wird, um für die deutschen Investoren eine Möglichkeit zu schaffen, den sonst für sie nach Art. 10a DBA-Deutschland vorgesehenen 15-prozentigen österreichischen Kapitalertragsteuerabzug zu umgehen, wird die Konstruktion sich möglicherweise als steuerlich nicht anzuerkennende Missbrauchsgestaltung darstellen. Dies wird insbesondere dann vorliegen, wenn im Sinn der deutschen Steueroasenjudikatur entweder wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die Errichtung der Organgesellschaft fehlen oder wenn diese Gesellschaft keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet (zB BFH 29.1.1975, BStBl II S 553).
Vorsorglich ist allerdings anzumerken, dass die vorstehenden Auffassungen noch nicht mit der deutschen Steuerverwaltung abgesprochen worden sind.
30. April 1996
Für den Bundesminister:
Dr. Loukota
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 10a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen und Vermögen), BGBl. Nr. 221/1955 |
Schlagworte: | Zurechnung, Dividendenausschüttung, Organgesellschaft, Verlustverwertung, Beteiligung, steuerliche Zurechnung, Steuerentlastung, Quellensteuer, Abzugssteuer, Quellensteuerentlastung, Kapitalertragsteuer, Missbrauch, Steueroase, Steueroasenrechtsprechung, Steueroasengesellschaft |
Verweise: | Art. 3 Abs. 2 OECD-MA, OECD-Musterabkommen |