vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Frage des BP-Abschlusses bei laufenden Verständigungs- und Amtshilfeverfahren

BMF04 4283/2-IV/4/9612.7.19961996

EAS 909

 

Nach einer informell mit Vertretern der deutschen Steuerverwaltung abgestimmten Auffassung vermindert eine in einem Doppelbesteuerungsabkommen oder einer anderen internationalen Rechtsgrundlage vorgesehene Amtshilfebestimmung nicht den Umfang der bei Auslandsbeziehungen bestehenden erhöhten Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen. Würde man anstelle der Inanspruchnahme dieser erhöhten Mitwirkungspflicht die Mitarbeit einer ausländischen Steuerverwaltung in Anspruch nehmen, würde man sonach die Sachverhaltsaufklärungsarbeit vom Inland in das Ausland abschieben, dann würde dies im Gegenteil sogar einen Verstoß gegen die internationalen Amtshilfegrundsätze darstellen (siehe zB Z 9 lit. a des OECD-Kommentars zu Art. 26, wonach stets die innerstaatlichen Informationsquellen vorrangig auszuschöpfen sind).

Kommt der Abgabepflichtige in einem internationalen Verrechnungspreisfall mit der Schweiz seiner Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nach, ist gemäß § 184 Abs. 2 BAO der für Besteuerungszwecke maßgebende Sachverhalt zu schätzen. Falls dann in einem solchen Fall Verletzung eines Doppelbesteuerungsabkommens (Art. 9 DBA-Schweiz) eingewendet und ein Verständigungsverfahren beantragt wird, wird durch den Lauf eines derartigen internationalen Verfahrens der Abschluss des auf der Grundlage des innerstaatlichen österreichischen Steuerrechtes zu führenden Betriebsprüfungsverfahrens im Allgemeinen nicht behindert.

Anders wird die Sachlage zu sehen sein, wenn die österreichische Abgabenbehörde es im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens für nötig erachtet, ihre Erhebungen im Amtshilfeweg gemäß Artikel 26 DBA-Schweiz auf die Schweiz auszuweiten und folglich das BM für Finanzen ersucht, an die Schweiz ein Amtshilfeersuchen zu richten. In einem derartigen Fall, wird das Betriebprüfungsverfahren erst dann abgeschlossen werden können, bis das internationale Amtshilfeverfahren zu Ende geführt worden ist. Ein Prüfungsabschluss vor Abschluss des internationalen Amtshilfeverfahrens wird nur unter besonderen Umständen ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften zulässig sein: zB wenn in dem internationalen Verfahren innerhalb angemessener Frist keine für die Sachverhaltsaufklärung wesentlichen Informationen mehr zu erwarten sind. Der ausländischen Verwaltung wird hierbei aber eine zumindest 3 monatige Frist (ab Absendung des Amtshilfeersuchens durch das BM für Finanzen) für eine erste Reaktion zu dem Amtshilfeersuchen zugebilligt werden müssen.

Anmerkung: Die erwähnte Abstimmung mit Vertretern der deutschen Steuerverwaltung fand anlässlich des Juni-Fiskalkomitees in Paris mit Dr. Krabbe und Dr. Runge statt.

12. Juli 1996 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975

Schlagworte:

erhöhte Mitwirkungspflicht, erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandsbeziehungen, Verrechnungspreise, Mitwirkungsverpflichtung

Verweise:

OECD-MA, OECD-Musterabkommen
§ 148 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Stichworte