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Auslegung der 183-Tage-Klausel in Doppelbesteuerungsabkommen; Fristenberechnung

BMF04 0610/169-IV/4/9118.11.19911991Auslegung der 183-Tage-Klausel in Doppelbesteuerungsabkommen; Fristenberechnung

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 15 Abs. 2 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

183-Tage-Frist, Arbeitnehmerentsendung, Auslandsentsendung, Tätigkeitsstaat, Ansässigkeitsstaat, physischer Aufenthalt, Aufenthaltszeiten, Arbeitseinsatz

Die meisten österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen enthalten eine dem Artikel 15 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und Vermögens nachgebildete Bestimmung. Diese sieht vor, dass bei einer Auslandsentsendung eines Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht an den Arbeitslöhnen nicht auf den Tätigkeitsstaat (den "anderen Staat") übergeht, sondern dem Ansässigkeitsstaat verbleibt, wenn

a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

Bei Berechnung der in lit. a genannten 183-Tage-Frist ist ausschließlich auf die Dauer des physischen Aufenthaltes in dem "anderen Staat" innerhalb des jeweiligen Steuerjahres abzustellen. Bei Entsendung in Staaten, deren Steuerjahr vom Kalenderjahr abweicht, ist das Steuerjahr des "anderen Staates" (des Tätigkeitsstaates) maßgebend.

Für die Fristenberechnung ist unerheblich, ob die Aufenthaltszeiten in dem Staatsgebiet des "anderen Staates" dem Arbeitseinsatz gewidmet sind. Daher sind auch Samstage, Sonntage, Feiertage, Urlaubstage und alle anderen arbeitsfreien Aufenthaltstage mitzuzählen. Dies gilt auch für Aufenthaltszeiten, die durch Streiks, verzögerte Materialanlieferung usw. unvorhergesehenermaßen in dem anderen Staat zugebracht werden müssen. Aufenthaltstage, die durch eine Erkrankung verursacht werden, sind nicht mitzuzählen, wenn die Erkrankung eine Ausreise des Arbeitnehmers verhindert und hiedurch die Steuerbefreiung im "anderen Staat" verlorenginge.

Verlässt der Arbeitnehmer den "anderen Staat", dann sind die ganztägig außerhalb des Staatsgebietes des anderen Staates zugebrachten Aufenthaltszeiten des Arbeitnehmers (zB Wochenendheimfahrten, Urlaube in dritten Staaten) nicht in die 183-Tage-Frist einzubeziehen.

Tage, an denen sich der Arbeitnehmer nur teilweise auf dem Staatsgebiet des anderen Staates aufhält, sind in die Frist zur Gänze einzurechnen (von Bedeutung zB bei arbeitstäglicher Rückkehr in den Ansässigkeitsstaat oder im Fall des Ankunfts- und Abreisetages). Außer Betracht bleiben lediglich Aufenthaltszeiten, die anlässlich einer Durchreise durch das Gebiet des betreffenden Staates anfallen, wenn der Aufenthalt weniger als 24 Stunden beträgt.

Sollten in der Vergangenheit andere Auslegungsgrundsätze angewendet worden sein, so bestehen keine Bedenken, diese bis Ende 1991 weiterhin anzuwenden, wenn andernfalls der Eintritt einer Doppelbesteuerung oder einer unerwünschten "Doppelnichtbesteuerung" die Folge wäre.

Diese Interpretationsgrundsätze beruhen auf einer vom Fiskalkomitee der OECD gefassten Empfehlung vom 24. Jänner 1991.

Sollte ab 1992 beobachtet werden, dass durch Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze im Verhältnis zu einzelnen Staaten Doppelbesteuerungen oder Doppelnichtbesteuerungen auftreten, wäre hierüber dem Bundesministerium für Finanzen zu berichten; dies gilt insbesondere hinsichtlich jener DBA-Partnerstaaten, die nicht der OECD angehören.

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 15 Abs. 2 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

183-Tage-Frist, Arbeitnehmerentsendung, Auslandsentsendung, Tätigkeitsstaat, Ansässigkeitsstaat, physischer Aufenthalt, Aufenthaltszeiten, Arbeitseinsatz

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