Normen
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/16, vom 19. Juli 2010 wurde gegenüber den Beschwerdeführern als Miteigentümern der Liegenschaft mit der Adresse S. Gasse 17 in Wien der folgende Bauauftrag erlassen:
"Der Magistrat erteilt gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) den Eigentümern der Baulichkeit auf der im Betreff genannten Liegenschaft nachstehenden Auftrag:
1.) Der ohne Baubewilligung errichtete Zubau zum Hofgebäude im Ausmaß von ca. 8,30 m x 2,00 m und einer mittleren Höhe von ca. 3,60 ist abtragen zu lassen.
2.) Die ohne Baubewilligung errichtete Aufklappung der Dachfläche des Hofgebäudes ist abtragen und die konsensgemäße Dachfläche wiederherstellen zu lassen.
3.) Die ohne Baubewilligung errichteten Scheidewände zur Schaffung einer Wohnung im Dachgeschoss des Hofgebäudes sind abtragen zu lassen.
- 4.) (…)
- 5.) (…)
Die Maßnahmen sind binnen 6 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."
Die von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2013 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
Dazu führte die belangte Behörde (u.a.) aus, dass sich der Bauauftrag lediglich im Umfang der Spruchpunkte 1. bis 3. an die Beschwerdeführer richte. Der Zubau zum Hofgebäude sei gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO und die Abänderung des Daches gemäß § 60 Abs. 1 lit.c leg. cit. bewilligungspflichtig. Die Errichtung von Scheidewänden führe zu einer Änderung der Raumeinteilung, weshalb diese Baumaßnahmen zumindest gemäß § 62 leg. cit. anzeigepflichtig seien. Die Beschwerdeführer stellten die Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht der gegenständlichen Baumaßnahmen ebenso wenig in Abrede wie den Umstand, dass bislang keine baubehördliche Bewilligung erwirkt bzw. keine Bauanzeige erstattet worden sei. Der Umstand, dass bei der Behörde ein Antrag auf Widmungsänderung des Grundstückes eingebracht worden sei, stelle keinen sachlich gerechtfertigten Grund für ein - vorläufiges - Unterbleiben des in Rede stehenden Beseitigungsauftrages dar. Eine wirtschaftliche Abwägung sei bei der Erlassung eines Auftrages nach § 129 Abs. 10 leg. cit. nicht vorgesehen. Ob die gegenständlichen Bauführungen - nach Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes - bewilligungsfähig seien, sei im baupolizeilichen Abtragungsverfahren nicht zu prüfen. Die in den Punkten 1. bis 3. des Bauauftrages angeführten Vorschriftswidrigkeiten bezögen sich nicht auf das Innere eines einzelnen Wohnungseigentumsobjektes, sondern beträfen allgemeine Teile des Hauses, weshalb der Bauauftrag an alle Wohnungseigentümer gerichtet worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.
Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den jedoch ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von Bauvorschriften können gemäß § 129 Abs. 10 leg. cit. Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Der Grund für die Abweichung von der Bewilligung ist unerheblich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2013, Zl. 2011/05/0128, mwN).
Die Beschwerde zieht die Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich bei den in den Spruchpunkten 1. bis 3. des erstinstanzlichen Bescheides angeführten Bauten um vorschriftswidrige Bauwerke im vorgenannten Sinn handle, nicht in Zweifel und stellt auch nicht in Abrede, dass eine gemäß § 60 Abs. 1 lit. a und c BO hiefür notwendige Baubewilligung nicht erteilt bzw. eine gemäß § 62 Abs. 1 leg. cit. hiefür erforderliche Bauanzeige nicht erstattet wurde. Sie hält den vorliegend angefochtenen Bescheid im Wesentlichen nur deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde mit der Erlassung des Bauauftrages nicht zugewartet habe. So hätten die Eigentümer der Liegenschaft beim Magistrat einen Antrag auf Änderung der Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen eingebracht, der derzeit bearbeitet werde. Bei Genehmigung des Antrages wäre der gegenständliche Bauzustand sanierbar. Wenn die Beschwerdeführer um eine nachträgliche Baubewilligung ansuchten, wäre der Abtragungsauftrag nämlich nicht umsetzbar. Ein solcher Antrag wäre vor der Bewilligung der Änderung der Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen nicht erfolgreich. Die Behörde habe einen gesetzlich normierten Ermessensspielraum, der ein Zuwarten vor Erlassung eines Abtragungsauftrages ermögliche, und nur im Falle einer offenkundigen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen durch den vorschriftswidrigen Bau oder die Abweichung von den Bauvorschriften habe die Behörde sofort einen Auftrag nach § 129 Abs. 10 BO zu erlassen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Es trifft zwar zu, dass der Behörde gemäß § 129 Abs. 10 BO - im Gegensatz zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 - im Einzelfall ein größerer Spielraum bei der Entscheidung, ob ein Bauauftrag zu erlassen ist, gegeben ist. Allerdings bedarf es für das Unterbleiben eines Bauauftrages eines sachlichen Grundes, der jedenfalls nicht bereits dadurch gegeben ist, dass keine Gefahr in Verzug besteht. Außerdem kann das Unterlassen eines Auftrages kein Dauerzustand sein, sondern muss es sich um Gründe handeln, die ein bloß gewisses Abwarten sachlich rechtfertigen. Auch ist ein Beseitigungsauftrag selbst dann zulässig, wenn ein Verfahren betreffend eine nachträgliche Baubewilligung anhängig ist, und es darf während der Anhängigkeit eines solchen nachträglichen Baubewilligungsansuchens ein baupolizeilicher Auftrag lediglich nicht vollstreckt werden (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2013, Zl. 2012/05/0072, mwN).
Gründe, die ein derartiges Abwarten sachlich rechtfertigen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich. Der bloße Umstand, dass die Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft einen Antrag auf Änderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen gestellt haben, rechtfertigt nicht den Schluss, dass mit einer gewissen Sicherheit eine Änderung dieser Bestimmungen zu erwarten ist, die den Baubestand sanierbar machen würde. Dieser behauptete Umstand stellt daher keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für ein Unterbleiben des gegenständlichen Bauauftrages dar, zumal -
wie bereits erwähnt - selbst die allfällige Einbringung eines Bauansuchens einen Bauauftrag nicht hindern kann, wobei die Frage der Bewilligungsfähigkeit von Abweichungen von einer Baubewilligung im Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 leg. cit. nicht zu prüfen ist (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2011/05/0128, mwN). Nicht unerwähnt soll bleiben, dass zwischen den beiden hier ergangenen Bescheiden ein Zeitraum von fast drei Jahren liegt.
Im Übrigen verletzt die Erteilung eines Auftrages auch ohne Vorliegen einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen kein subjektiv-öffentliches Recht (vgl. dazu etwa die in Moritz, BauO Wien4, auf S. 324 zitierte hg. Judikatur).
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs.1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. September 2013
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